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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0329
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Klosterordnung 1569

Nachmals aber, als die leut verwehnet worden,
das dieser klosterstand solte ein besonderer,
darzu viel ein heiliger stand sein weder der ehe-
stand, hat man auch auf die kleider 30 ein stück
der heiligkeit gelegt und der ursach die kappen,
scheppler 36 und weihler 37 mit besondern ge-
betlin eingeweihet, mit weihwasser besprenget 38
und denselben so viel zugemessen, das diese
kleider sollen sein ein starker harnisch wider
den anlauf des teufels 39 und das sie damit ihre
sünde vor dem angesicht Gottes bedecken. Item
sie haben diesen kleidern zugeschrieben, das
der apostel S. Paulus der heiligen taufe zu-
schreibet [Gal. 3, 27], nemlich, das dadurch Chri-
stus angezogen werde, wie denn solche wort
in den gebetlin begriffen sind, damit die kappen
eingeweihet werden, wie solches alle verstendige
klosterjungfrauen wissen und selbs lesen kön-
nen. Daher sie denn auch geschrieben und ge-
lehret: wenn eine jungfrau in ein kloster gehe
und eine kappen anziehe, werde sie so rein und
heilig, als wenn sie allererst getauft were
worden 40.

Darumb auch und aller dieser ursach halben
sind diese. klosterkleider 41 geistliche kleider ge-
nennet worden, das der mensch in denselben
Gott besser gefalle und angenehmer sey denn
in den weltlichen kleidern. Und umb solcher
ursach willen haben sich auch viel leut, so im
ehestande gelebet, in den kappen begraben
lassen 42 und verhoffet, dem allmechtigen dar-
innen besser zu gefallen und sich alles des ver-
dienstes teilhaftig zu machen, der von dem
klosterleben ist gerhümet worden.

35 a. R.: Die klosterkleider sind ein theil der
heiligung gehalten.

36 aus lat.: scapulare; Schultermantel.

37 aus lat.: velum, Teil des Nonnenschleiers.

38 Vgl. Pontif. Rom. Bd. I, S. 190. De Benedic-

tione et Consecratione Virginum: Et vestes
aqua benedicta aspergit... Et vela ipsa aqua
benedicta aspergit.

39 Vgl. Pontif. Rom. Bd. I, S. 189 f. ibid.: ... ac
praesta, clementissime Pater, ut supradictis
famulabus tuis sint vestes ... contra omnia
tela inimici robusta defensio ...

Dis ist auch ein greulicher und erschrecklicher
irrthumb gewesen, unserm christlichen glauben
und unser empfangenen taufe ganz und gar
zu entgegen und zuwiaer.

Denn S. Paulus spricht [Galat. 3, 27]: Wie viel
euer getauft sind, die haben Christum angezo-
gen. Damit er wil anzeigen, das durch die hei-
lige taufe Christus 43, der Herr, werde angezo-
gen und nicht durch ein besonder darzu ge-
weihet kleid, und das Christus, der Herr, mit
seinem unschüldigen leiden und sterben sey
das einige kleid, damit alle unsere sünde vor
dem angesicht Gottes müssen bedekt werden.
Der nun Christum auf ein andere weise anziehen
und mit einem andern kleid seine sünde be-
decken wil, der vergisset seiner taufe, er ver-
gisset seines alten catholischen, apostolischen,
christlichen glaubens; und da er sich nicht da-
von abweisen lesst, verleurt er den christlichen
glauben gar, der uns alle auf den einigen ver-
dienst des allerheiligsten leidens und sterbens
unsers Herrn Jhesu Christi weiset.

Das aber von etlichen gesaget wird 44, sie
setzen ihre seligkeit nicht auf die kappen und
wissen wol, das sie dieselbige nicht selig machet,
ihr vertrauen, glaube und hoffnung stehe allein
auf den einigen verdienst des allerheiligsten
bitter leidens und sterbens unsers Herrn Jhesu
Christi, der sie selig mache, dis ist eine herr-
liche und christliche bekentnis, und da man bey
derselben bleibet, wird man gewislich selig.
Aber es sollen alle klosterjungfrauen wissen,
das man von dem klosterleben viel anderst ge-
leret und geschrieben habe 45, und nemlich, das

40 Vgl. Conf. Aug. XXVII, 13. Bek. Schr. S. 111 f.
Dazu ibid. S. 112, Anm. 1; Apol. XXVII, 20.
Bek. Schr. S. 383 f.

41 a. R.: Warumb die klosterkleider heilige klei-
der genennet worden.

42 Vgl. Apol. IV, 361. Bek. Schr. S. 228; dazu
L. Eisenhofer, ITdb. d. kath. Liturgik, 1933,
Bd. II, S. 437.

43 a. R.: Das einige, rechte geistliche kleid aller
Christen.

44 a. R.: Einrede etlicher christlicher kloster-
jungfrauen.

45 a. R.: Widerlegung.

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