Kirchenordnung 1569
Es werden auch in apologia 98 die zwey wört-
lein (regeneratio et vivificatio) im artickel der
rechtfertigung oft gebraucht. Das nun nicht
darüber in diesen kirchen, wie etwan an andern
örtern, streit und zank entstehen mögen, sollen
sie fein erkleret werden, nemlich, das sie ver-
standen werden pro reconciliatione, adoptione,
acceptatione ad vitam aeternam. Do aber je-
mands die vocabula verstehen wolte de reno-
vatione, muß man sich gleichwoll fürsehen, das
nicht unsere novitas in dem articulum iustifica-
tionis mit eingeflicket werde
ist diese unsere einige gerechtigkeit und selig-
keit für Gott, Roma. 5 [10], und 1. Pet. 1 [5]:
Wir werden auß Gottes macht durch den glau-
ben bewahret und erhalten zur seligkeit. Und
diß soll der glaube also annehmen, das er mit
festem vertrauen sich zu Gott versehe und ver-
tröste, das er uns gewißlich umb Christus wil-
len gnedig sein wölle; denn der papisten lehre
de dubitatione 97, das die gleubigen zweifeln
sollen, ob sie bey Gott in gnaden sein, ist
stracks wieder die schrift, Rom. 4 [3; 5] und
8 [38]; Eph. 3 [12], und raubet den armen gewis-
sen allen seligen, nötigen trost.
Wenn nun ein prediger al so auf einer seite
die lehre in diesem artickel von allen irrthum-
ben leutert und vor aller verfelschung verwah-
dariiber in diesen kirchen, wie etwan an andern
örtern, streit und zank entstehen mögen, sollen
sie fein erkleret werden, nemlich, das sie ver-
standen werden pro reconciliatione, adoptione,
acceptatione ad vitam aeternam. Do aber je-
mands die vocabula verstehen wolte de reno-
vatione, muß man sich gleichwoll fürsehen, das
nicht unsere novitas in dem articulum iustifica-
tionis mit eingeflicket werde
97 Vgl. Trident. Sess. VI, cap. 9. Denzinger 802.
die lehre in diesem artickel von allen irrthum-
ben leutert und vor aller verfelschung verwah-
98 Art. IV. Bek. Schr. S. 161, Z. 30; S. 169, Z. 1 fu.
ret, so muß er daneben auch gutt acht geben,
das nicht der epicureismus1 durch mißbrauch
dieser lehre einen schedtlichen außschlag auf
der ander seite mache. Dann viel wöllen diese
lehre also einnehmen, als sey dadurch das ge-
99 Vgl. hierzu P. Tschackert, S. 604. — Vgl. FC,Ep
III,8; SD 111,18 — 21. Bek . Schr. S. 783 u. 9201
1 Vgl. FC,SD IV,31. Bek. Schr. S. 947.
der ander seite mache. Dann viel wöllen diese
lehre also einnehmen, als sey dadurch das ge-
setz ganz und gar aufgehaben, das Gott nun
nach keiner sünde fragen, uber keinen gott-
losen zümen wölle, sondern sey nun eitel gnade,
es bekere sich einer von sünden oder bleibe
darin. Und zu solchem mißverstande helfen auch
oft viel unverstendige prediger, die diesen ar-
tickel nicht auß rechtem grunde mit gebürlicher
bescheidenheit handeln. Diesem allen aber kan
aufs einfeltigst vorgekommen und begegnet wer-
den, wenn des lieben Pauli methodus gehalten
wird, das der handel der rechtfertigung also
fürgebildet wird, das es nicht ein leichtfertiger
scherz sey, sondem für Gott und seinem ge-
richt mit grossem emste gehandelt werde, da es
gilt entwedder Gottes gnade oder zorn, ent-
wedder verdampt zu werden oder ewig selig
zu werden, wie denn darumb Paulus so gern ge-
braucht das verbum forense iustificare [Rm 2,13;
— 3,4; 20; 24; 26; 28; 30: — 4,2; 5; — 5,1: — 6,
7; —8,30; 33; —1. K. 4,4; — 6,11; — Gal. 2,16; 17; —
3,8; 11; 24; — 5,4 usw.]. Dann wenn wir in
unserm gewissen für Gott kommen mit unsern
sünden, da spricht Gott nicht: Es ist recht ge-
than, euer gottloses wesen gefellt mir woll oder
ich achte der sünde nicht, ich habe euch darumb
lieb etc., sondern Moses bringt die tafeln herfür,
die Gott mit seinen eigenen fingern geschrieben
hat und machet die sünde so sündig, Rom. 7 [7],
das Gottes schweres urtheil darüber ergehet:
Maledictus etc., Deuteron. 27 [15 ff.], Ungnad
und zorn, trübsal und angst uber alle seele,
die böses thut, Roman. 2 [8 f.]. Und wenn mit
dem urtheil das herz getroffen, gerühret und
erschrecket wird, so siehet es sich engstlich
umb nach rath und hülfe, aber da sind keine
109
III,8; SD 111,18 — 21. Bek. Schr. S. 783 u. 9201
1 Vgl. FC,SD IV,31. Bek. Schr. S. 947.
109
Es werden auch in apologia 98 die zwey wört-
lein (regeneratio et vivificatio) im artickel der
rechtfertigung oft gebraucht. Das nun nicht
darüber in diesen kirchen, wie etwan an andern
örtern, streit und zank entstehen mögen, sollen
sie fein erkleret werden, nemlich, das sie ver-
standen werden pro reconciliatione, adoptione,
acceptatione ad vitam aeternam. Do aber je-
mands die vocabula verstehen wolte de reno-
vatione, muß man sich gleichwoll fürsehen, das
nicht unsere novitas in dem articulum iustifica-
tionis mit eingeflicket werde
ist diese unsere einige gerechtigkeit und selig-
keit für Gott, Roma. 5 [10], und 1. Pet. 1 [5]:
Wir werden auß Gottes macht durch den glau-
ben bewahret und erhalten zur seligkeit. Und
diß soll der glaube also annehmen, das er mit
festem vertrauen sich zu Gott versehe und ver-
tröste, das er uns gewißlich umb Christus wil-
len gnedig sein wölle; denn der papisten lehre
de dubitatione 97, das die gleubigen zweifeln
sollen, ob sie bey Gott in gnaden sein, ist
stracks wieder die schrift, Rom. 4 [3; 5] und
8 [38]; Eph. 3 [12], und raubet den armen gewis-
sen allen seligen, nötigen trost.
Wenn nun ein prediger al so auf einer seite
die lehre in diesem artickel von allen irrthum-
ben leutert und vor aller verfelschung verwah-
dariiber in diesen kirchen, wie etwan an andern
örtern, streit und zank entstehen mögen, sollen
sie fein erkleret werden, nemlich, das sie ver-
standen werden pro reconciliatione, adoptione,
acceptatione ad vitam aeternam. Do aber je-
mands die vocabula verstehen wolte de reno-
vatione, muß man sich gleichwoll fürsehen, das
nicht unsere novitas in dem articulum iustifica-
tionis mit eingeflicket werde
97 Vgl. Trident. Sess. VI, cap. 9. Denzinger 802.
die lehre in diesem artickel von allen irrthum-
ben leutert und vor aller verfelschung verwah-
98 Art. IV. Bek. Schr. S. 161, Z. 30; S. 169, Z. 1 fu.
ret, so muß er daneben auch gutt acht geben,
das nicht der epicureismus1 durch mißbrauch
dieser lehre einen schedtlichen außschlag auf
der ander seite mache. Dann viel wöllen diese
lehre also einnehmen, als sey dadurch das ge-
99 Vgl. hierzu P. Tschackert, S. 604. — Vgl. FC,Ep
III,8; SD 111,18 — 21. Bek . Schr. S. 783 u. 9201
1 Vgl. FC,SD IV,31. Bek. Schr. S. 947.
der ander seite mache. Dann viel wöllen diese
lehre also einnehmen, als sey dadurch das ge-
setz ganz und gar aufgehaben, das Gott nun
nach keiner sünde fragen, uber keinen gott-
losen zümen wölle, sondern sey nun eitel gnade,
es bekere sich einer von sünden oder bleibe
darin. Und zu solchem mißverstande helfen auch
oft viel unverstendige prediger, die diesen ar-
tickel nicht auß rechtem grunde mit gebürlicher
bescheidenheit handeln. Diesem allen aber kan
aufs einfeltigst vorgekommen und begegnet wer-
den, wenn des lieben Pauli methodus gehalten
wird, das der handel der rechtfertigung also
fürgebildet wird, das es nicht ein leichtfertiger
scherz sey, sondem für Gott und seinem ge-
richt mit grossem emste gehandelt werde, da es
gilt entwedder Gottes gnade oder zorn, ent-
wedder verdampt zu werden oder ewig selig
zu werden, wie denn darumb Paulus so gern ge-
braucht das verbum forense iustificare [Rm 2,13;
— 3,4; 20; 24; 26; 28; 30: — 4,2; 5; — 5,1: — 6,
7; —8,30; 33; —1. K. 4,4; — 6,11; — Gal. 2,16; 17; —
3,8; 11; 24; — 5,4 usw.]. Dann wenn wir in
unserm gewissen für Gott kommen mit unsern
sünden, da spricht Gott nicht: Es ist recht ge-
than, euer gottloses wesen gefellt mir woll oder
ich achte der sünde nicht, ich habe euch darumb
lieb etc., sondern Moses bringt die tafeln herfür,
die Gott mit seinen eigenen fingern geschrieben
hat und machet die sünde so sündig, Rom. 7 [7],
das Gottes schweres urtheil darüber ergehet:
Maledictus etc., Deuteron. 27 [15 ff.], Ungnad
und zorn, trübsal und angst uber alle seele,
die böses thut, Roman. 2 [8 f.]. Und wenn mit
dem urtheil das herz getroffen, gerühret und
erschrecket wird, so siehet es sich engstlich
umb nach rath und hülfe, aber da sind keine
109
III,8; SD 111,18 — 21. Bek. Schr. S. 783 u. 9201
1 Vgl. FC,SD IV,31. Bek. Schr. S. 947.
109