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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0151
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Kirchenordnung 1569

gewehret werden, das die nicht etwan unterm
schein in diese kirchen einreissen möge, und
sollen die leute verwarnet werden, das sie des
teufels list kennen lernen; denn nachdem des
bapsts opfermeß, kelchreuberey und andere miß-
breuche durch Gottes wort offenbaret und nie-
dergelegt sein und gleichwoll der sathan uns
den schatz, so wir im abendmal haben, nicht
gern rein wolt lassen, versucht ers jetzund durch
die sacramentschwermer auf eine andere weise,
nemlich er lest im abendmal brodt und wein,
essen und trinken, den todt des Herrn verkün-
digen, aber den besten kern nimmet und raubet
er herauß, nemlich den leib und blut des Herrn.
Und obwoll die Calvinisten 61 jetziger zeit den-
selbigen irrthumb so herlich schmücken, das
es einen einfeltigen fast zu behend ist, so ist
doch diß die summa ihrer meinung, das der leib
und das blut Jhesu Christi von dem brodt und
wein, welches hie auf erden im abendmal ge-
reicht und entfangen wird, so weit und noch
weiter abgescheiden sey, denn der himel von
der erden ist 62; denn sie wöllen, das Christi
leib und blut nach dem wesen jetzund nur allein
im himel und nicht hie auf erden, do das abend-
mal gehandelt wird, sein sollen, das also das-
selbige, was uns hie auf erden im abendmal
durch die hand des dieners gereichet und mit
unserm munde entfangen wird, nicht sey der
wahre, wesentliche leib und bluth Christi, son-
dern nur allein brodt und wein. Es werde aber
genennet Christi leib und blut darumb, das es
sey ein zeichen, dadurch entweder bedeutet
oder die kraft des abwesenden leibs und bluts
Christi uns gereichet werde. Der glaube aber
müsse mit seinen gedanken sich vom abendmal
abwenden und hinaufsteigen uber alle himel
und daselbs den leib und das blut Christi
geistlich geniessen 63. Das ist im grunde aller
sacramentschwermer entliche meinung, sie mö-
gen sich schmücken und verdrehen, wie sie
immer wöllen oder können.

61 Vgl. Calvin, Instit. IV,17,26 ff. CR XXX,1025—
1028.

62 Vgl. FC,SD VII,119. Bek. Schr. S. 1013.

Diese meinung kan nun für der vernunft mit
gar ansehnlichen schein geschmücket werden,
aber fromme Christen sollen erinnert werden,
das sie mit den worten des abendmals nach
ihren gedanken nicht spielen sollen, dieselbe
ihres gefallens zu deuteln; denn es sind wort
des testamentes des Sons Gottes, daran soviel
gelegen ist, das wer nicht recht underscheidet
dasjenige, was im abendmal des Herrn gereicht
und entfangen wird, nemlich das es sey der
leib Christi, der isset und trinket ihm das ge-
richte.

Nun ist dieser handel leicht und klar, wenn
wir nur allein einfeltig dabey könten oder wol-
ten bleiben, was der mund außredet, von wel-
chem der Vater auß dem himel rufft [Mt 17,5]:
Das ist mein lieber Son, den solt ihr hören. Dann
im abendmal des Herrn ist etwas vorhanden,
das wird uns durch die hand des dieners ge-
reichet, und wir haben befehl, das wirs mit
unserm munde entfangen sollen, do Christus
spricht: Nemet, esset und trinket, welchs nicht
kan vom geistlichen essen und trinken allein
verstanden werden. Nun ist die frage, was das-
selbige sey? Brodt sehen wir, wein schmecken
wir woll, es ist aber die frage, ob dasselbige,
das im abendmal gegenwertig ist, das durch
die hand des dieners gereicht, das mit unserm
munde mit essen und trinken entfangen wird,
allein brodt und wein sey? Darauf antwortet
der, der die warheit selber ist, das nemlich, das
dar gegenwertig ist, das durch die hand des
dieners gereicht und mit unserm munde ent-
fangen wird, das ist mein leib, das ist mein
blut. Und das wir ja nicht zweifeln dürften, ob
diese wort einfeltig, wie sie nach dem buch-
staben lauten, solten verstanden werden, oder
ob man ihnen eine andere deutung geben solte,
so hat der Herr Christus solche wort seines
testaments an etlichen örtern in der schrift
wiederholet und selber die außlegung dabey
gesetzt mit deutlichen, klaren worten: Es ist

63 Vgl. FC,Ep VII,29. 26; SD VII,116.118. Bek. Schr.

S. 801 f. u. 1012 f.

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