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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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5. Kirchenordnung [1581]

dechtnus109, soll underhalten110 werden, ist allen
rechtglaubigen christen bewust. Dieweil aber allerlei
unnd manigfeltige irthumben deß heiligen nacht-
mahls halben unnd auß unverstandt der wort, so der
sohn Gottes uber tisch im nachtmahl geredt, er-
wachsen, die auch dem gemeinen man zu tieff im
herzen steckhen, daß derselbigh sich darvon gar
schwerlich lieset abfuhren, so sollen die kirchendie-
ner daß gemein volck von diesem heiligen sacrament
offt unnd fleißigh berichten unnd in den predigen
sich woll fursehen, daß sie denn wortten Christi
kheinen frembden verstandt ahndichten unnd also
die leuth in irthumb behaltten, sondern die wort deß
heiligen nachtmahls also erklaren, daß dieselben er-
clerungh mit den articulen unnsers christlichen
glaubens und dem rechten verstandt aller sacramen-
ten sowoll deß alten alls deß newen testaments uber-
eins khommen, unnd sonderlich, daß der under-
schiedt der beider naturen in Christo sambt einer
jeden naturen eigenschafften woll unnd eigent-
lich111 dem volckh eingebildet werde, darauß dan
einfaltige leuth einen gutten unnd nothwendigen be-
richt von Christo unnd seinem opffer, am creutz vol-
bracht, zu welchem uns daß nachtmahl alls mit der
handt fuhret, unnd vom heiligen nachtmahl selbst
bekhommen unnd also von allem unverstandt abge-
zogen werden. | 18r |
Es soll aber daß nachtmahl in aller einfalt nach der
einsetzungh Christi unnd brauch der heiligen apo-
stolen außgetheilet werden, dann dieweil Gott im
alten testament darauff gezwungen, das die vorge-
schriebene form unnd ordnungh deß osterlambs, da-
von Exodi am 12. capitel [1-28] geschriebenn, unnd
sunst anderer ceremonien gehaltten unnd nit ge-
endert wurden, so hatt auch der sohn Gottes mit
gleichem ernst befohlen, daß die ordnung deß heili-
gen nachtmahls, von ime eingesetzt, ohn weittere
zusatz annderer ceremonien oder verenderungh soll
underhalten werden, wie er spricht: Solches thuet zu
meiner gedechtnus112. Derohalben die prediger mit
a In der Handschrift: sie.
109 1Kor 11,25.
110 Beibehalten.
111 Genau, eingehend.

der ordnungh sollen [sich] begnugen lassen und khei-
ne andere ceremonien, alls lichter, sonderlicher klei-
der, schellen, altaren unnd was des dings mehr ist,
einzufuhren understehen, auf daß vielen guethert-
zigen christen vom brauch deß heiligen nachtmahls
sich zu enthalten, von wegen solcher und derglei-
chen ceremonien kheine anlaß gegeben werde.
Waß fur personen zum nachtmahl gehen unnd
zugelassen werden sollen, ist auß der einsetzungh
deß nachtmahls offenbahr, nemlich, die sich selbst
prufen113, daß nachtmahl zu gedechtnus Christi
halttenn und seinen todt mit glaubiger unnd danck-
barer sehlen verkhündigen khonnen.
Nun ist aber gewiß, daß gottlose, unnbußfertige
leuth daß weder thun noch auch thun khonnen, der-
halben sich zum nachtmahl, welches Christus allein
seinen jungern und mit kheinen andern gehalt-
ten114, kheineswegs sollen zugelassenn werden.
Auch, dieweil Gott im altenn testament gebotten,
wie Exodi am 12. [43-45] stehet, daß khein fremb-
der, der nit der religion der Israeliten wahr, vom
osterlamb, ahn welches statt daß nachtmahl einge-
setzt, essen solle, und denen, so nach dem gesez un-
rein wahren, | 18v| verbotten, von den opfferen zu es-
sen, auf das der bundt Gottes nit verunheiliget und
die gemeine geergert wurde, so hatt der sohn Gottes
nit weniger gewoldt, das diea, so in- und außwen-
digh115 unrein seindt und solches mit offentlicher
that bezeugen, khein nachtmahl sollen halten noch
darzu sollen zugelassen werden, daß allso das heilig-
thumb und die perlen fur die hundt unnd sewe, wie
Christus, Matth. 7. cap. [6], lehret, nit geworffen
werden.
In stätten unnd dörffern soll zum wenigsten das
nachtmahl im jhar viermahl gehalten werden, und
daß von der ganzen gemein, alls auf Ostern, Pfing-
sten, anfangs Octobris unnd Christagh. Jedoch, da
es die noth unnd erbawungh der kirchen erfordern
wurdt, magh es offter geschehen, auch nach gelegen-
heit ein jeden orts ahn andern tagen, unnd soll, wen
man nachtmahl halten will, alwege acht tage zuvor
112 Siehe oben, Anm. 109.
113 1Kor 11,28.
114 Mt 26,20; Lk 22,14.
115 Innerlich und äußerlich.

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