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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0119
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Kirchenordnung 1569

[19 ff.], nemlich, daß das gesetz diß ampt und
werk führe, das es die sünde, Gottes zorn wieder
die sünde, verdamnuß und den ewigen todt von
wegen der sünde predigt und offenbaret, also
das es sey ministerium, 2. Corinth. 3 [6], das ist
ein mittel und werkzeug, dadurch Gott uns in
wahres, ernstes erkentnuß unserer sünde führet,
Romanor. 3 [20], ja wie ein hammer Gottes,
Jerem. 23 [29], dadurch er unser steinern, hartes,
unbußfertiges herze zerbricht und hinwegnimpt
und gibt ein solches herze, das sich von wegen
der sünde betrübet, 2. Corinth. 7 [10], für Gottes
zorn fürchtet, dem angst und bange wird für
dem ewigem todt und verdamnuß, Rom. 4 [15];
Psalm. 51 [3 ff.]; Jsai. 66 [2]; Ezech. 36 [26 f].
Das evangelium aber hat und führet diß ampt,
das es offenbaret in Christo die gerechtigkeit,
darin und dardurch wir für Gott auß gnaden
durch den glauben ohne zuthun unser werk der
sunden loss, gerecht und ihm angenehm wer-
den zum ewigem leben, und ist ein ministerium,
mittel und werkzeug, darduch Gott die zerschla-
gene gewissen wiederumb tröstet und aufrich-
tet, vergebung der sünden, gerechtigkeit, ewi-
ges leben schenket, appliciert und gibt, und
summa, selig macht alle, die daran gleuben,
Rom. 1 [16] und 3 [22 ff.]; 2. Corinth. 3 [9], Und
Paulus fasset den underscheid kurz Rom. 3
[23 ff.] und 10 [3 f.]; Galat. 3 [10 — 14]: Das gesetz
ist ein lehre von unsern werken, was wir thun
sollen, das evangelium aber prediget, was Chri-
stus für uns gethan habe, das wir dasselbige
mit glauben annehmen sollen.

Diese lehre von underscheid des gesetzes und
evangelii wird und soll also ad usum accommo-
diert werden: Wenn der prediger gottlose, siche-
re leute für sich hat, die er durch göttliche
kraft und wirkung gerne wolte füren und brin-
gen zu wahrer erkantnuß ihrer sünden, das sie
für Gottes zorn, für dem todt und verdamnuß
sich fürsehen und also durch ein ernstliches
mißgefallen, rheu und leid von der sünde sich
abwenden, das ist, zur busse komen möchten,
was er denen auß Gottes wort fürhalten, worauf
er sie weisen solle, dardurch der heilige Geist
ihnen möge busse, das ist wahre erkentniß, reu

und leid ihrer sünden geben, 2. Tim. 2 [251],
nemlich nicht das evangelium, sondern das ge-
setz; denn dasselbige ist ministerium peccati
et mortis, 2. Corinth. 3 [7; 9], durchs gesetze
kömpt erkentniß der sünden, Rom. 3 [20], das
gesetz richtet zorn an, Rom. 4 [15], und weiset
das gesetz auch den heiligen in diesem leben
die sünde, so noch in ihrem fleisch wohnet,
Rom. 7 [5], auf das sie nicht hoffertig, sondern
in der demuth heruntergehalten werden und
ihre seligkeit mit dem lieben David setzen allein
darauf, das ihre sünde ihnen zugedecket und
nicht zugerechnet werden, Rom. 4 [7 f.].

Wenn man aber ein betrübtes gewissen trösten
will, item, wenn man den leuten weisen will,
wo sie suchen, finden und erlangen mögen Got-
tes gnade, versönung, vergebung der sünden,
ewiges leben, soll man sie nicht weisen zum
gesetz, das ist, auf unsere werke; denn das ge-
setz ist nicht gegeben, das es könne gerecht
und lebendig machen, Rom. 3 [19 f.]; Gal. 3 [10 ff.],
es tröstet auch das gewissen nicht, sondern
richtet zorn an, Rom. 4 [15], ist ein ampt nicht
des lebens, sondern des todts und der verdam-
nuß, 2. Corinth. 3 [7; 9], sondern auf die lehre
des evangelii von Christo sollen solche gewis-
sen geweiset werden, dasselbig soll ihnen für-
gehalten werden als ein ministerium, mittel und
werkzeug, darduch der heilige Geist dem be-
trübten gewissen will trost, vergebung der sün-
den, gerechtigkeit und ewiges leben umb Chri-
stus willen durch den glauben applicieren, schen-
ken und geben.

Zum dritten, wenn ein prediger von der ver-
neuerung oder von neuem gehorsam also lehren
will, das der heilige Geist durchs wort die her-
zen möge erneuern, muß er darauf gar gut
acht geben, was er für ein wort und lehre darzu
gebrauchen solle. Das gesetze weiset woll, was
wir thun sollen, aber es gibt die kraft und das
vermögen nicht, sondern der heilig Geist muß
die herzen erneuern, Tit. 3 [5], und desselbigen
früchte seind alle rechtschaffene, gute werk,
Gal. 5 [22]; Ephes. 5 [9], Der heilige Geist aber
wird gegeben und entfangen nicht durch das ge-
setz, sondern durch die predigt vom glauben,

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