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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0360
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(vgl. Stadt A. Braunschweig, G II 7 Nrl 1 = Kopialbuch von St. Ulrici), vor allem aber
ließ er noch im gleichen Jahre lediglich auf Gemeindebeschluß die baufällige Kirche St. Ul-
rici abreißen und übertrug den Besitz und alle kirchlichen Rechte auf die Brüdernkirche
(vgl. StadtA. Braunschweig, Urk. des Rates Nr. 1478). Das herzogliche Patronatsrecht an
der Kirche St. Ulrici wurde als aufgehoben betrachtet. Erst 1569 schloß sich Herzog Julius
diesen Abmachungen an und ließ sie dadurch rechtsgültig werden. Die Zerstörung des Stiftes
St. Cyriaci und des Klosters St. Crucis — beide vor den Toren der Stadt gelegen — im Jahre
1542 geschah angeblich allein aus Gründen der Kriegsführung (vgl. Beste, S.53; Hasse-
brauk I, S. 40). Die des Kanonikerstiftes trug dem Rat einen über ein Jahrhundert währen-
den Prozeß beim Reichskammergericht cin.

Für die Ereignisse nach der Rückkehr Herzog Heinrichs d. J. in sein Land 1547 vgl.
H as s eb r auk (I, S. 43 ff.), B e st e (S. 50 ff.). Alle Einsprüche des Herzogs fruchteten nichts,
die Stadt nahm weiterhin das Patronatsrechl an allen Stadtkirchen wahr und verwendete
die Güter und Einkünfte der Stifter und Klöster für eigene Zwecke. Das Interim 1548
rief tumultuarische Entrüstung und hartnäckigenWiderstand in der Stadt hervor (vgl.Hasse-
brauk I, S.47 f.). In demVertrage vom 20. Oktober 1553 zwischen Herzog Heinrich d.J. und
der Stadt Braunschweig (vgl. StA.Wolfenbüttel, Slg.Abt. 40, Nr. 296; gedr.: Brschwg. Hist.
H än del I, S. 157—164; R ehtm e y e r, Chr o nic a, S. 924—929), der den Schlußstein
für diese Auseinandersetzungen bcdeutete und den Beginn der Regelung des rechtlichen Ver-
hältnisses zwischen Stadt. und Landesherrn herbeiführte, erkannte u. a. die Stadt zwar das
Patronatsrecht des Herzogs an, behielt aber bis zu einem deutschen Konzil Religionsfreiheit,
namentlich das Vorschlagsrecht bei den städtischen Pfarren. Auf Wiedereinführung des
katholischen Gottesdienstes in St. Blasii mußte der Herzog verzichten, erhielt andererseits im
Lande in Religionssachen freie Hand (vgl. Hassebrauk I, S. 54 f.). 1561 erlangte zwar
der Herzog die Oberhoheit über die Burg und die Stifter in der Stadt zurück, mußte aber
nochmals versprechen, im Dom St. Blasii den katholischen Gottesdienst nicht wieder ein-
zurichten (vgl. Hassebrauk I, S. 60).

Das Patronatsrecht blieb auch weiterhin einer der Streitpunkte in den politischen Gegen-
sätzen zwischen der Stadt und der Landesherrschaft, wenn auch mit Herzog Julius seit 1568
beide gleiclier Glaubensrichtung waren. Zu Anfang der Regierung dieses Herzogs zwar schien
es, als ob nun hierin Uebereinstimmung eintreten würde. Im Friedensvertrag von 1569 (vgl.
StadtA. Braunschweig, Urk. d. Rates Nr. 1624; StA. Wolfenbüttel, Slg.Abt. 40, Nr. 452, gedr.
bei Rehtmeyer, Chronica, S. 991—1000) wird in Punkt 4 bestimmt, daß sich die An-
wärter auf städtische Pfarren zuerst vor dem Kolloquium der städtischen Geistlichkeit einem
Examen zu unterziehen haben. Genügen sie den Anforderungen, so haben sie sich einem
weiteren Examen des herzoglichen Konsistoriums zu stellen. Sie werden dann auf die Landes-
KO von 1569 (späterhin auch auf das 1576 eingeführte Corpus doctrinae Julium) verpflich-
tet und schließlich von dem Herzog mit der betreffenden Pfarre belehnt.

Bereits 1571 indessen erließ der Rat ein Pfarrstatut, ohne darin den Herzog überhaupt
zu erwähnen. Mit dieser Ordnung hatte es folgende Bewandtnis: Von der eigenmächtigen
Wahrnehmung des PfarrbesteUungsrechtes, das Bugenhagen in der KO 1528 unter Umgehung
der herzoglichen Patronatsrechte vornehmlich in die Hand des Rates gelegt hatte, war be-
reits die Rede. 1560 brachte der Küchenrat mit den Zehnmännern, ein besonderer Ausschuß
des gesamten Rates, eine Deklaration heraus, durch die die kurzgefaßten Bestimmungen der
KO eine Verdeutlichung und Erweiterung erfuhren (vgl. StdtA. Braunschweig, B IV 11
Nr. 162). 1571 aber setzte Chemnitz im Einverständnis mit der gesamten Predigerschaft

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