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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0184
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Wolfenbüttel

mutter und kind, in gnaden wölle lasse bevoh-
len sein. Wöllet derhalben euer herz erheben
und mit mir also beten;

Allmechtiger Herr Gott, der du man und
frauen geschaffen hast und zum ehestand ver-
ordnet, darzu mit früchten des leibes geseg-
net und selber der bist, von dem der liebe
David saget [Ps 22,10]: Du hast mich geformiret
und aus mutterleibe gezogen, wir erkennen solch
dein geschöpf, gnadenwerk, ordnung und segen,
das du diese gegenwertige frauen mit leibes-
frucht gesegnet und ihr in ihren grossen eng-
sten und kindesnöten als ein gnediger Vater
umb deines lieben Sohns willen gnediglich ge-
holfen und ihr einen frölichen anblick einer
lebendigen, gesunden frucht bescheret, diesel-
bige auch durch die heiligen taufe in das reich
deiner gnaden zum kind und erben des ewigen
lebens angenommen und der mutter auch zu
ihres leibs gesundheit in gnaden wiederumb
geholfen hast. Wir danken dir dafür in schüldi-
ger demuth von herzen im namen deines lieben
Sohns, unsers Herrn Jhesu Christi, und bitten
durch denselbigen, du wöllest dir auch hinfuro
beide, mutter und kind, lassen in allen gnaden
bevolen sein und durch den heiligen Geist dei-
nen segen geben, dass das kindlein in der
zucht und vermanung zum Herrn möge aufer-
zogen, im rechten glauben aufwachssen, ge-
sterket und vor allem leid und ubel leibs und
der seelen gnediglich behütet und bewahret
werden. Solchs unser gebet, weil du es geheissen
und vertröstet hast, wöllestu gnediglich er-
hören durch deinen lieben Son, unsern Herrn
Jhesum Christum, der mit dir und dem heiligen
Geiste lebt und herschet 93a in ewigkeit. Amen.

93a Text: herrschest!

94 De peccat. merit. et remiss. II,26,42; MSL 44,
176. CSEL 60,113: Non unius modi est sanc-
tificatio; nam et catechumenos secundum
quendam modum suum per signum Christi et
orationem manus impositionis puto sanctifi-
cari et, quod accipiunt, quamvis non sit cor-
pus Christi, sanctum est tamen et sanctius
quam cibi quibus alimur, quoniam sacramen-
tum est. Auch De bapt. III, 16, 21; MSL 43, 149.

Darauf zum beschluß:

Der Herr segene dich etc.

Da aber das kindlein die taufe nicht bekomen
oder vor den sechß wochen gestorben oder
sonst die mutter noch schwach were, werden
verstendige pastores mit außlassung und ver-
endrung etlicher wörter diese formam woll wis-
sen ad praesentes casus zu accommodiren.

Von der christlichen firmung, das ist,
wie die kinder, zuvor und ehe sie erstmals
zum heiligen abendmal zugelassen, verhöret
werden sollen.

Die firmung ist ein alt ding, auch in der
ersten kirchen gebreuchlich gewesen, da die
getauften ihren glauben öffentlich bekant und
nochmals durch auflegung der hende, das ist,
wie S. Augustinus schreibet, durch das gebet
der gemein 94, ihnen nicht allein sterkung des
glaubens, der hoffnung und liebe wiederfahren,
sonder auch wunderbarliche gaben des heiligen
Geistes seind mitgetheilet worden. Nachdem aber
dieselbige durch des bapsts satzungen, wie auch
andere gute ordnungen mehr in ein kinderspiel
und zauberey verkeret 95, da die kinder mit
einem bezauberten ole 96 geschmiret und in
rechter erkantnuß Christi weder underwiesen
noch bestettiget worden, so haben wir umb
des mißbrauchs willen ein nutzliche ordnung
nicht wöllen fallen lassen 97, sonder allein, was
unrecht, abschaffen und den rechten brauch der
wahren apostolischen, alten, christlichen fir-
mung in unsern kirchen erhalten sollen, da-
durch die eltern erinnert, wie hoch ihnen daran
gelegen, das sie ihre kinder in der rechten er-
kantnuß Gottes nach der empfangener taufe

95 Vgl. die Ordnung der Firmung: Pont. Rom. I,
S. 1 — 5.

96 Vgl. die Benedictio christmatis in coena Do-
mini: Pont. Rom. III, S. 55—65.

97 Vgl. zu dieser Konfirmationsordnung, die in-
nerhalb des im allgemeinen konfirmations-
feindlichen Gnesioluthertums etwas Besonde-
res darstellt: W. Rott, Konfirmation. Ein
Studienbuch zur Frage ihrer rechten Gestal-
tung. S. 941, S. 42 f.

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