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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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5. Kirchenordnung [1581]

ortt, da gelegenheit ist, auß dem alten oder newen
testament, die zu der erkhantnus der sünden und
deß zorns Gottes, demnach seine verheischen gna-
den in Christo dienstlich ist, gehaltenn werden nach
der ordnungh deß freitags predigh in den stätten.
Unnd sollen die kirchendiener, dieweil dieser tagh
ein bettagh sein soll, daß volckh an sontagen diese
wochenpredigh zubesuchen, auch zum ernstlichen
gebett unnd fasten fleißigh ermahnen unnd daß fur-
nemblich, wan der kirchen anliegen solches erfor-
dert. Diese predigh aber soll desto kurtzer sein, da-
mit das gemein gebett fur alle stendt unnd allerlei
noth nach der predigh geschehen möge wie folgttl.
mGebett nach der predigh fur alle noth unnd ahnli-
gen der christenheit:
Allmechtiger, barmhertziger Gott, wir erkhen-
nen bey unns selbst unnd bekhennen fur dir, wie die
warheit ist, daß wir nit werth seindt, die augen gehn
himmel aufzuhebenn53 und unser gebet dir vorzu-
tragen, so du wollest unnsere verdienst und wür-
dicheit ansehen, dan unnser gewissenn verclagt unns
und unsere sünden geben zeugnus wider uns54. So
wissen wir auch, das du ein gerechter richter bist,
der du straffest die sundt derer, die deine gebott
ubertrettenn. Darumb, o herr Gott, wen wir uber-
schlagen unnd bekhennen unser ganzes leben, befin-
den wir annders nichts in unns dan eitel verdamnus.
Aber, o herr, dieweil du unnß auß deiner unaus-
sprechlichen barmhertzigkheit befohlenn hast, dich
allein in aller noth anzuruffen, hast unns |9v| auch
verheischenn, daß du unnser gebett wollest erhö-
ren55, nit von wegenn unsers verdiensts, sonder von
wegen deß verdiensts unnsers herrn Jesu Christi,
welchen du unnß zum mittler und vorsprecher56 hast
vorgestelt, so sagenn wir ab anderer hülff unnd ha-
benn all unser zuflucht allein zu deiner barmhert-
zigkheit.
Erstlich, o herr, uber die unzehlige wolthaten,
die du insgemein allenn menschen auff erden erzei-
gest, hastu unns insonderheit so viel unnd grosse
gnadt erzeigt unnd bewiesen, das unns unmöglich
m-m Folgt KO Kurpfalz 1563, Sehling, EKO XIV, S. 394f.
53 Vgl. Esr 9,6.
54 Vgl. Jer 14,7.

ist, dieselbige außzusprechenn oder genugsam zu be-
denckhen. Sonderlich hatt es dir gefallen, uns zu be-
ruffen zu der erkhandtnus deines heiligen evangeli-
ons, hast unns errettet auß dem jammerlichen
dienst deß deuffels, darin wir wahren, und unß er-
löst von der verfluchten abgotterey deß pabsts, dar-
innen wir ersoffen wahrenn, und hast unns geführet
zu dem liecht der warheit, und [nicht] destoweniger
haben wir durch undanckbarkheit deiner gutthaten
vergessen, seindt von dir abgewichenn und unnsern
begirten gefolgt, haben dich nit geehret, wie wir
schuldigh wahrenn, darumb haben wir gesündiget, o
herr, und dich schwerlich erzurnet, und, so du mit
unns wollest handlen nach unserm verdienst, kön-
dten wir anders nichts gewertigh sein dan deß todts
und der ewigen verdamnus.
Dan, so wir unns wollen entschuldigen, so ist un-
ser eigen gewissen da, welches uns verclagt, unnd
unsere bößheit gibt zeugnuß wider uns unnd zwar,
lieber herr Gott, wir erkhennen ahn den straffen, die
unns täglich begegnen, daß du unns pilligh mit dei-
ner ruthen heimbsuchest, dan weil du gerecht bist,
straffestu niemandts ohne schuldt, ja, wir sehenn
auch jetzunder deine handt aufgehoben, zustrafen
unns, aber wann du unns viel harter straffest, dan
du jehe bisher gethan hast, unnd das wir hundert
straffenn fur eine solten leiden, ja, wen auch alle die
plagenn auff unns fielen, mit welchen du die sunden
deines volckhs Israels hast heimbgesucht, so be-
khennen |10r| wir, das [du] unns, o herr, nit unrecht
thetest, unnd redten nicht darwider, alls hettenn
wirs nit woll verdienet. Aber doch, o herr, du bist
unnser Gott, unnd wir seindt nur erde unnd
staub57. Du bist unnser schepffer, und wir seindt die
werckh deiner hendt. Du bist unnser erlöser, wir
seindt daß volckh, daß du erlöset hast. Du bist unn-
ser vatter, wir seindt dein erbguet. Derhalbenn wol-
lest uns nit straffenn in deinem grimmen zorn, son-
der zuchtige unns gnediglich. Erhalt vielmehr daß
werckh, daß du in unnß angefangen hast durch dei-
ne gnadt, auf daß die ganze weldt erkhenne, daß du
unnser Gott bist unnd unnser heilandt.
55 Ps 50,15; 91,15.
56 Vgl. 1Tim 2,5; 1Joh 2,1.
57 Sir 17,31.

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