Wolfenbüttel
Quarta classis.
Zu der ersten stunde sol der praeceptor den
knaben Mimos Publianos 33 fürgeben. Und wann
er dieselbigen einmal außgelesen, allererst Ca-
tonem fürnemen, doch sich ganz und gar ad
captum puerorum richten und nicht mehr für-
lesen, dann der knaben verstand fahen 33a und
ertragen mag.
Er sol sich auch befleissigen, das er ihnen
mit guten, eigentlichen, verstentlichen und deut-
lichen worten ein wort nach dem andern expo-
niere, und nicht nachlassen, biß sie ihm nach
können exponieren, und sol auch gleich darauf
die knaben, einen nach dem andern, dasselbig
laut nachexponieren lassen.
Weil aber das nomen und verbum die für-
nemsten partes orationis 34 seind, sol ihnen
der praeceptor in der repetition aus den Mimis
und Catone zuerst ein nomen, darnach ein ver-
bum fürgeben und auß dem außzug der gram-
matica formulas declinandi et coniugandi aufs
einfeltigst anzeigen. Aber mit den accidentibus
nominis 35 et verbi 36, item mit den andern par-
tibus orationis unbeschwert lassen, biss sie zu-
vor die declinationes nominum und coniugati-
ones verborum aus dem Donat und auszug der
grammatic wol ergriffen.
Des andern tags sol der praeceptor zu der
ersten lection einen knaben oder zwen des
vorigen tags lection wieder lassen exponieren
und alßdann sie in etvmologiae wol uben
und nach gehabtem etymologia exercitio sub
finem horae wiederumb fürgeben, wie den tag
davor geschehen, und diese ordnung für und
für im brauch behalten. Und sollen in dieser
classe auch decuriae pro ratione profectus et
ingeniorum gehalten werden.
33 Eine Sammlung von praktischen Lebensregeln,
ähnlich den Dicta Catonis. Größtenteils ent-
stammen sie den Stücken des röm. Mimen-
dichters Publilius Syrus, daher der Name
„Mimi Publiani“ (Publiliani). Vgl. Koldewey,
Schulordnungen, S. 604.
33a = fassen.
Von der achten und neunten uhr vor mittag.
Zu dieser stund sol der preceptor die Questi-
ones grammatices, so darzu verordnet, den
knaben fürlegen, der gestalt, das alle tag ein
praeceptum oder zwey fürgegeben und also biß
zu ende procediert werde. Und zum ersten,
wie gehört, formulas declinandi et coniugandi
denen, so in den ersten decuriis sitzen und am
neulichsten in diese lection kommen, darnach
die ubrigen accidentia nominis et verbi cum
reliquis partibus orationis et generalibus regulis
etymologiae lesen.
Welcher gestalt die knaben quartae classis
in die grammatic eingefüret und angebracht
werden sollen.
Zuvor und ehe die knaben den rechten brauch
der grammatic verstehn, bedünket sie dieselbige
zu schwer sein und werden ihr feind, ehe sie
recht darein kommen. Damit nun sie lust und
liebe darzu gewinnen und nicht davon abge-
schrecket, auch einerley weiß zu lernen in den
schulen gehalten werde, sol ihnen der praecep-
tor zum eingang den rechten brauch der ety-
mologiae auf das einfeltigst anzeigen und sich
keiner mühe und arbeit darüber dauren lassen.
Dann recht schul halten erfordert, das der
preceptor unverdrossen sey.
Wann nun die knaben die formulas declinandi
et coniugandi zimlich verstehn und gefast, sol
sie der praeceptor für und für vleissig in allen
stücken etymologiae uben und in den repetitioni-
bus Catonis, oben gemelt, auch hernach ge-
setzten lectionen Salomonis 37 und Sebaldi Hey-
den 38, einen partem orationis nach dem andern,
fürnemen und die exempla praesentis lectionis
ad regulas grammaticae adplicieren, auch die
34 Vgl. Melanchthon, Gramm. Lat. CR XX,246.
35 Vgl. ibid. CR XX,247.
36 Vgl. ibid. CR XX,299.
37 Vermutlich Prov. Salomonis in der lat. Uebers.
Melanchthon. 1524, vgl. CR XIV,1.
38 „Formulae puerilium colloquiorum“ Sebaldi
Heyden (f 1561).
230
Quarta classis.
Zu der ersten stunde sol der praeceptor den
knaben Mimos Publianos 33 fürgeben. Und wann
er dieselbigen einmal außgelesen, allererst Ca-
tonem fürnemen, doch sich ganz und gar ad
captum puerorum richten und nicht mehr für-
lesen, dann der knaben verstand fahen 33a und
ertragen mag.
Er sol sich auch befleissigen, das er ihnen
mit guten, eigentlichen, verstentlichen und deut-
lichen worten ein wort nach dem andern expo-
niere, und nicht nachlassen, biß sie ihm nach
können exponieren, und sol auch gleich darauf
die knaben, einen nach dem andern, dasselbig
laut nachexponieren lassen.
Weil aber das nomen und verbum die für-
nemsten partes orationis 34 seind, sol ihnen
der praeceptor in der repetition aus den Mimis
und Catone zuerst ein nomen, darnach ein ver-
bum fürgeben und auß dem außzug der gram-
matica formulas declinandi et coniugandi aufs
einfeltigst anzeigen. Aber mit den accidentibus
nominis 35 et verbi 36, item mit den andern par-
tibus orationis unbeschwert lassen, biss sie zu-
vor die declinationes nominum und coniugati-
ones verborum aus dem Donat und auszug der
grammatic wol ergriffen.
Des andern tags sol der praeceptor zu der
ersten lection einen knaben oder zwen des
vorigen tags lection wieder lassen exponieren
und alßdann sie in etvmologiae wol uben
und nach gehabtem etymologia exercitio sub
finem horae wiederumb fürgeben, wie den tag
davor geschehen, und diese ordnung für und
für im brauch behalten. Und sollen in dieser
classe auch decuriae pro ratione profectus et
ingeniorum gehalten werden.
33 Eine Sammlung von praktischen Lebensregeln,
ähnlich den Dicta Catonis. Größtenteils ent-
stammen sie den Stücken des röm. Mimen-
dichters Publilius Syrus, daher der Name
„Mimi Publiani“ (Publiliani). Vgl. Koldewey,
Schulordnungen, S. 604.
33a = fassen.
Von der achten und neunten uhr vor mittag.
Zu dieser stund sol der preceptor die Questi-
ones grammatices, so darzu verordnet, den
knaben fürlegen, der gestalt, das alle tag ein
praeceptum oder zwey fürgegeben und also biß
zu ende procediert werde. Und zum ersten,
wie gehört, formulas declinandi et coniugandi
denen, so in den ersten decuriis sitzen und am
neulichsten in diese lection kommen, darnach
die ubrigen accidentia nominis et verbi cum
reliquis partibus orationis et generalibus regulis
etymologiae lesen.
Welcher gestalt die knaben quartae classis
in die grammatic eingefüret und angebracht
werden sollen.
Zuvor und ehe die knaben den rechten brauch
der grammatic verstehn, bedünket sie dieselbige
zu schwer sein und werden ihr feind, ehe sie
recht darein kommen. Damit nun sie lust und
liebe darzu gewinnen und nicht davon abge-
schrecket, auch einerley weiß zu lernen in den
schulen gehalten werde, sol ihnen der praecep-
tor zum eingang den rechten brauch der ety-
mologiae auf das einfeltigst anzeigen und sich
keiner mühe und arbeit darüber dauren lassen.
Dann recht schul halten erfordert, das der
preceptor unverdrossen sey.
Wann nun die knaben die formulas declinandi
et coniugandi zimlich verstehn und gefast, sol
sie der praeceptor für und für vleissig in allen
stücken etymologiae uben und in den repetitioni-
bus Catonis, oben gemelt, auch hernach ge-
setzten lectionen Salomonis 37 und Sebaldi Hey-
den 38, einen partem orationis nach dem andern,
fürnemen und die exempla praesentis lectionis
ad regulas grammaticae adplicieren, auch die
34 Vgl. Melanchthon, Gramm. Lat. CR XX,246.
35 Vgl. ibid. CR XX,247.
36 Vgl. ibid. CR XX,299.
37 Vermutlich Prov. Salomonis in der lat. Uebers.
Melanchthon. 1524, vgl. CR XIV,1.
38 „Formulae puerilium colloquiorum“ Sebaldi
Heyden (f 1561).
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