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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0672
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Lüneburg

schutzen und zur ewigen seligkeit vorhelfen.
Amen.

I. caput.

De vocatione ministrorum verbi.

Nachdem in der epistel zun Hebreer ahn dem
5. cap. [4] geschrieben stehet: Niemand nimpt
ihme selber ehre, sondern der auch beruffen
sey von Godt, gleich wie der Aaron, 2. auch be-
findlichen, das Godt almechtiger in dem alten
testament alle propheten, wie auch der Herr
Christus in dem neuen die lieben apostelen,
selbst geesschet 8 und beruffen, 3. und vieler-
ley grosse wichtige und erhebliche ursachen
vorhanden seind, umb welcber willen niemand
zu dem heiligen kirchenampte, welchs omnium
piorum iudicio das aller furtrefflichste und noth-
wendigste ambt uff erden ist, gestattet werden
mag, ehr sey dan zuvor durch diejennen, so das
jus vocandi ahn einem jedem orte haben, ge-
burlicherweyse geesschet und beruffen, 4. auch
klar ahm tage, das dieses nicht alleine allewege
von alters hero bey dem lieben heiligen pro-
pheten und apostelen und allen ihren christ-
lichen nachfolgern also gebreuchlich gewesen,

sondern auch noch zu jetziger zeit in allen recht
und wolbestalten kirchen mit allem vleisse also
gehalten wird:

So hat mans derowegen solchem ernstlichen
befhelich Gottes, der prophetischen, apostoli-
schen und allgemeinen christlichen kirchen
exempel nach aus sondern bedenklichen ur-
sachen alhie auch in dieser kirchen stets also
gehalten, das man niemand ohne gewisse voca-
tion ins ministerium aufgenommen oder zu dem
ampte der kirchen gestattet, wird auch billig
hinfurder in deme obgedachten gebotte Gottes
aller rechten frommen Christen exempel nach
zu vorhuetung allerley unraths und bösen, das
man nicht vor Christi des sathans diener, vor
einen getreuen pastor einen reissenden wolf
bekomme und vor die seligkeit zur helle vor-
fuehret werde, mit sonderlichem ernste und hög-
stem vleisse also gehalten.

Man hat auch in der kirchen, daruber ein er-
bar radt dieser stadt das jus patronatus 9 hat,
als nemblich zu S. Johanse 10, S. Lamberte 11
und S. Niclas 12, zu unser lieben frauen 13, zum
grossen heiligen Geiste 14, wie auch zu S. Nic-

8 = berufen, gefordert.

9 Vgl. oben, Einleitung, S. 628.

10 Die Johanniskirche war die allein vollgültige
Pfarrkirche der Sta.dt, Johannes dem Täufer ge-
weiht, gelegen im Südosten der Stadt an der
Ilmenaubrücke, wo sich die alte Siedlung
Modestorpe befunden hatte. Modestorpe, das
dann mit den Siedlungen am Kalkberg und
an der Solquelle zu der Stadt Lüneburg zu-
sammengewachsen war, war bis 1445 Archi-
diakonatssitz gewesen. An der Stelle der 1300
bis 1370 erbauten Johanniskirche hatte sich
wahrscheinlich schon seit dem 8. Jhdt. eine
Johannes dem Täufer geweihte Taufkirche
befunden, die bei der Wendenmission von Be-
deutung gewesen war. Die zweite Pfarrkirche
war die zur Burgsiedlung gehörende St. Cyria-
cuskirche, der jedoch seit der Zerstörimg der
Burg 1371 keine Bedeutimg mehr zukam, da
sie sich nach Errichtung der neuen Stadt-

mauer außerhalb der Stadt befand. Abgeris-
sen wurde sie erst 1639. Vgl. J. G. Bertram,
S. 2 ff., 18 f.; O. Jürgens, S. 26 f., 110; W.

Reinecke I, S. 46 f.; G. Matthei, Vikariestif-

tungen, S. 1 f.; ders., Die Johanniskirche in

Lüneburg. 1950, S. 2.

11 Die Lambertikirche war trotz ihrer Größe
nur als Kapelle anerkannt, vgl. Einleitung,
S. 628. Sie gehörte äixßerlich und innerlich
zur Saline (im Südwesten der Stadt), deren
Angehörigen sie im Mittelalter nicht nur zu
gottesdienstlichen, sondern auch zu welt-
lichen Versammlungen diente. So war sie die
Versammlungsstätte des Sülzparlaments. Ab-
gebrochen wurde sie 1861. Vgl. J. G. Bertram,
S. 29 ff.; O. Jürgens, S. 27, 110; W. Reinecke
I, S. 48, 367; II, S. 483 f.

12 Große Kapelle im nordöstlichen Teil der Stadt,
1409 eingeweiht, vgl. J. G. Bertram, S. 31 f.;
W. Reinecke I, S. 48.

13 Kirche des Franziskanerklosters (vgl. S. 638,
Anm. 20). Die Kirche wurde 1576—1580 neu
gebaut, 1818 abgebrochen. Vgl. J. G. Bertram,
S. 32 ff.; O. Jürgens, S. 110; W. Reinecke I,
S. 48; II, S. 15 f„ 440.

14 Hospitalkirche bei der Saline, 1867 abge-
brochen, vgl. J. G. Bertram, S. 36 f.; O. Jür-
gens, S. 27, 110; E. Zechlin, S. 12, 49; W.
Reinecke I, S. 48, 113; II, S. 503.

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