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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0212
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Wolfenbüttel

ruffen und gebeten und deshalben nicht zwei-
feln, er werde uns laut seiner göttlichen zu-
sagung gnediglich erhöret und gewehret haben,
demnach so ordne, confirmire und bestettige
ich dich auß götlichem bevelch und ordnung zu
einem diener und seelsorger dieser gemein, hie
zugegen, mit ernstlichem bevelch, das du sol-
cher ehrlich und ohne alle ergerniß mit höch-
stem vleiß und treuen vorstehen wöllest, wie
du dann vor dem gerichtstul unsers Herm
Jhesu Christi an jennem tag rede und antwort
geben must dem rechten richter im namen des
Vatersunddes Sohns und heiligen Geistes. Amen.

Darauf singe die kirch Te Deum laudamus 58,
oder Grates nunc omnes 59, deudsch, und be-
schlies es der superintendens mit dem segen
etc.

Von der kirchendiener underhaltung und
besoldung.

Nachdem Christus der Herr [1. K. 9, 14] ver-
ordnet, das die, so das evangelium verkün-
digen, sich sollen vom evangelio nehren, und
die des altars pflegen, vom altar leben sollen,
ist billich, das auch den treuen gottseligen
pastorn und kirchendienern ihr underhaltung
nottürftiglich geschafft und verordnet werde.
Derwegen ganz beschwerlich, das bißdaher an
vielen örtern sich etliche unrechtmessige, wieder
das göttlich, ja auch des bapsts selbs und alle
recht und billicheit eingedrungen, und was zu
underhaltung der pastorn verordnet und also zu
Gottes dienst ergeben, außgebeten, zu sich ge-
zogen, sich selbs oder ihre kinder mit den
pfarren haben belehnen lassen und also der
pfarren einkommen in ihren eigenen nutz ver-

58 Wackernagel III, Nr. 31. Ev. Kgb. Nr. 137.

59 Wackernagel III, Nr. 266.

60 Vielfach hatten die Lehnsherren die Pfarr-
güter als Belohnung für treue Dienste ohne
Rücksicht auf den Stand der zu Belehnenden
ausgetan. Die auf diese Weise in die Pfarr-
stellen Eingesetzten mußten dann einen
Pfarrer mieten, wobei ihnen der billigste der
angenehmste war, vgl. Krusch, Entwicklung,
Forts. S. 98.

wendet, darneben aber wenig sorg getragen,
welcher gestalt die armen leut mit der predigt,
Gottes wort und gebrauch der heiligen sacra-
menten versehen 60, der ursachen oft die kin-
der ungetauft hingestorben, desgleichen alte und
schwache leute an ihrer seligkeit nicht wenig
versaumbt.

Solcher unordnung zu begegnen, so ordnen,
bevehlen und wöllen wir, was zu jeder kirchen
und derselben getreuen diener underhaltung von
alters gestiftet und verordent, auch bey der
kirchen bleiben und von derselben keineswegs
abalieniert, sonder solches einkommen niemands
anders, dann diesen personen gereicht werden
solle, so der kirchen mit der predigt des worts
Gottes und austheilung der heiligen sacrament
dienen.

Dann auch des bapsts recht außweiset: bene-
ficium dari propter officium. 61 Derhalben wer
der kirchen nicht dienet und solche güter zu
sich zeucht, von dem crimine sacrilegii nicht
mag entschüldiget werden, welchen leuten der
spruch S. Jacobs [Jak. 5, 4] wol zu bedenken,
da er schreibt: Der arbeiter lohn, die euer land
ingeerntet haben und von euch abgebrochen
ist, das schreyet, und das ruffen der ernter ist
kommen für die ohren des ITerrn Zebaoth.

Damit sich auch die kirchendiener dester
besser erhalten mögen, so sollen die gewöhnliche
alten accidentalia, als von kinderteufen, ver-
ehelichung, besuchung der kranken, begrebniß,
vierzeitpfenning 62, umbgeng und dergleichen hin-
furt wie bißher den kirchendienern gereicht
werden.

Wo aber an etlichen örten die pfarren so
gering, das sich die kirchendiener sampt ihrem

61 Corp. iur. can. lib. sext. I, tit. III, c. 15; Fried-
berg II, S. 943. Vgl. dazu Tract. de potestate
papae, 80. Bek. Schr. S. 495. H. E. Feine,
Kirchl. Rechtsgesch. I, 1950. S. 172 ff. 304. 327.

62 Gewöhnlich war das Michaelisfest als „vier-
ter Hochfesttag“ neben Weihnachten, Ostern
und Pfingsten der Termin, an dem Abgaben
an die Geistlichen entrichtet wurden, vgl.
IT. Pfannenschmid, Germ. Erntefeste. 1878,
S. 118 f.

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