Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0238
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Wolfenbüttel

fürnehmen, die verworne eeleut, auch wo das
nutzlich und erschießlich, durch turn oder ander
gebürende straff in freundschaft zu bringen,
auf das die h. ehe und band nicht zertrent,
sonder in gutem willen und götlichem bevelch
bleibe, und das der man gedenk, wie das weib
ihme von Gott zu einem gehülfen geordnet,
und die frau, das der man ihr zu einem heupt
und herrn gesetzt sey [Gen 3, 16], doch das je
eins das ander als seinen eignen leib lieb habe
[Eph 5, 28],

Von ehescheidung des hinweglaufens oder
anderer ursachen halben.

Als sich biss anher oftermals zugetragen, das
unter den eheleuten eins von dem andern hin-
weggezogen und etliche zeit hernach die blei-
bende person sich anderwerts widerumb ver-
ehelichet und etwan das beyschlaffen, auch zu
zeiten die schwengerung hernach gevolget, ob-
gleich die geblieben person nicht gründlich ge-
wist oder glaubwirdig beweisen könten, das sein
hingezogener abwesender ehegemahel mit todt
abgangen gewesen oder nicht, auch zu
zeiten solcher hingezogener ehegemahel her-
nach wiederumb anheimisch kommen, darauß
dann allerley unrath, unreu und wiederung er-
wachsen.

Es begibt sich auch, das etliche sich anderer
vermeinter ursachen halben bey leben ihres vo-
rigen ehegemahls anderwerts eigens gefallens zu
verheyraten understehen, solchem frevel und
leichtfertigem ergerlichem leben, soviel mtiglich
und an uns, zu begegnen, so ist unser will, mei-
nung und bevelch, das in künftiger zeit kein mans
oder frauenperson in abwesen seins ehegemahls
one erlaubnuß unser eherichter und rethe sich
anderwerts verheyraten oder noch weniger bey-
schlaffen sol bey straff leibs und guts nach
gestalt der sachen.

Wir wöllen auch hiemit allen pfarrhern mit
ernst bevohlen haben, dergleichen personen auf
der kanzel nicht zu verkündigen oder auch vor

der gemein ein solche ehe nicht zu bestettigen,
sondern unsern amptleuten anzuzeigen, die es
alßdann ohne verzug an unsere eherichter und
rethe sollen gelangen lassen.

Damit aber die unschüldige person an ihrem
gewissen gerathen, sollen unsere eherichter und
rethe sich in solchen fellen nach den reformier-
ten kirchen consistoriis verhalten .

Von gerichtskosten.

Dieweil in viel geringern dann solchen ehe-
handlungen nach inhalt gemeiner geschriebenen
rechten 13 ein jede parthey, so freventlich und
unbillicher weiß den andern in kosten und
schaden einführt, denselben zu widerlegen schül-
dig, im fall dann, do in solchen streitigen ehe-
sachen jemands wieder einigen punkten ob-
berürter unser ordnung handeln und sonderlich
auch ein parthey die ander umb die ehe be-
klagen, auch sein klag zu recht nicht gnug
beweisen oder sonst in ander wege sein gegen-
theil in unbillichen kosten und schaden einfüh-
ren würde, so ist, solchem muthwillen und
frevel zu begegnen, unser will, meinung und be-
velch, das unsere geordente eherichter und rethe
gemeinlich in allen ehesachen neben andern
peenen, wie oben erzelt, die verlustige parthey
der obsiegenden stracks in kosten und schaden
fellig erkennen, es weren dann treffentliche
bewegende ursachen vorhanden, so compensa-
tion oder vergleichung beyderseyts aufgelaufe-
ner kosten zulassen und erfurdern.

Wo auch andere ehesachen (darin obgehörter
gestalt nicht außtruckliche vorsehung geschehen
ist) für unsere rethe und eherichter gebracht
würden, alsdann ist unser will und bevelch,
das dieselbigen ehesachen nach dem heiligen
gotteswoi’t und den gemeinen geschriebenen
keyserlichen rechten erlediget werden.

Und gebieten hierauf euch allen und einem
jeden insonderheit hiemit ernstlich und wöllen,
das ihr obgehörter unser eheordnung, soviel sie
ein jeden belangen mag, vleissig und gehor-

13 Vgl. z. B. Coi’p. iur. civ. Inst. IV,16,1; Vol. I,
S. 54. — Nov. CXII,3 2; Vol. III, S. 528.

218
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften