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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0347
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1. Polizeiordnung8
7. November 1566

Nachdem von Gotts undt rechts wegen einer jede-
ren obrigkeit obligt undt gepüret, fleißige ufsicht zu
haben, daß bey ihren underthanen gute, christliche
ordnungh undt policey gehalten, die frommen be-
schützet undt behandthabet, die böesen gestraiffet,
damit alle unchristliche händel abgeschaffet, Gottes
ehre gefiirdert, die liebe des nechsten gepflantzet
werde, derhalben hat die wollgeborne undt edle
fraw, Agnes1, geborn von Bentheimb undt Stein-
furth, gravinne undt wittwe zu Rittbergh, Esentz,
Stedeßtorff undt Wittmunde etc., nachfolgende
landtordnungh, dem allmechtigen zu lobe, ihren un-
derthanen zu wollfarth undt erhaltungh guter poli-
cey ordnungh aufs eindtfoldigste stellen undt vestig-
lich bey vermeitungh einverleibter straiffen zu
halten, ernstlich befehlen undt in ihrer g[naden] gra-
veschafft undt herschafft Rittbergh, alse hiebevorn
auch in ihrer g. herschafften Esentz undt Witmundt
beschein, pubiiciren lassen.
Erstlich, daß Gottes wort rein, lutter undt clair,
ohne vermischunge neuwer, erriger undt verpotte-
ner secten gelernet undt geprediget, dartzu de sa-
cramenta also außzutheilen undt davon christlich
mit aller reverentz zugedencken undt zuhalten, daß
es durchauß der Augßburgischen Confession2 gemeß

a Textvorlage (Handschrift): LAV NRW W, Grafschaft
Rietberg, Akten, Nr. 141, fol. 21r-24r.

1 Agnes von Bentheim (um 1531-1589), Witwe Johanns
II. von Rietberg (f 1562), siehe oben, S. 324.
2 Confessio Augustana von 1530, BSELK S. 85-225.
3 Rheinwein.
4 Gastgebote, Gastmähler, Grimm, DWb 4, Sp. 1472.
5 Bauernbier, Nachbarzeche, Bewirtung der Nachbarn.
6 Verheiratet.
' Gevelber = Bierausschank anlässlich von Festlichkeiten.

befunden werde, alles zu vermeitungh des allmech-
tigen schweren ungnade undt ferner irer g. ungne-
diger straffe.
Zum anderen, daß die leuthe gerne undt willigh zu
kirchen gehen undt Gottes willen undt bevelich flei-
ßig anhören undt ere lebent darnach richten sollen,
|21v| insonderheit sich dero zeitt bey dem branthe-
wein noch auch bierheuseren oder aufm kerckhove
nicht finden lassen bey peen undt straffe zehen tal-
ler. So sollen auch für anfanck undt ungeendigter
predige Gottes wordes kein gebrant noch rinsch
wein3, bier oder ander gedrencke getzappet werden,
alleine krancke leuthe undt der wanderßman auß-
bescheiden, auff die peen als vorgemeldet undt con-
fiscation des wein undt biers.
Zum dritten, daß unnötige gastpotte4 oder gesterei-
en nicht sollen gehalten werden, als buerbier5 undt
dergleichen. Wanner aber eyner ein kint zun ehren
bestadet6, sollen auff der zudedinge oder gebel-
bier7 nicht mehr dan von jederer seitten achte per-
sonen gepetten werden, de abentreigh8, den sie den
junfferen abendt nhennen, gar nicht gehalten wer-
den bey obgedachter peen undt straffe.

Festlichkeit mit Tanz am Abend vor der Hochzeit. In
der Hoyaer Kirchenordnung von 1573/74 wurde wieder-
holt festgehalten: „So auch in unser graffschaft Ritpergh
eine unordnung ist, wanner die braut den folgenden tag
zur kirchen gefuhret werden soll, ein jufferenabend ge-
halten wird, solcheß wollen wir nit lenger gestatten, son-
dern genzlich verbotten haben, dan viele sunde, laster
und schande, dadurch Gott erzurnet wird, dorauß er-
folgt“, Sehling, EKO VII/1, S. 744; vgl. Han-
SCHMIDT, Pfarrei St. Johannes Baptista, S. 32 Anm. 23.
Zur Hoyaer Kirchenordnung siehe oben, S. 325f.

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