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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0566
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Lüneburg

Wenn denn etwas fürfellet, davon sonderliche
bit zu thun ist, als vor sonderliche kranken, vor
frauen, die in kindesnöten sein, und was sonst
vor not und sachen des landes oder sonderer per-
sonen fürfallen, das sol diesem gemeinem ge-
bet auch mit kurzen worten angehangen werden.

Dieses gebet sol nach geendigter predigt und
keines zwischen verlesung des evangelii und
auslegung desselbigen geschehen, damit die leute
so viel besser den inhalt des verlesenen evange-
lii behalten und durch das gebet nicht in vergess
desselbigen und andere gedanken gefurt werden.

Es sey denn, das eine frau in kindes oder je-
mands anders in todesnöten were und des ge-
meinen gebets begerte- Denn in diesem fall, da
auch ein geringer verzug könde nachteilig sein,
mag das sonderliche gebet vor dieselbigen vor
oder nach verlesung des evangelii wol gesche-
hen.

Auch sol der prediger zu zeiten die leute ver-
manen, das sie in der kirchen bey der commu-
nion bleiben.

Wenn das gebet nach der predigt geendigt,
sollen die, so zur communion gehen wollen, als-
bald in den chor tretten und niderknien.

So es denn die zeit leidet in festen, sollen in
den stedten prefation gesungen werden de festo,
wie die zu ende dieser ordnung folgen.

Formula exhortationis zum volke, das zum
sacrament gehen wil. 34

Meine allerliebsten in Gott, dieweil wir nu das
abendmal unsers lieben Herrn Jhesu Christi
wollen bedenben und halten, darin uns sein
fleisch zu einer speise und sein blut zu einem
tranke nicht des leibes, sondern der seelen ge-
geben wird, sollen wir billich mit grossem fleis
ein itzlicher sich selbs prüfen, als Paulus sagt
[1. K 11, 28], und denn von diesem brod essen
und von diesem kelche trinken. Denn niemand
sol, sondern allein ein hungerige seel, die ihre
sünde erkend, Gottes zorn und den todt fürch-
tet und nach der gerechtigkeit hungerig und

dürstig ist, dis heilige sacrament empfahen. So
wir aber uns selbs prüfen, finden wir nichts in
uns denn sünd und tod, können uns auch selbs
in keinem wege daraus helfen. Darauf hat xm-
ser lieber Herr Jhesus Christus sich uber uns
erbarmet, ist umb unser willen mensch gewor-
den, das er vor uns das gesetze erfüllete und
lidde, was wir mit unsern sünden verschuldet
hetten. Und das wir ja festiglich gleubeten und
uns frölich darauf verlassen möchten, nam er
nach dem abendessen das brod [vgl. 1. K 11, 23
— 25], sagte dank, brach es und sprach: Nemet
hin und esset, das ist mein leib, der vor euch
gegebenwird. Als wolter sagen: Das ichmensch
bin worden und alles, was ich thue und leide,
das ist alles euer eigen, vor euch und euch zu
gute geschehen. Und des zu einem wahrzeichen
gebe ich euch meinen leib zu einer speise. Des-
gleichen auch den kelch und sprach: Nemet hin
und drinket aus diesem alle, das ist der kelch
des neuen testaments in meinem blut, das vor
euch und viel vergossen wird zu vergebung der
sünden. Als oft ihr das thut, so thut es zu mei-
ner gedechtnis. Als wolt er sprechen: Dieweil
ich mich euer angenomen und euer sünde auf
mich geladen habe, wil ich mich selbs für die
sünde opfern, mein blut vergiessen, gnad und
vergebung der sünde erwerben und also einneu
testament aufrichten, darin der sünde ewignicht
sol gedacht werden. Des zu einem wahrzeichen
geb ich euch mein blut zu trinken. Wer nu also
von diesem brot isset und aus diesem kelch trin-
ket, das ist, wer diesen worten, die er hört, und
diese zeichen, die er empfehet, festiglich gleu-
bet, der bleibet in Christo und Christus in ihm
und lebet ewiglich. Darbey sollen wir nu seines
todes gedenken und ihm von herzen danksagen,
ein iglich sein kreuz auf sich nemen und dem
Herrn nachfolgen und vor allen dingen einer den
andern lieben, gleich als uns Christus geliebet
hat. Denn es ist ein brot und wir viel ein leib,
die wir eines brodes teilhaftig werden [1. K. 10,
17] und alle aus einem kelche trinken.

34 Vgl. S. 146 f. u. die Anmerkungen dort.

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