Kirchenordnung 1569
wort, zum theil wieder dasselbige, eingeführet,
abzuschaffen und zu bessern vorhabens, welche
irthumb und missbreuch allen frommen Christen
missfallen und auf abschaffung und besserung
derselben viel jahr lang mit besonder grosser
begird gewartet, auch unsere underthanen in
solchem allem sich ganz gehorsam und wilfarig
erzeigt.
Welcher gestalt aber sie die pastorn und kir-
chendiener in unserm ganzem fürstenthumb
durch ein ördentlich und christlich examen be-
funden, so zum guten theil nicht rechte pasto-
res, sondern ungelerte und ungeschickte mer-
cenarii und gleich als gedingete knecht gewesen,
zum guten theil auch viel pfarren umbestellet,
das die kinder ungetauft und die alten leute
ohne das sacrament des leibs und bluts unsers
Herrn Christi dahingestorben und also in ihren
höchsten anfechtungen ungetrost gelassen, das
ist unserer lieben und getreuen underthanen
halben nicht unbillich zu klagen.
Welches alles fürnemlich daher kommen, das
nemlich wieder Gottes wort könig, fürsten und
herrn sampt andern christlichen oberigkeiten
felschlich verwehnet, als ob es ihres ampts und
beruffs nicht sein solte, sich der kirchen auch
neben ihrer kanzley anzunehmen.
Derowegen da gleich ein christlicher fürst
allerley grobe und greifliche mengel gespüret
und gesehen, dannoch sein ampt gegen densel-
ben nichts uben dürfen, sondern solches alles
den bisschoffen heimstellen und bevehlen müssen,
welche durch derselben officialen oder andere
ihre vicarios und statthalter in geistlichen sa-
chen die kirchen bestellet und ordnung gehalten
(wie leider dieselbige in angestelter christlichen
visitation befunden).
Weil dann unsere getreue und liebe under-
thanen des glaubens und der religion halben
nicht weniger als in der weltlichen eusserlichen
regierung, das ihnen recht und gerechtigkeit
6 Martin Chemnitz und Jakob Andreä.
7 Der liturgische Teil dieser Kirchenordnung
lehnt sich vor allem an die Lüneburger Kir-
chenordnung von 1564 an, vgl. A. Petri, S. 47;
mitgetheilet, uns als dem landsfürsten beide,
von der hohen oberigkeit in der welt und auch
an dem tag des Herrn zu vertretten stehen, ha-
ben wir nicht underlassen, solche hochwichtige
sachen, daran nicht allein zeitliche wolfarth,
sondern auch unser selbst und unserer under-
thanen ewig heil und seligkeit gelegen, mit ernst
nachzudenken und durch unsere ansehenliche
geistliche und politische rethe und in Gottes
wort verstendige theologen dieselbige in ernst-
liche berathschlagungen zu ziehen, zu beden-
ken und zu erwegen, welcher gestalt der uralte
catholische, christliche und apostolisch glaube
von der eingeschliechenen und dem wort Gottes
wiederwertigen menschensatzungen, missbreu-
chen und irthumben gereiniget und nach dem
willen Gottes, auch rechten alten gebrauch der
ersten und reinesten kirchen erhalten werden
möchte.
Dann wir keinswegs gesinnet, etwas in den
kirchen unsers fürstenthumbs neues einzufüh-
ren, das nicht zur zeit der lieben aposteln und
derselben negstgefolgten nachkommen im brauch
gewesen sein solte.
Und demnach etlichen, besonders zu diesem
christlichen werk erforderten und beruffenen
theologen 6 auferlegt und bevohlen, auf ein sol-
che kirchenordnung bedacht zu sein, so zufor-
derst dem wort Gottes und der christlichen
augspürgischen confession durchauss in allen ar-
tickeln gemess; in den ceremonien aber den
benachbaurten kirchen dieser landen am aller
einlichsten 7, damit ungleicheit der ceremonien
bey den unverstendigen und in Gottes wort noch
nicht wol erbauten Christen ergernuss und al-
lerley anstoss geberen möchte, darnach sich alle
unsere pfarrherrn und kirchendiener in der lehr
und gebrauch der hochwirdigen sacramenten,
ehevertrauungen, leichpredigten und bestettigung
der abgestorbenen zu der erden und dergleichen
gleichförmig durchauss, auch sonst in allweg
H. Hachfeld, Martin Chemnitz nach seinem
Leben und Wirken. 1867, S. 71; Beste, S. 69; P.
Tschackert, S. 603; u. a., bes. A. Ritter, Die
sog. Calenberger KO.
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wort, zum theil wieder dasselbige, eingeführet,
abzuschaffen und zu bessern vorhabens, welche
irthumb und missbreuch allen frommen Christen
missfallen und auf abschaffung und besserung
derselben viel jahr lang mit besonder grosser
begird gewartet, auch unsere underthanen in
solchem allem sich ganz gehorsam und wilfarig
erzeigt.
Welcher gestalt aber sie die pastorn und kir-
chendiener in unserm ganzem fürstenthumb
durch ein ördentlich und christlich examen be-
funden, so zum guten theil nicht rechte pasto-
res, sondern ungelerte und ungeschickte mer-
cenarii und gleich als gedingete knecht gewesen,
zum guten theil auch viel pfarren umbestellet,
das die kinder ungetauft und die alten leute
ohne das sacrament des leibs und bluts unsers
Herrn Christi dahingestorben und also in ihren
höchsten anfechtungen ungetrost gelassen, das
ist unserer lieben und getreuen underthanen
halben nicht unbillich zu klagen.
Welches alles fürnemlich daher kommen, das
nemlich wieder Gottes wort könig, fürsten und
herrn sampt andern christlichen oberigkeiten
felschlich verwehnet, als ob es ihres ampts und
beruffs nicht sein solte, sich der kirchen auch
neben ihrer kanzley anzunehmen.
Derowegen da gleich ein christlicher fürst
allerley grobe und greifliche mengel gespüret
und gesehen, dannoch sein ampt gegen densel-
ben nichts uben dürfen, sondern solches alles
den bisschoffen heimstellen und bevehlen müssen,
welche durch derselben officialen oder andere
ihre vicarios und statthalter in geistlichen sa-
chen die kirchen bestellet und ordnung gehalten
(wie leider dieselbige in angestelter christlichen
visitation befunden).
Weil dann unsere getreue und liebe under-
thanen des glaubens und der religion halben
nicht weniger als in der weltlichen eusserlichen
regierung, das ihnen recht und gerechtigkeit
6 Martin Chemnitz und Jakob Andreä.
7 Der liturgische Teil dieser Kirchenordnung
lehnt sich vor allem an die Lüneburger Kir-
chenordnung von 1564 an, vgl. A. Petri, S. 47;
mitgetheilet, uns als dem landsfürsten beide,
von der hohen oberigkeit in der welt und auch
an dem tag des Herrn zu vertretten stehen, ha-
ben wir nicht underlassen, solche hochwichtige
sachen, daran nicht allein zeitliche wolfarth,
sondern auch unser selbst und unserer under-
thanen ewig heil und seligkeit gelegen, mit ernst
nachzudenken und durch unsere ansehenliche
geistliche und politische rethe und in Gottes
wort verstendige theologen dieselbige in ernst-
liche berathschlagungen zu ziehen, zu beden-
ken und zu erwegen, welcher gestalt der uralte
catholische, christliche und apostolisch glaube
von der eingeschliechenen und dem wort Gottes
wiederwertigen menschensatzungen, missbreu-
chen und irthumben gereiniget und nach dem
willen Gottes, auch rechten alten gebrauch der
ersten und reinesten kirchen erhalten werden
möchte.
Dann wir keinswegs gesinnet, etwas in den
kirchen unsers fürstenthumbs neues einzufüh-
ren, das nicht zur zeit der lieben aposteln und
derselben negstgefolgten nachkommen im brauch
gewesen sein solte.
Und demnach etlichen, besonders zu diesem
christlichen werk erforderten und beruffenen
theologen 6 auferlegt und bevohlen, auf ein sol-
che kirchenordnung bedacht zu sein, so zufor-
derst dem wort Gottes und der christlichen
augspürgischen confession durchauss in allen ar-
tickeln gemess; in den ceremonien aber den
benachbaurten kirchen dieser landen am aller
einlichsten 7, damit ungleicheit der ceremonien
bey den unverstendigen und in Gottes wort noch
nicht wol erbauten Christen ergernuss und al-
lerley anstoss geberen möchte, darnach sich alle
unsere pfarrherrn und kirchendiener in der lehr
und gebrauch der hochwirdigen sacramenten,
ehevertrauungen, leichpredigten und bestettigung
der abgestorbenen zu der erden und dergleichen
gleichförmig durchauss, auch sonst in allweg
H. Hachfeld, Martin Chemnitz nach seinem
Leben und Wirken. 1867, S. 71; Beste, S. 69; P.
Tschackert, S. 603; u. a., bes. A. Ritter, Die
sog. Calenberger KO.
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