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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0706
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Lüneburg

ben, 183 ihne aufs allervleissigste zur busse vor-
mhanet hat, und wo dan solche vormhanung
bey ihnen, wie des propheten Nathans bey
dem könig David, haftet und frucht schafflet,
mach ehr sie, soferne ihre sunde noch heimlich
vorhorgen, alleine, so sie aber offenbar und viele
dadurch geergert, in beysein gewisser zeugen
ohne weitere anzeigung, wie alhir gebreuchlich,
annhemen.

2. So aber solche vormhanung des pastoris
oder beichtvatters, so einmhal oder drey gesche-
hen soll, nicht helfen will, so soll gedachter
beichtvatter oder pastor die mitgehulfen in sei-
ner kirchen dazuh nhemen, obgedachterweise
in beysein und kegenwertigkeit derselben noch
zu dreyen underschiedenen mhalen mit ihnen
vorfahren, und so sie sich dadurch zur bekeh-
rung bewegen lassen, in beysein derselben, wan
sie von ihren sunden absolviret zu werden be-
geren, widerumb annhemen, oder so sie mit ihren
offentlichen sunden die gemeine Gottes geergert,
noch zwen andere glaubwirdige zeugen darzu
furderen und in derselben kegenwertigkeit ernst-
liche busse und rechtschaffene bekehrung an-
loben lassen.

3. Wo dasselbe aber keine frucht will schaf-
fen und sie nicht destoweiniger in ihrem ge-
fasten irthumb vorharren oder in unbusfertig-
keit hingehen, so soll es gemelter beichtvatter
oder pastor dem ganzen ministerio anzeigen,
welchs nach vleissiger anruffung des Sohns Got-
tes und gehabtem rath nach gelegenheit der
sachen dieselben vor sich oder etzliche aus ihrem
mittel vorbescheiden und abermhal, wie oben
vormeldet, mit ihnen handlen und sie zur be-
kehrung zu reizen, hochstes vleisses sich bear-
beiten sollen, und wo ein solcher handel frucht
schaffen wird, mag man sie, wen sie sich mit
Godt zu vorsuhnen begeren, in beysein derselben
personen, durch welche sie zuvor vormhanet
worden und die ahn ihnen gearbeitet haben,

18aEp. LI; MSL 16,1159 ff. Vgl. dazu H. v. Cam-
penhausen, Ambrosius v. Mailand als Kir-
chenpolitiker. Arbeiten zur Kirchengesch. 12.
1929, S. 237 ff.

widerumb, wie oben angezeigt worden, an-
nehmen.

4. Wo sich aber jemand dadurch auch nicht
bewegen lassen, sunder auf seinem vornhemen
muttwilliglichen vorharren, in seinen sunden
vortfharen und etwa nach der andern und drit-
ten ladung aussen pleiben wurde, eine solche
persone soll man nach der lehre und befhelich
Christi, Matt. 18. cap.[17], vor ein abgeschnittenes
glied, als einen zollner und heiden halten.

Das ist, wo einer in offentlichen sunden oder
irthumb vorharren wurde, den soll man nicht
zum hochwirdigen und heiligen sacramente ge-
hen oder bey der taufe gefatter stehen lassen,
wie der Ambrosius den tirannen Maximum mit
grosser bestendigkeit von der communion ab-
gewieset 19. Oder man soll auch keine sondere
gemeinschaft mit ihme haben, sondern, soviel
immer muglich und ohne empörung und ge-
meines friedens zerstörung geschehen kan, mei-
den, wie gemelter bisschoff Ambrosius den
Theodosium aus der gemeine vorwiesen und
nicht in die kirche kommen lassen wollen 20, da-
mit sie ihre sunde nicht vor geringe achten,
ohne reue und leid sicher dahingehen, sondern
die wichtigkeit und grösse derselben desto besser
erkennen lernen, in ansehung derselben sich
schemen, zu wahrer reue und leid und ernster
busse beweget werden und der ewlgen vordam-
nus desto leichtlicher entlaufen mugen.

Jedoch soll man sie nicht offentlichen pro-
clamiren oder bey nhamen von der kanzel
ausschreyen, sondern die sunde dermassen in
genere und specie straffen, das mans dennoch
woll vorstehen kan, wehr furnemblich damit ge-
meinet wird.

2. Auch soll man sie nicht von dem worte
oder von der lehre absondern; den sollen sie
widerumb zur kirchen und gemeine kommen,
sich von ihren offentlichen lasteren bekehren
und busse thuen, so mussen sie Gottes wort

19 Vgl. Paulinus, Vita Ambrosii, 19; MSL 14,33.

20 Vgl. oben S. 679, Anm. 5.

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