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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2006 — 2006

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I. Das Geschäftsjahr 2006
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Antrittsreden
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Zimmermann, Bernhard: Antrittsrede vom 9. Dezember 2006
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https://doi.org/10.11588/diglit.66961#0136
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ANTRITTSREDEN

Antrittsrede von Herrn BERNHARD ZIMMERMANN
an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 9. Dezember 2006.

Verehrter Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
auch wenn ich mich schon seit Jahren zur schreibenden
und redenden Zunft wissenschaftlichen Zuschnitts
zählen darf und mich dazu noch in letzter Zeit inten-
siv mit der Form der Autobiographie befasse und
schließlich die griechisch-römische Rhetorik eine
Vielzahl von Anweisungen zur Eröffnung einer Rede
vor einem illustren Publikum bereitstellt: auch wenn all
dies der Fall ist, hat mir - ich gestehe es ganz offen —
meine Antrittsrede vor der Akademie einiges Kopfzer-
brechen verschafft, aber, da der Anfang gemacht war, hat das Grübeln doch zu einem
Ergebnis geführt, allerdings keinem aufregenden, wie Sie hören werden.
Am 3. Oktober 1955 wurde ich in Konstanz am Bodensee geboren und bin
dort auch, wie es sich für einen seßhaften Seealemannen gehört, die nächsten Jahr-
zehnte geblieben. Nach der Grundschule - mitten in der Altstadt neben der Kirche
Sankt Stephan - wechselte ich zum Erstaunen, ja zum Entsetzen meiner Eltern und
Lehrer und auch gegen ihren Rat auf das jenseits der Brücke liegende humanistische
Heinrich-Suso-Gymnasium, obwohl es doch rechtsrheinisch zwei „moderne“ Gym-
nasien gab, die zu Fuß erreichbar waren, und da Mitte der 60er Jahre des letzten Jahr-
hunderts die beiden alten Sprachen allmählich aus der Mode kamen. Die humani-
stische Bildung, die mir am Suso-Gymnasium von ihren Stoffen begeisterte und des-
halb selbst begeisternde Lehrerinnen und Lehrern vermittelten, die Welt der
Literatur, die sie mir eröffneten, prägen bis heute meinen Lebensweg. Trotz des drin-
genden Rats meiner Lehrer, zum Studium nach Freiburg zu wechseln — das
Gymnasium war damals durchweg mit Alt-Freiburgern besetzt —, nahm ich 1975 das
Studium der Klassischen Philologie an der erst wenige Jahre zuvor gegründeten
Universität Konstanz auf — von Klassischer Philologie sprach man allerdings nicht,
sondern man studierte griechische und lateinische Literatur im Rahmen der Litera-
turwissenschaft. Und tatsächlich bot der offene interdisziplinäre Geist, der in den
Gründungsjahren an der Bodensee-Universität herrschte, mannigfache Gelegenheit,
über den Zaun der reinen Fachwissenschaft zu schauen, für die man eingeschrieben
war - wenn man denn wollte. So hörte ich neben meinen eigentlichen akademi-
schen Lehrern, meinem Doktorvater, dem Gräzisten Hans-Joachim Newiger, und
dem Latinisten Manfred Fuhrmann, die mich in ganz unterschiedliche Richtungen
leiteten, Hans Robert Jauß und Wolfgang Iser, Wolfgang Schuller, Jürgen Mittelstraß
und Wolfgang Preisendanz. Hans-Joachim Newiger eröffnete mir die Welt des anti-
ken Dramas und Theaters, das bis heute mein zentraler Forschungsschwerpunkt ist,
Manfred Fuhrmann weckte die komparatistische Leidenschaft, die mir ebenfalls in
 
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