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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0317
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Klosterordnung 1569

Das fünfte capitel 68 helt uns für die stiftung
und einsetzung des hochwirdigen sacraments des
leibes und bluts unsers Herrn Jhesu Christi,
das die heiligen evangelisten mit ganz einfel-
tigen kurzen worten beschrieben haben, welche
also lauten: Der Herr Jhesus in der nacht, da
er verraten ward und mit seinen jiingern zu
tisch gesessen, nam er das brod, danket und
brachs und gabs seinen jüngern und sprach:
Nemet und esset, das ist mein leib, der für
euch gegeben wird, das thut zu meinem ge-
dechtnis. Desselbigen gleichen nach dem abend-
mal inam er auch den kelch und danket, gab
ihnen den und sprach: Trinket alle daraus, das
ist mein blut des neuen testaments, welchs ver-
gossen wird für viele zur vergebung der sünden,
solches thut, so oft ihrs trinket, zu meinem
gedechtnis [Matth. 26, 26—28; Marc. 14, 22—24;
Luc. 22, 19 f.; 1. Cor. 11, 23—25]. Mit diesem
sacrament hat Christus der Herr den armen,
betrübten und ihrer sünden halben angefochte-
nen herzen seine gnad und verheissung von
vergebung der sünden bestettigen wöllen 69, die
er uns mit seinem hingegebenen leib und ver-
gossenem blut erworben hat.

Damit aber sich niemand zu entschüldigen
hette, er wüste nicht, was dis sacrament sey und
wie man es brauchen sol, hats der Herr durch
seine heilige evangelisten mit so kurzen einfel-
tigen worten beschrieben 70 und zum vierden
mal vwiderholen lassen, auf das es auch die
allereinfeltigsten lernen und fassen können.
Denn Christus sagt mit einfeltigen worten: Die
speise und trank, so er in diesem sacrament aus-
teile, seien sein heiliger leib, den er für uns
gegeben, und sein heiliges blut, das er für unser
sünde vergossen hat. Diesen einfeltigen worten
gleubet auch ein einfeltiger mensch, disputiert
nicht viel darüber 71, denn sie können nicht mit
der vernunft verstanden, sondern allein durch

68 a. R.: V. Das fünfte stück der christlichen
religion.

69 a. R.: Die verheissung Gottes mit den sacra-
menten versiegelt.

70 a. R.: Die lere vom sacrament ist einfeltig.

den glauben begriffen werden. Derhalben weil
Christus klerlich bezeuget [Joh. 6, 32—35. 48—58],
das sein fleisch sey warhaftig eine speise und
sein blut sey warhaftig ein trank, damit die
rechtgleubigen zum ewigen leben gespeiset und
getrenket werden, viel kreftiger und mechtiger,
denn der leib durch die natürliche speise zum
irdischen leben gespeiset, gesterket underhalten
wird, und aber Christus hie mit deutlichen,
klaren, hellen, dürren worten saget, das er in
seinem heiligen abendmal diese himlische speise
und trank austeile, so zweifeln rechtgleubige
Christen an solcher seiner zusagung gar nichts
und lassen der allmechtigkeit Gottes befohlen
sein, wie solchs zugehe, der in seinen worten
nicht fehlet und mit seiner allmechtigkeit alles
vermag zu thun, was er einmal geredet hat.

Es lernen auch aus diesen einfeltigen worten
die einfeltigen Christen, wie sie dieses sacra-
ments sollen gebrauchen 72, nemlich, weil es das
testament und letzter wille unsers Herrn Jhesu
Christi ist, so thun sie nichts weder darvon
noch darzu, sondern komen dem bevehl Christi
gehorsamlich nach, lassen seine ordnung unge-
endert, essen mit dem brot, welchs ist eine
gemeinschaft des leibes Christi [1. Cor. 10, 16],
seinen allerheiligsten leib und trinken aus dem
kelch das blut Christi, welcher ist eine gemein-
schaft des bluts Christi. und thun solchs zur
gedechtnis seines bittern leidens und sterbens,
dafür sie ihme auch lob und dank sagen, ihren
glauben damit sterken und durch die kraft
dieser himlischen speis und heiligen tranks ihr
sündiges Leben bessern.

Dis ist alles so einfeltig, deutlich und klar
mit kurzen worten beschrieben, das man eim
einfeltigen menschen die sache einfeltiger und
deutlicher nicht könte fürgeben, daraus er be-
richt empfangen kan, was er von diesem sacra-
ment gleuben, thun und lassen sol. Hie bedarf

71 a. R.: Vom heiligen sacrament des leibes und
bluts Christi sol man nicht viel disputiern,
sondern vest und stark gleuben.

72 a. R.: Wie man dis hochwirdig sacrament ge-
brauchen solle.

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