Die Grafschaft Bentheim-Tecklenburg
Verfasser der Tecklenburger Ordnung kommen Johannes Pollius und Hermann Keller, die beiden führenden
Prediger in Rheda und Tecklenburg, in Betracht.25 Der Text ist knapp gehalten, nach der Vorrede folgen
kurze Abschnitte zum kirchlichen Personal, zur Nottaufe durch die Hebammen, zu Krankenseelsorge und
Begräbnis, zum Abendmahl, den Feiertagen sowie dem evangelischen Klosterleben.26
Die Tecklenburger Kirchenordnung nahm verschiedene Einflüsse anderer Ordnungen auf. Am stärksten
wirkte die brandenburg-nürnbergische Kirchenordnung von 1533 auf sie, die ja bereits seit 1537 in den
Tecklenburger Landen in Gebrauch war. So finden sich wörtliche Übernahmen im Abschnitt „Von den
Klöstern“27 und große Übereinstimmungen bei der Liste der geltenden Feiertage.28 Ferner ist die branden-
burg-nürnbergische Ordnung zwei Mal explizit erwähnt: Zum einen sollen die Kollektengebete des Abend-
mahlsgottesdiensts hieraus übernommen werden, zum anderen wird sie in allen weiteren Fragen als Refe-
renzordnung verbindlich gemacht.29
Der Einfluss hessischer Kirchenordnungen auf Tecklenburg lässt sich nur unterschwellig feststellen.30
Obwohl Konrad von Tecklenburg sich 1527 vermutlich nach hessischen Ordnungen gerichtet31 und seine
Tochter Anna 1575 die hessische Agende von 157432 in Tecklenburg eingeführt hatte, lässt sich hieraus kein
Einfluss hessischer Ordnungen auf die Tecklenburger Kirchenordnung von 1543 feststellen. Eine gewisse
Übereinstimmung kann allenfalls in den zahlreichen Verweisen auf Bibelstellen und Kirchenväterzitate
erkannt werden, die sowohl in der Tecklenburger Ordnung als auch in der hessischen von 156633 erscheinen.
Die geographische Nähe zu Fürstbistum und Stadt Osnabrück und das Erscheinen der Osnabücker
Kirchenordnungen im gleichen Jahr lassen vermuten, dass auch diese Texte Einfluss auf die Tecklenburger
Ordnung hatten. Trotz des Kontakts Johannes Pollius’ mit Hermann Bonnus, dem Verfasser der Osna-
brücker Ordnungen, lassen sich diese jedoch nicht als Textvorlagen für Tecklenburg ansprechen, ihr Einfluss
scheint lediglich sekundär gewesen zu sein.34
Rheda, S. 67; Rohm/Schindling, Tecklenburg, S. 186;
Goeters, Evangelische Kirche, S. 208; Stupperich,
Reformationsgeschichte, S. 136-140; Kühn, Kirchenord-
nung, S. 33.
25 Kühn, Kirchenordnung, S. 36f.; Grosse-Dressel-
haus, Einführung, S. 86; Flaskamp, Zwischenbericht,
S. 125; Dresbach, Kirchengeschichte, S. 490.
26 Zum Inhalt siehe auch Kühn, Kirchenordnung, S. 30-33;
Grosse-Dresselhaus, Einführung, S. 76-79; Reu,
Quellen I/III,1/2, S. 1124*f.; Homann, Lingen, S. 66f.;
Schröer, Reformation 1, S. 196; Neuser, Kirchenge-
schichte, S. 54-56; Schaub, Rheda, S. 68f.; Stuppe-
rich, Reformationsgeschichte, S. 62f.
27 Siehe Sehling, EKO XI, S. 199.
28 In Tecklenburg sind es jedoch mit Michaelis, Allerheiligen
und Martini drei Feiertage mehr als in der brandenburg-
nürnbergischen Ordnung, vgl. Kühn, Kirchenordnung,
S. 34; Grosse-Dresselhaus, Einführung, S. 84-86;
Müller, Vor 450 Jahren, S. 870.
29 Friedlaender, Kirchenordnung S. 10, 16; Reu, Quel-
len I/III,I/2, S. 1124*.
30 Goeters, Kirchenordnungen, S. 141; Kühn, Kirchen-
ordnung, S. 34-36.
31 Im FA Burgsteinfurt sind einige hessische Ordnungen und
Mandate in Abschrift überliefert, etwa das Mandat zur
Bilderentfernung vom 21. Oktober 1527. Darin hatte
Landgraf Philipp I. verfügt, daß „die abgöttischen Göt-
zen ... abgeschafft, also daß der Bildniß nimmermehr zu
tage kommen und die walfarten gentzlich und zumall
abgestellet werden“ sollten, Kleinschmidt, Sammlung
II, S. 252f. Vgl. Arnold, Martin, Die mauritanische
Reform in Eschwege, in: ZVHG NF 111 (2006), S. 63-84,
hier S. 69; Kümmel, Birgit, „... und die bilder am
dauffstein abgeschafft“. Eine Skizze zum Ikonoklasmus in
Hessen im 16. und 17. Jahrhundert, in: Berns, Jörg
Jochen (Hg.), Frühneuzeitliche Hofkultur in Hessen und
Thüringen (Jenaer Studien 1), Erlangen 1993, S. 182-199,
hier S. 185; Hochhuth, Heinrich, Geschichte der hes-
sischen Diözesan-Synoden von 1569 bis 1634. Die Diöce-
san-Synoden der Diöcese Rotenburg (Allendorf, Esch-
wege), Kassel 1893, S. 9. Ferner sind in diesem Archiv die
Visitationsordnung von 1537 (Sehling, EKO VIII,
S. 82-91), die Ziegenhainer Zuchtordnung von 1539 (ebd.,
S. 101-112) und die Stipendiatenordnung für die Univer-
sität Marburg von 1560 überliefert (ebd., S. 166-175);
vgl. Reu, Quellen I/III,I/2, S. 1123*f.
32 Abdruck in Sehling, EKO VIII, S. 408-469.
33 Abdruck ebd., S. 187-337.
34 Die Osnabrücker Ordnung geht auf die Braunschweiger
Kirchenordnung von 1528 (Sehling, EKO VI/1, S. 348-
455) und die Mindener von 1530 (Sehling, EKO XXI,
S. 121-145) zurück, Kühn, Kirchenordnung, S. 36.
Grosse-Dresselhaus, Einführung, S. 80-84 konsta-
tiert jedoch über einige Inhalte eine engere Verwandt-
schaft mit der Ordnung für das Hochstift Osnabrück. Vgl.
Reu, Quellen I/III,1/2, S. 1124*.
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Verfasser der Tecklenburger Ordnung kommen Johannes Pollius und Hermann Keller, die beiden führenden
Prediger in Rheda und Tecklenburg, in Betracht.25 Der Text ist knapp gehalten, nach der Vorrede folgen
kurze Abschnitte zum kirchlichen Personal, zur Nottaufe durch die Hebammen, zu Krankenseelsorge und
Begräbnis, zum Abendmahl, den Feiertagen sowie dem evangelischen Klosterleben.26
Die Tecklenburger Kirchenordnung nahm verschiedene Einflüsse anderer Ordnungen auf. Am stärksten
wirkte die brandenburg-nürnbergische Kirchenordnung von 1533 auf sie, die ja bereits seit 1537 in den
Tecklenburger Landen in Gebrauch war. So finden sich wörtliche Übernahmen im Abschnitt „Von den
Klöstern“27 und große Übereinstimmungen bei der Liste der geltenden Feiertage.28 Ferner ist die branden-
burg-nürnbergische Ordnung zwei Mal explizit erwähnt: Zum einen sollen die Kollektengebete des Abend-
mahlsgottesdiensts hieraus übernommen werden, zum anderen wird sie in allen weiteren Fragen als Refe-
renzordnung verbindlich gemacht.29
Der Einfluss hessischer Kirchenordnungen auf Tecklenburg lässt sich nur unterschwellig feststellen.30
Obwohl Konrad von Tecklenburg sich 1527 vermutlich nach hessischen Ordnungen gerichtet31 und seine
Tochter Anna 1575 die hessische Agende von 157432 in Tecklenburg eingeführt hatte, lässt sich hieraus kein
Einfluss hessischer Ordnungen auf die Tecklenburger Kirchenordnung von 1543 feststellen. Eine gewisse
Übereinstimmung kann allenfalls in den zahlreichen Verweisen auf Bibelstellen und Kirchenväterzitate
erkannt werden, die sowohl in der Tecklenburger Ordnung als auch in der hessischen von 156633 erscheinen.
Die geographische Nähe zu Fürstbistum und Stadt Osnabrück und das Erscheinen der Osnabücker
Kirchenordnungen im gleichen Jahr lassen vermuten, dass auch diese Texte Einfluss auf die Tecklenburger
Ordnung hatten. Trotz des Kontakts Johannes Pollius’ mit Hermann Bonnus, dem Verfasser der Osna-
brücker Ordnungen, lassen sich diese jedoch nicht als Textvorlagen für Tecklenburg ansprechen, ihr Einfluss
scheint lediglich sekundär gewesen zu sein.34
Rheda, S. 67; Rohm/Schindling, Tecklenburg, S. 186;
Goeters, Evangelische Kirche, S. 208; Stupperich,
Reformationsgeschichte, S. 136-140; Kühn, Kirchenord-
nung, S. 33.
25 Kühn, Kirchenordnung, S. 36f.; Grosse-Dressel-
haus, Einführung, S. 86; Flaskamp, Zwischenbericht,
S. 125; Dresbach, Kirchengeschichte, S. 490.
26 Zum Inhalt siehe auch Kühn, Kirchenordnung, S. 30-33;
Grosse-Dresselhaus, Einführung, S. 76-79; Reu,
Quellen I/III,1/2, S. 1124*f.; Homann, Lingen, S. 66f.;
Schröer, Reformation 1, S. 196; Neuser, Kirchenge-
schichte, S. 54-56; Schaub, Rheda, S. 68f.; Stuppe-
rich, Reformationsgeschichte, S. 62f.
27 Siehe Sehling, EKO XI, S. 199.
28 In Tecklenburg sind es jedoch mit Michaelis, Allerheiligen
und Martini drei Feiertage mehr als in der brandenburg-
nürnbergischen Ordnung, vgl. Kühn, Kirchenordnung,
S. 34; Grosse-Dresselhaus, Einführung, S. 84-86;
Müller, Vor 450 Jahren, S. 870.
29 Friedlaender, Kirchenordnung S. 10, 16; Reu, Quel-
len I/III,I/2, S. 1124*.
30 Goeters, Kirchenordnungen, S. 141; Kühn, Kirchen-
ordnung, S. 34-36.
31 Im FA Burgsteinfurt sind einige hessische Ordnungen und
Mandate in Abschrift überliefert, etwa das Mandat zur
Bilderentfernung vom 21. Oktober 1527. Darin hatte
Landgraf Philipp I. verfügt, daß „die abgöttischen Göt-
zen ... abgeschafft, also daß der Bildniß nimmermehr zu
tage kommen und die walfarten gentzlich und zumall
abgestellet werden“ sollten, Kleinschmidt, Sammlung
II, S. 252f. Vgl. Arnold, Martin, Die mauritanische
Reform in Eschwege, in: ZVHG NF 111 (2006), S. 63-84,
hier S. 69; Kümmel, Birgit, „... und die bilder am
dauffstein abgeschafft“. Eine Skizze zum Ikonoklasmus in
Hessen im 16. und 17. Jahrhundert, in: Berns, Jörg
Jochen (Hg.), Frühneuzeitliche Hofkultur in Hessen und
Thüringen (Jenaer Studien 1), Erlangen 1993, S. 182-199,
hier S. 185; Hochhuth, Heinrich, Geschichte der hes-
sischen Diözesan-Synoden von 1569 bis 1634. Die Diöce-
san-Synoden der Diöcese Rotenburg (Allendorf, Esch-
wege), Kassel 1893, S. 9. Ferner sind in diesem Archiv die
Visitationsordnung von 1537 (Sehling, EKO VIII,
S. 82-91), die Ziegenhainer Zuchtordnung von 1539 (ebd.,
S. 101-112) und die Stipendiatenordnung für die Univer-
sität Marburg von 1560 überliefert (ebd., S. 166-175);
vgl. Reu, Quellen I/III,I/2, S. 1123*f.
32 Abdruck in Sehling, EKO VIII, S. 408-469.
33 Abdruck ebd., S. 187-337.
34 Die Osnabrücker Ordnung geht auf die Braunschweiger
Kirchenordnung von 1528 (Sehling, EKO VI/1, S. 348-
455) und die Mindener von 1530 (Sehling, EKO XXI,
S. 121-145) zurück, Kühn, Kirchenordnung, S. 36.
Grosse-Dresselhaus, Einführung, S. 80-84 konsta-
tiert jedoch über einige Inhalte eine engere Verwandt-
schaft mit der Ordnung für das Hochstift Osnabrück. Vgl.
Reu, Quellen I/III,1/2, S. 1124*.
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