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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2006 — 2006

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I. Das Geschäftsjahr 2006
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Antrittsreden
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Frisch, Wolfgang: Antrittsrede vom 15. Juli 2006
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https://doi.org/10.11588/diglit.66961#0126
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ANTRITTSREDEN

ten. Das war schwierig und mühsam, aber es gelang, nicht zuletzt wegen meiner stets
hilfs- und vor allem diskussionsbereiten Bonner Kollegen. Die Bonner Zeit war
kurz. Schon während meines zweiten Semesters an der dortigen Fakultät erhielt ich
einen Ruf an die Fakultät für Rechtswissenschaft in Mannheim sowie aus Berlin die
Anfrage, ob ich bereit sei, einen bevorstehenden Ruf an die Freie Universität anzu-
nehmen.
Ich entschied mich für Mannheim — nicht zuletzt wegen der damaligen poli-
tischen Ereignisse und Verhältnisse in Berlin. Es war eine gute und richtige Ent-
scheidung. Der Fakultät in Mannheim gehörte eine Reihe von Hochschullehrern
an, die an einem Gedankenaustausch über Grundfragen des Rechts in hohem Maße
interessiert war. Da auch die Gremienarbeit überschaubar war und die Last der Lehre
sich in Grenzen hielt, war eigene wissenschaftliche Arbeit, zumindest in den ersten
zehn Jahren, wirklich möglich. In Mannheim kam es allmählich zu einer Verschie-
bung meiner Erkenntnisinteressen. Die Arbeit im Bereich der Rechtsfolgen des
Strafrechts wurde zwar weitergepflegt. In den Mittelpunkt rückten aber immer mehr
rechtstheoretische und klassische strafrechtliche Problemstellungen. Abgesehen von
Arbeiten zur strafrechtlichen Systembildung beschäftigten mich nunmehr vor allem
Fragen wie die strafrechtliche Bewertung riskanter Verhaltensweisen, Zuständigkei-
ten zur Risikovermeidung, Verantwortungsbereiche beim Tätigwerden mehrerer
Personen sowie die Frage der Zurechnung von Folgen in diesen Fällen. Mein
Bemühen war es dabei, solchen neuen Problemstellungen des Strafrechts durch eine
normativierende Neubestimmung der objektiven Tatseite der Deliktstatbestände
Rechnung zu tragen. Ergänzt wurden diese Bemühungen durch eine neue Sicht
auch der subjektiven Tatseite, nämlich den Bezug des Vorsatzes auf missbilligte Risi-
ken. Die Ergebnisse dieser Überlegungen schlugen sich in mehreren Monographien
nieder, fanden ihren Niederschlag aber auch in kleineren Arbeiten, die das Neuerar-
beitete in Richtung auf aktuelle Fragestellungen auswerteten — etwa das Problem der
strafrechtlichen Produktverantwortlichkeit, die strafrechtliche Behandlung selbstge-
fährdender Verhaltensweisen oder die Aids-Problematik. Zu den Rechtsfolgen ent-
stand in der Mannheimer Zeit noch eine weitere Monographie, die den gesetzlich
häufig geforderten Prognosen galt. Solche Prognosen über zukünftiges Täterverhal-
ten sind in vielen Fällen mangels ausreichenden Erfahrungsmaterials kaum möglich.
Möglich sind oft allein ungefähre Aussagen zu Risiken. Auf dieser Erkenntnis auf-
bauend habe ich versucht, den Gesamtbereich so genannter prognoseorientierter
Entscheidungen durch eine normative Theorie des rationalen Umgangs mit Risiken,
aber auch des Umgangs mit Unwissen, neu zu fundieren — wobei der Vergleich zwi-
schen den Ergebnissen der theoretischen Ausarbeitung und der Praxis zeigt, dass
diese intuitiv durchaus in diesem Sinne verfährt.
Insgesamt waren die Jahre an der Mannheimer Universität eine außerordent-
lich schöne und fruchtbare Zeit; ich blieb der Fakultät trotz mehrerer Rufe treu.
Nicht mehr widerstehen konnte ich allerdings einem Ruf an die Universität Frei-
burg, den ich im Jahre 1991 erhielt. Was mich an Freiburg neben vielem anderen
reizte, war die dezidiert internationale Ausrichtung der Fakultät und insbesondere
auch des Strafrechts sowie die Nähe zum Max-Planck-Institut für internationales
 
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