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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0073
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Kirchenordnung 1543

In der vesper des Sondages edder festes schal
alle ding ane de litania geholden werden, alse
thovorne von den vesperen der hilligen avenden
gesecht is. Overst na dem hymno schal de ganze
kercke singen mit den schöleren versch umme
versch dat düdesche Te Deum laudamus, van
doctore Martino Luthero gemaket 80. Darup schal
balde de predige geschehen. Darna schal de
ganze kercke singen dat düdesche Magnificat 81
und Nunc dimittis 82, darna eine collecta und
Benedicamus 83.

Wo overst dat singent tho lange würde, dat
de predige dardorch möchte verhindert werden,
so mach de kerckhere dem scholemeister ge-
beden, de senge tho vorkörten, nicht mit jagen-
de, sonder mit affbrekende und uphörende, doch
also, dat nicht ein jewelick na synem koppe und
gevallen disse ordinantie breke und darvor wat
sunderges make.

Van dem aventeten Christi am hilgen dage.

Alle winkelmissen, gotlose offermissen und
vegevüresmissen scholen ganz und gar affgedan
und by hoger straffe vorbaden syn. Wente dar
schal nicht mehr denn eine gemeine misse vor
dejenen, de sick berichten laten willen, geholden
werden. Wente de misse (so dat wörd edder de
name etwas gelden schal) is nicht anders, denn
alleine ein gebruck des aventmals des Heren,
tho tröste den kranken conscientien und dar-
beneven den dodt des Heren tho vorkündigen.

Eine gemeine misse schal des Sondages vor
dejennen, so sick berichten laten willen, in
gewontlikem missgewande geholden werden up
einem altare (alse men id nömet), dat dartho
bereidet und bedecket schal syn mit gewont-
likem handgerede alse brode, kelke, lychten etc.

Sülcke gewontlike ehre der kleideren und
der lychten beholden wy allene des hilgen dages
und achten se doch nicht van nöden thom sacra-
mente. Dat bewyse wy darmede, dat unse pre-

80 Ev. Kgb. Nr. 137.

81 Ev. Kgb. Lit. 26.

82 Ev. Kgb. Lit. 27.

83 Ev. Kgb. Lit. 20 — 23.

dicanten des werkeldages in der kercken und
by den kranken alle tidt in den husen dat wer-
dige sacrament na Christus bevehele handlen
und geven ane alle sülck geprenge. Sülcke
dinge holden wy fry und achtent nicht vor
sunde, wen se nicht geholden würden.

Darumme, dewyle wy nu weten unse christ-
like fryheit in den dingen, de uns van Gade noch
gebaden, noch vorbaden sind, so willen wy nicht
hören einen errigen geist, de uns leren wolde,
dat men möthe thom sacramente hebben sülcke
kledere und lychte, anders sundige men. Des-
geliken ock wedderumme wille wy yd nicht
hören edder lyden, wenn ein irriger geist edder
ein swermer wil leren und schryen, men möthe
nicht sülcke kledere und lychte hebben by dem
sacramente, id sy sunde und he kön id nicht över
syne conscientie bringen, dat he eine casel 83a
scholde antheen. Wente se alle beide, van beiden
syden, wethen nicht, wat christliche fryheit is
und reden lögen uth erem herten, maken uns
nye gesette. Dat sind düvelsleren, darmede se
unse conscientien willen wedder upt nye ge-
vangen nemen.

Dewile nu vele stede und lande, de dat evan-
gelium angenamen hebben, sülcke kledere und
lychte alleine des hilligen dages by dem sacra-
mente noch beholden, nicht nödich vor Gade,
sunder alleine ehrlick vor den mynschen, so
könen wy se ock wol beholden, so lange dat
se alle andere, de dat evangelion hebben ange-
namen, eindrechtichlick affdohn, denn willen wy
ock nicht sunderlick syn. Willen de predicanten
nicht gebruken der stolen und manipulen, dar
frage wy nichts na, id gelt uns gelike vele, dat
schal en fry syn uth dersülvigen christliken
fryheit alse gesecht.

Ein evangelisch prediker ward spottich ge-
fraget: Worumme steke gy lychte an up dem
altare im lichten dage, dar gy wol könden ane
lychte sehen? De prediker vand balde ein gut

83a Vgl. RE 10, S. 528 f.; J. Braun, Die liturg. Pa-
ramente in Gegenwart u. Vergangenheit. 2.
Aufl. 1924.

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