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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0307
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Klo st e ro rdnung' 1569

hat, das wir nun eigentlich den willen Gottes
wissen [Mat. 16, 16], wie uns derselbige in
seinem heiligen wort geoffenbaret ist, sollen
wir dis nicht für ein geringe, schlechte, sondern
für die höchste gnade und gabe halten, die uns
in dieser welt widerfahren mag, und demnach
ihme von herzen danken 27 sollen, das er uns
diese stunde hat erleben lassen, das wir seinen
heiligen, göttlichen, gnedigen und veterlichen
willen gegen uns in Christo erkennen, wie wir
ihn anruffen und die tage unsers lebens ihme
dienen sollen, das wir nicht in einem stettigen
zweifel 28 stehen. ob es ihme gefellig sey oder
nicht, sondern im glauben und durch das zeug-
nis des heiligen Geistes [2. Cor. 1, 21 f; Eph. 1,
9. 13 f.; 1. Joh ij 3, 1 f. 24], welcher das pfand
unsers heils ist, damit wir auch versiegelt
sind bis uff den tag unserer erlösung, verge-
wisset und versichert sind, das wir itzt, weil
wir noch leben, kinder Gottes sind, der uns
umb des einigen verdienstes Jhesu Christi willen
alle unser sünden vergeben, das wir auch nicht
erst, weder uns selbst noch andern, den himel 29
verdienen müssen, welchen uns Christus mit
seinem theuren blut erkauft hat [1. Pet. 1, 18 f.;
Col. 2, 8 ff.; Eph. 1, 7; Rom. 3, 22 ff.], sondern
darumb mit allem vleis, höchster lust und
freuden 30 im gehorsam seiner gebot leben, ohn
unterlas anruffen, loben und preisen, weil wir
wissen, das der himel schon erkauft ist und
das ihme unsere werk, unangesehen, das sie
noch unvolkomen und mit viel schwacheit be-
laden, gefellig und angenem sind, als von seinen
lieben kindern, die er ihme in Christo wider-
geboren hat, und wil ihnen solche schwacheit
umb seines lieben Sons willen nicht zurechnen,
sondern darumb gefallen lassen, das sie nicht
mehr feinde, sondern seine liebe kinder sind,
die in ihrem sterblichen leibe die sünde nicht
herschen lassen, sondern durch die kraft des

Geistes Gottes wider das verderbte fleisch strei-
ten und letztlich in Christo dem Herren ritterlich
uberwinden und wider alle ihre feinde obsiegen
[Esa. 53; Mat. 20, 28; Joh. 3, 16. 21. 36; 5, 21 ff.;
Act. 2, 38; 10, 34 ff.; 20, 32; Rom. 3, 23 ff.; Tit. 3,
4—8; Joh. 3; Psal. 32; Rom. 3; Rom. 5, 1 ff.;
1. Joh. 4, 4 ff.; Rom. 6, 6—8. 11 ff.; Gal. 5, 5. 18.
22 ff.; Phil. 4,13; 2. Tim. 4, 7 f.].

Das hab e. e. g. w. und andacht ich zu
einem glückseligen neuen jare 31 geben wöllen
und bitte den allmechtigen Gott und Vater
unsers lieben Herrn Jhesu Christi, er wolle euch
alle m dieser seiner gnade und erkendnis seines
göttlichen willens, in warer anruffung seines
namens, im rechten und wolgefelligen gottes-
dienste, wie derselbige vermög seines heiligen
worts angestellet, standhaft und bestendig bis
an euer ende zur ewigen und himlischen selig-
keit erhalten, auch dis neunundsechzigste jar
nach seinem göttlichen willen und wolgefallen
regieren, damit sein heiliger name in der ganzen
christenheit recht erkand, angeruffen und ge-
ehret, krieg und blutvergiessen verhütet, christ-
licher fried und einigkeit gepflanzet, die frucht
uff dem felde gesegnet, zum lob und preis
Gottes gebraucht und also unter uns allen ein
gerugig, still leben in aller gottseligkeit und er-
barkeit [1. Tim. 2, 2—4] angerichtet und gefüret
werden möge, darin wir teglich uff die herr-
liche erscheinung unsers breutigams warten
[Phil. 3, 20 f.; 1. Pet. 5, 4; Mat. 25, 1—13], unsere
lampen geschmückt und das oel in den gefessen
haben, uff das wir mit ihme zu der ewigen him-
lischen hochzeit eingehen und bey ihm sampt
dem Vater, heiligem Geist, allen engeln und
ausserwelten Christi bleiben und ewiglich leben
mügen. Amen. Geben zu Wulffenbüttel, den
1. Januarii, anno 1569.

Jacobus Andree Doctor,
probst zu Tübingen.

27 a. R.: Gott dem Herrn für die reformation der
kirchen und klöster zu danken.

28 a. R.: Der gottesdienst sol nicht im zweifel,
sondern mit glauben verrichtet werden.

29 a. R.: Der himel wird durch unsern gottes-
dienst nicht verdienet.

30 a. R.: Worumb ein christenmensch zum got-
tesdienst und allen guten werken lustig sein
sol.

31 a. R.: Wünschung eines glückseligen neuen jars.

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