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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0561
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Kirchenordnung 1564

Von ceremonien, ordnung der lection und
gesang in den kirchen.

Wiewol gottlob bisher in unserm fürstenthumb
christliche ceremonien bey administrirung der
heiligen sacrament und sonst sein gehalten wor-
den, so wollen wir doch dieselbigen hernacher
setzen, damit es allenthalben in den kirchen so
viel deste eintrechtiger möge gehalten und die
pastores, so neu ankomen, wissen mögen, wor-
nach sie sich zu richten.

Und sollen die pastores ihre zuhörer oftmals
fleissig von dem gebrauch der ceremonien unter-
richten und sie vermanen, das sie sich auch au-
sserhalb der predigt bey christlichen gesengen
und ceremonien gerne finden lassen und das mi-
nisterium helfen fürdern, nicht allein ihnenzum
trost, sondern auch andern zum exempel, und
was sie vor nutzbarkeit daraus empfangen, denn
Gott der allmechtige erhelt seine christliche kir-
clien durch solch ministerium, als nemlich durch
die lere des evangelii, reichung der sacrament und
christliche ceremonien. Gott wil auch also durch
die menschen in versamlungen geehret und an-
gebeten sein. Wie der psalm sagt [26, 12]: Sein
lob ist in der versamlung der heiligen. Item: [84,
2; Vulg. 83, 2]: Quam dilecta tabernacula tua,
Domine. Item [26, 8; Vulg. 25, 8]: Dilexi decorem
domus tuae.

Und Christus sagt selbs [Mt 18, 20]: Wo zwen
oder drey in meinem namen versamlet sein, da
wil ich mitten unter ihnen sein. Item [Mt 18, 19]:
Was sie bitten, das sol geschehen.

Und sein solche versamlung sehr schön, lieb-

lich und zum höchsten zu ehren und sein ein
ebenbild der ewigen versamlung im himel.

Darumb hat auch Gott im gesetz Moisi und
die christliche kirche geordnet, das gewisse zeit
und stunde solcher versamlung und christliche
ceremonien sein sollen.

Und wiewol die Christen nicht so eben an ge-
wisse tage, zeit und ceremonien gebunden und in
eusserlichen ceremonien freiheit ist und die re-
gula sagt: Quod dissimilitudo rituum, non tollit
consonantiam fidei 21, wie auch der alten exem-
pel de dissimilitudine temporis Paschatis anzei-
get, dennoch weil es allerley nutzbarkeit mit-
bringet, das eine gleicheit in ceremonien so viel
möglich gehalten werde und solchs auch so viel
deste mehr zu erhaltung der einigkeit in der lere
nutzbar und ersprieslich ist:

So wollen und ordnen wir, das es in unserm
fürstenthumb mit ceremonien und gesengen in
den kirchen solle gehalten werden, wie bisher
geschehen und nach dieser ordnung. Und do es
also nicht gehalten worden, da sol sich hinfür-
der nach dieser ordnung gerichtet und dieselbige
one sonderliche erhebliche ursach nicht unter-
lassen werden.

Und kan gleichwol das gemeine volk zu zeit
von solchen oeremonien, das die gewissen daran
nicht verbunden sein und als solte verenderung
dieser ordnung sünde sein, das aber umb der ju-
gend und ordnung willen solche ceremonien nutz
und einem jeden gebüret, der oberkeit in solchen
sachen, die nicht wider Gott sein, zu gehorsa-
men, wol unterrichtet werden.

Ordnung der ceremonien in pfarkirchen der stedte, in den stiften, klöstern

und da schulen sind.

Sonnabends und andere heilige abend und
feiertage nachmittag. 22

Sol man in stedten zu gewönlicher zeit vesper
singen, nemlich die schüler einen psalm, zwen
oder drey und die antiphen von der dominica
oder fest.

21 Vgl. oben S. 141 u. Anm. 93.

Darnach sol ein knab ein lection aus dem
neuen testament oder aber die zehen gebot, glau-
ben und Vater unser zu zeiten lateinisch, zu zei-
ten deudsch lesen.

Nach der lection sol ein responsorium oder
hymnus de tempore, die rein sein, und darauf

22 Vgl. S. 141 f. u. die dort gegebenen Anmer-
kungen.

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