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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0132
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Wolfenbüttel

hat, welche reden darumb also geführet werden,
das die Christen erinnert sollen werden, weil
doch sonst der alte Adam zu allem guten faul
und treg und immer lust und liebe hat zu
einem sicheren, ruchlosen, epicurischen leben,
das es kein adiaphoron oder arbitrarium sey,
guts zu thun oder zu lassen unsers gefallens,
sondern das es Gott also von uns haben will
und sein ernster befehl ist, Johan. 15 [12, vgl.
13,34]: Ein neu gebott gebe ich euch, das ihr
euch undereinander liebet, und 1. Johan. 4 [21]:
Diß gebott haben wir von ihm, das wer Gott
liebet, auch seinen bruder liebe. — Und die
schrift selber führet diese rede: Wir sind schül-
dener und schüldig, wir sollen und müssen,
es ist nötig etc., Roman. 8 [12] Und 15 [27]; Luc.
13 [4]; Ephes. 5 [28]; 2. Thessal. 2 [13]; 1. Johan.
2 [6]; Actor. 5 [29]; Roma. 13 [8]; 1. Corinth. 9
[16]. So redet auch Lutherus also, De votis
monasticis: Opera in decalogo mandata non sunt
quidem ad iusticiam et salutem necessaria,
tamen necessaria sunt, neque enim omitti pos-
sunt, etiam praesente fide 6. Hiebey 7 muß gleich-
woll aber auch die erklerung gesetzt werden,
das es nicht verstanden solle werden de necessi-
tate coactionis, als weren das rechte, gute wer-
ke, wenn einer ohne willen genötiget und ge-
zwungen oder allein zum schein eusserlich etwas
guts thut und doch das herze weit darvon ist;
denn solchen dienst will Gott nicht haben, der
mit unwillen, auß zwange oder zum schein ge-
schicht, 2. Corinth. 9 [7]; 1. Petri 5 [2]; Matth. 15
[7 — 9], sondern solche werke will Gott von den
seinen haben und durch Christum ihm gefallen
lassen, wenn das ende des gebotts ist liebe von
reinem herzen, von gutem gewissen und unge-
ferbten glauben, 1. Tim. 1 [5], und wenn der ge-
horsam gehet von herzen, Roman. 6 [17]; 1. Petri
5 [2]; Psalm. 110 [3]; den einen frölichen geber
hat Gott lieb, 2. Corinth. 9 [7],

Es muß auch bey der lehre von guten werken
fein bescheiden und klar auß Gottes wort be-

6 Gekürztes Zitat. WA 8, S. 606.

7 Vgl. zum Folgenden FC,SD IV,17. Bek. Schr.

S. 943.

richt gethan werden, wozu und auß was ursa-
chen man solle gute werk thun. Nun ist bißhero
auß des bapsts lehre 8 geprediget worden, das
durch gute werke Gottes gnade und die selig-
keit verdienet, ergriffen und erlanget werde,
und das man darumb gute werk thun müsse,
weil man ohne gute werke nicht könne selig
werden, item, der glaube mache woll gerecht,
aber doch also, das zugleich auch die gute wer-
ke mit zur seligkeit von nöthen sein. Weil aber
diß falsch und unrecht ist, man verstehe es
de merito, applicatione aut parte iustificati-
onis et salvificationis, wie droben de iustifica-
tione, item in confessione et apologia auß Got-
tes worte gründlich und klerlich erweiset wird,
so muß diese lehre durch Gottes wort aus
diesen kirchen außgesetzet und außgemustert
werden und können auch also diese propositi-
ones nicht gedüldet werden, das gute werke zur
seligkeit von nöten, also das es unmüglich sey,
ohne gute werke selig zu werden. Man muß
aber alhie zugleich auch die kirche wieder der
antinomer furores 9 woll verwahren, die da für-
geben, als ob diejennigen, so einmahl durch
den glauben umb Christus willen vergebung
der sünden, gerechtigkeit und seligkeit entfan-
gen haben, wenn die schon hernach den bösen
lusten folgen und auf sünde wieder das gewis-
sen sich begeben, gleichwoll hetten und behiel-
ten gerechtigkeit und seligkeit; denn Paulus
saget mit grossem ernst zu denen, die durch
den glauben gerechtfertiget waren worden, Rom.
8 [13] :Wo ihr nach dem fleisch leben werdet, so
werdet ihr sterben, 1. Cor. 6 [9]; Gal. 5 [21];
Ephes. 5 [5]: Last euch nicht betrigen, die solchs
thun, die haben kein theil am reich Gottes,
Col. 3 [6]: Umb welcher willen kömpt der zorn
Gottes uber die kinder des unglaubens. — Diß
aber geschicht nicht darumb, als weren zur
seligkeit auch die guten werke von nöthen,
sondern das der glaube, welcher alleine die
seligkeit ergreift und erhelt, bey solchen sün-

8 Vgl. Trident. Sess. VI. cap. 8. cap. 16. Denzin-
ger 801. 839. — Dazu Diekamp, a .a. O. S. 540, 553.

9 Vgl. S. 100.

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