Einleitung
versehen ließen. Während der Stiftspropst einer der vier Kölner Archidiakone und gleichzeitig Dekan des
Dekanats Soest war,17 entstammten die Kanoniker den angesehenen Bürgergeschlechtern der Stadt, die
auch im Rat vertreten waren, so dass eine enge Verbindung von politischer und geistlicher Elite
bestand.18
Seit dem 12. Jahrhundert siedelten sich einige Orden in Soest an. 1166 wurde das Augustinerinnenklo-
ster St. Walburgis im Norden vor den Toren der Stadt geweiht, das nach der Soester Fehde in die Stadt
verlegt wurde, in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts hatten sich die Dominikaner in der Brüderstraße
niedergelassen, und seit 1233 waren auch die Franziskaner in Soest ansässig.
Neben dem Stift, den drei Klöstern und den sechs Pfarrkirchen besaß Soest zahlreiche Kapellen19 sowie
einige Hospitäler, darunter das Ende des 12. Jahrhunderts gegründete Heiliggeist-Spital, das seit dem 14.
Jahrhundert Hohes Hospital genannt wurde, das Pilgrimhaus, das Neue Hospital beim Jakobitor, das auch
Großer Mariengarten hieß, und das 1304 gegründete Wulfhardspital, das im 15. Jahrhundert als Kleiner
Mariengarten bezeichnet wurde.20
2. Die Einführung der Reformation nach 1530
Die reformatorische Bewegung lässt sich in Soest etwa seit der Zeit des Augsburger Reichstags von 1530
verfolgen. Johann Kelberg, der Kaplan an St. Pauli, hielt in diesem Jahr erstmals evangelische Predig-
ten.21 Im gleichen Jahr kam auch der Dominikaner Thomas Borchwede aus Osnabrück nach Soest, wo er an
St. Petri die Hauptpredigerstelle einnahm und schnell eine große Zahl Neugläubiger um sich scharte.22
Schließlich hielt sich im Sommer 1531 auch Johann Molner in Soest auf, der in St. Georg das Evangelium
predigte. Der Soester Magistrat unterband die Verbreitung der evangelischen Lehre nicht, er blieb jedoch -
nicht zuletzt aufgrund der Verschwägerung vieler Ratsherren mit den Stiftskanonikern - beim alten Glau-
ben.
Während der Rat gegenüber der reformatorischen Bewegung also eine abwartende Haltung erkennen
ließ, versuchte Herzog Johann III. von Kleve als Schirmherr der Stadt, aktiv hiergegen vorzugehen.23 Am
25. Oktober 1531 ließ er anordnen, dass in den Soester Kirchen keine deutschen Lieder mehr gesungen und
keine evangelischen Predigten mehr gehalten würden und dass der Prediger Thomas Borchwede aus der
Stadt gewiesen werde. Ferner kündigte er an, in Soest eine Kirchenordnung einzuführen.24 Die Klever
Kirchenordnung25, die eine zwischen alt- und neugläubiger Lehre vermittelnde Position vertrat, mit der
Herzog Johann III. die reformatorische Bewegung eindämmen wollte, war jedoch bis Ende November nicht
in Soest eingetroffen, so dass die drei Prediger mit einer öffentlichen Aktion eine Entscheidung der städ-
tischen Obrigkeit für die Einführung der Reformation herbeiführen wollten: Am 20. November schlugen sie
22 Thesen an die Türen der Stiftskirche an und forderten die Kanoniker zu einer Disputation hierüber auf.
17 Schwartz, Geschichte, S. 21; Stupperich, Bemerkun-
gen, S. 117f.
18 Schröer, Reformation in Westfalen I, S. 355;
Schwartz, Geschichte, S. 22.
19 Aufgelistet bei Schwartz, Geschichte, S. 16-18; vgl.
Kohl, Soester Kapellen, S. 48-54.
20 Sander-Berke, Armut, S. 316-320; Liese, Spitäler,
S. 175-177; Vogeler, Gründung S. 90-95.
21 Schwartz, Geschichte, S. 29; Jostes, Daniel von Soest,
S. 9-11.
22 Schwartz, Geschichte, S. 31f.; Stupperich, Reforma-
tionstheologie, S. 9; Ehbrecht, Reformation, S. 250f.;
Jostes, Daniel von Soest, S. 12.
23 Schröer, Reformation 1, S. 355-362; Neuser, Kirchen-
geschichte, S. 61.
24 Schröer, Reformation 1, S. 358; Ehbrecht, Reforma-
tion, S. 252f.; Jostes, Daniel von Soest, S. 15; Stuppe-
rich, Reformationstheologie, S. 10.
25 Klever Kirchenordnung von 1532 und zugehörige Decla-
ratio von 1533, Abdruck in Sehling, EKO XXI, S. 52-
56, 60-72.
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versehen ließen. Während der Stiftspropst einer der vier Kölner Archidiakone und gleichzeitig Dekan des
Dekanats Soest war,17 entstammten die Kanoniker den angesehenen Bürgergeschlechtern der Stadt, die
auch im Rat vertreten waren, so dass eine enge Verbindung von politischer und geistlicher Elite
bestand.18
Seit dem 12. Jahrhundert siedelten sich einige Orden in Soest an. 1166 wurde das Augustinerinnenklo-
ster St. Walburgis im Norden vor den Toren der Stadt geweiht, das nach der Soester Fehde in die Stadt
verlegt wurde, in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts hatten sich die Dominikaner in der Brüderstraße
niedergelassen, und seit 1233 waren auch die Franziskaner in Soest ansässig.
Neben dem Stift, den drei Klöstern und den sechs Pfarrkirchen besaß Soest zahlreiche Kapellen19 sowie
einige Hospitäler, darunter das Ende des 12. Jahrhunderts gegründete Heiliggeist-Spital, das seit dem 14.
Jahrhundert Hohes Hospital genannt wurde, das Pilgrimhaus, das Neue Hospital beim Jakobitor, das auch
Großer Mariengarten hieß, und das 1304 gegründete Wulfhardspital, das im 15. Jahrhundert als Kleiner
Mariengarten bezeichnet wurde.20
2. Die Einführung der Reformation nach 1530
Die reformatorische Bewegung lässt sich in Soest etwa seit der Zeit des Augsburger Reichstags von 1530
verfolgen. Johann Kelberg, der Kaplan an St. Pauli, hielt in diesem Jahr erstmals evangelische Predig-
ten.21 Im gleichen Jahr kam auch der Dominikaner Thomas Borchwede aus Osnabrück nach Soest, wo er an
St. Petri die Hauptpredigerstelle einnahm und schnell eine große Zahl Neugläubiger um sich scharte.22
Schließlich hielt sich im Sommer 1531 auch Johann Molner in Soest auf, der in St. Georg das Evangelium
predigte. Der Soester Magistrat unterband die Verbreitung der evangelischen Lehre nicht, er blieb jedoch -
nicht zuletzt aufgrund der Verschwägerung vieler Ratsherren mit den Stiftskanonikern - beim alten Glau-
ben.
Während der Rat gegenüber der reformatorischen Bewegung also eine abwartende Haltung erkennen
ließ, versuchte Herzog Johann III. von Kleve als Schirmherr der Stadt, aktiv hiergegen vorzugehen.23 Am
25. Oktober 1531 ließ er anordnen, dass in den Soester Kirchen keine deutschen Lieder mehr gesungen und
keine evangelischen Predigten mehr gehalten würden und dass der Prediger Thomas Borchwede aus der
Stadt gewiesen werde. Ferner kündigte er an, in Soest eine Kirchenordnung einzuführen.24 Die Klever
Kirchenordnung25, die eine zwischen alt- und neugläubiger Lehre vermittelnde Position vertrat, mit der
Herzog Johann III. die reformatorische Bewegung eindämmen wollte, war jedoch bis Ende November nicht
in Soest eingetroffen, so dass die drei Prediger mit einer öffentlichen Aktion eine Entscheidung der städ-
tischen Obrigkeit für die Einführung der Reformation herbeiführen wollten: Am 20. November schlugen sie
22 Thesen an die Türen der Stiftskirche an und forderten die Kanoniker zu einer Disputation hierüber auf.
17 Schwartz, Geschichte, S. 21; Stupperich, Bemerkun-
gen, S. 117f.
18 Schröer, Reformation in Westfalen I, S. 355;
Schwartz, Geschichte, S. 22.
19 Aufgelistet bei Schwartz, Geschichte, S. 16-18; vgl.
Kohl, Soester Kapellen, S. 48-54.
20 Sander-Berke, Armut, S. 316-320; Liese, Spitäler,
S. 175-177; Vogeler, Gründung S. 90-95.
21 Schwartz, Geschichte, S. 29; Jostes, Daniel von Soest,
S. 9-11.
22 Schwartz, Geschichte, S. 31f.; Stupperich, Reforma-
tionstheologie, S. 9; Ehbrecht, Reformation, S. 250f.;
Jostes, Daniel von Soest, S. 12.
23 Schröer, Reformation 1, S. 355-362; Neuser, Kirchen-
geschichte, S. 61.
24 Schröer, Reformation 1, S. 358; Ehbrecht, Reforma-
tion, S. 252f.; Jostes, Daniel von Soest, S. 15; Stuppe-
rich, Reformationstheologie, S. 10.
25 Klever Kirchenordnung von 1532 und zugehörige Decla-
ratio von 1533, Abdruck in Sehling, EKO XXI, S. 52-
56, 60-72.
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