Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0567
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kirchenordnung 1564

Das wir aber alle samptlich nach jetzt gehor-
ter lere und vermanung in rechtem warhaftigen
glauben und bussfertigkeit das heilige sacra-
ment wirdiglich empfahen mögen, so wollen wir
Gott den Vater im namen Christi anruffen und
von grund des herzen ein andechtig Vater unser
sprechen.

Ein ander exhortation. 35

Mein allerliebsten, uns wird stets durch die
predigt des evangelii Christi fürgehalten, das
wir von uns selbs unwissen, arme sünders und
verloren sein, und dieweil wir nicht mehr von
uns selbs sein denn fleisch und blut, derwegen
wir uns auch mit unserem verstande und vermö-
gen nicht können los machen aus dem strengen
gericht Gottes und von der gewalt des teufels,
darein wir gefallen sind durch die ubertrettunge
der gebot und des willen Gottes, so hat Gott
unser unvermögen bas erkant denn wir und hat
vor uns gegeben als ein gnediger Vater seinen
eingebornen Son Jhesum Christum, das wir
durch sein evangelium erleuchtet und durch sei-
nen todt erlöset worden von unsern sünden und
durch ihn kinder Gottes worden, ewig selig,
so wir das gleubten. Solchs lest er uns stets
predigen, wer das gleubet, der hat gewis
das ewige leben. Auf solchen glauben und
zu solcher seligkeit werden wir auch getauft,
da sollen wir stets in bleiben, so bleiben wir
in Christo und Christus in uns. So essen wir
stets on unterlas geistlich mit dem glauben den
leib Christi und trinken sein blut, das ist, wir
werden Christo eingeleibet, das wir eins mit
ihm werden, damit das wir gleuben, das er sein
leib vor uns in den todt gegeben hat und sein
blut vor uns am kreuze vergossen, darauf ver-
lassen wir uns zur seligkeit wider alle falsche
lere, alle sünde, anfechtung und not. Aus wel-
cher wolthat Christi wir auch lernen, welche
lieb und gedult wir uben sollen gegen unsern
nehesten, auch gegen unsern feinden, was wol-

35 Vgl. S. 147 u. Anm. 17.

ten wir mehr? Doch das wir nicht vergessen
oder trag würden, als wir leider werden, zu sol-
chem glauben der menschwerdung und todes
Christi, hat er uns auch ein besonder gedecht-
niss oder verkündunge seines todes, so oft wir
wollen, befohlen, das wir auch im auswendigen
sacrament, der vernunft verborgen, alleine dem
glauben aus dem wort Christi bekant, essen sol-
len und trinken sein leib und blut, das wir ja
nicht zweiveln sollen, sein todt und blutvergie-
ssung am kreuze sey unser gewisse seligkeit.
Davon sollen wir singen, lesen, predigen, hören,
gleich wie wir in der misse thun, und nachmals
auch davon reden und unter einander verkündi-
gen uns zu trost und vielen zur seligkeit nach
dem befehl Christi: Solchs thut zu meinem ge-
dechtnis [1. K 11, 25].

Wer nu wirdig wil essen und trinken das sa-
crament, der sol zwey ding thun: Er sol gleu-
ben, was Christus sagt, und thun, was er gebeut.
Er sagt [1. K 11, 24]: Das ist mein leib, der für
euch gegeben wird. Das ist mein blut, das für
euch ausgegossen wird zur vergebung der sün-
den, solches sollet ihr gleuben. Er gebeut aber:
Nemet hin, esset und trinket alle daraus und
gedenket meiner. Solchs sollet ihr thun nach
seiner gnaden wort und befehl. Das uns aber
der allmechtige Gott und barmherziger Vater
seinen heiligen Geist reichlich mitteilen wolle,
auf das wir durch desselbigen gnade uns dieser
zweier stücke von grund des herzen befleissigen
mögen und also das heilige sacrament wirdig-
lich empfahen zu sterkung unsers schwachen
glaubens und besserung unsers sündlichen le-
bens, so wollen wir ihnen darumb anruffen und
in dem namen Christi beten von grund des her-
zen ein andechtig Vater unser etc.

Alia forma exhortationis. 36

Nachdem wir durch den fall und ubertrettung
unser aller eltern Adam und Eva sein in sünde
gefallen und des ewigen todes schüldig worden,

36 Vgl. S. 147 ff. u. Anm. 18.

68

547
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften