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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0147
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Kirchenordnung 1569

und apostel schriften gelesen, das Patrem 51a,
Sanctus 55, Agnus Dei 56 gesungen wird etc., das
ist noch nicht der greuel der meß, darvon wir
reden. Dann Gottes wort lesen, beten, Gott
loben und danken ist nicht unrecht, sondern
von Gott geboten, wiewoll gleichwoll bey den
papisten auch in diesen stücken viel mangel ist;
denn es geschicht solchs in frembder sprach,
die dem gemeinem volk unbekant ist, wieder
die lehre Pauli 1. Corin. 14 [2 ff] und wird dar-
auß gemacht ein opus operatum, welchs doch
Christus strafft, Matth. 15 [1 — 9]; denn er will
solche anbeter haben, die im Geist und in der
wahrheit ihn anbeten, Johan. 4 [24], Auch wird
in vielen die anruffung der heiligen mit einge-
menget, welche wieder die schrift ist.

Was auch belanget alben, caseln 56a, liechter
etc., das ist auch noch nicht der rechte greuel der
messe; denn es sind an ihm selbs adiaphora, in
welchen die christliche freyheit ohn aberglau-
ben zur kirchenerbauung zu disponiren hat.

Darin aber ist und stehet der erzgreuel der
messe, wenn in canone oder in der stillmeß
der meßpfaff mit dem leibe und blute Christi,
welches er da vermeinet zu haben, viel selt-
zame, wünderliche schirmschlege treibt mit auf-
heben, nidderlegen, mit hin und wieder weben
an alle vier örter der welt und deßgleichen,
das er solch sein werk darfür helt und außgibet,
das er darmit und dardurch den leib und das
blut Christi dem himlischen Vater aufs neu
aufopfere 57 zum sündopfere, schuldopfer oder
versönopfer, damit und dadurch bey dem him-
lischen Vater erworben und erlanget werde
gnade, vergebung der sünden und allerley güter
Gottes denen, die messe sehen oder fur sich
halten lassen, ja, nicht allein den abwesenden,
sondern auch den todten 58. Dasselbige aber ist
erstlich stracks wieder die schrift, Eph. 5 [2];

54a = Symb. Nic., vgl. Röm. Meßbuch, Ordo
Missae, S. 462 ff. u. unten S. 143.

55 Ordo Missae, S. 470.

56 ib. S. 481.

56a Vgl. S. 53 u. Anm. 83 a.

Heb. 7 [27]; 9 [26]; 10 [10 ff.], die außdrucklich
lehret, das nur ein einigs versönopfer sey und
das solches allein Christus einmal am kreuze
verrichtet habe, also das dasselbige volnkom-
men und gnugsam sey in aller ewigkeit und
derhalben nicht könne noch solle iteriret werden.

Zum andern ist es eine greuliche schmach und
verkleinerung des einigen opfers Christi, am
kreuz geschehen; denn wenn einerly opfer oft
iteriret werden, das ist ein zeugniß, das das
vorige schwach und unvolkommen sey, wie die
epistel zun Hebreern außdrucklich saget, capite
10 [1 — 4],

Zum dritten, weil allein Christo zugehöret,
das er selber das versönopfer verrichte, wie
ers auch gethan hat am kreuze, Heb. 7 [27];
9 [26]; 10 [10 ff.], so ists ein grosser greuel,
dasselbige dem werke des meßpfaffen zuzu-
schreiben.

Zum vierten werden die leute durch die opfer-
meß von dem einigen opfer Christi, am kreuz
geschehen, abgeführet und geweiset auf des
meßpfaffen werk, dadurch zu erlangen gnade
und vergebung der sünden.

Zum fünften, weil ein versönopfer nicht kan
geschehen ohne blutvergiessen, leiden und todte,
Hebr. 9 [22], so thut der meßpfaff nichts an-
ders, denn das er, soviel an ihm ist, den Herrn
Christum aufs neue wieder kreuziget. Diß alles
sind schreckliche, grosse greuel, umb welcher
willen die opfermeß billich und nothwendig
abgethan muß werden.

Dagegen aber sollen auß Gottes wort die
leute berichtet werden, das nur ein einigs ver-
sönopfer für unsere sünde sey, durch welchs
volnkommen erworben ist alles, was zur ver-
gebung der sünden und unser seligkeit gehöret
und von nöten ist, nemlich das Christus ein-
mal am kreuz verrichtet hat, welches kraft

57 Vgl. Trident. Sess. XXII. cap. 1. can. 1. Den.
Missae, S. 474 ff.

58 Vgl. Trident. Sess. XXII. cap. 2. can. 3. Den-
zinger 940. 950; auch Röm. Meßb., Ordo Missae,
Darbringung d. Brotes, S. 465; Canon Missae,
Gedächtnis d. Toten, S. 477.

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