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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2023 — 2023(2024)

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Lothar Ledderose


Abb. 3: Professor Luo Zhao erklärt unserem Team eine Inschrift von 955 im Wolkenheimkloster, Oktober 2023.

schriebenen Schriften. Aber die Schriften in Stein würden die Apokalypse über-
stehen und in einem zukünftigen Weltzeitalter den dann lebenden Menschen die
Lehre des Buddha verkünden. Dass die Menschheit der Zukunft chinesisch lesen
könnten, war für die Mönche keine Frage.
Nach der Donnerklanghöhle meißelten die Mönche weitere Grotten in den
Berg, in denen sie die Sutrasteine aber nicht mehr in die Wände einließen, son-
dern einfach stapelten. Die steinernen Tore dieser Grotten haben keine Schlösser.
Sie sollten erst nach dem Weltuntergang wieder geöffnet werden. Als der Welt-
untergang ausblieb, verlegten die Buddhisten ihn einfach um 500 Jahre auf das
Jahr 1053, aber um 1200 n.Chr. hörten die Mönche dann doch auf zu arbeiten.
Die letzten zehntausend Platten trugen sie auch nicht mehr auf den Berg hinauf,
sondern vergruben sie im Klostergelände. Über 31 Millionen Zeichen hatten sie
eingemeißelt. Es ist das größte epigraphische Projekt der Weltgeschichte.
Durch die Jahrhunderte haben die Mönche in zum Teil sehr ausführlichen
Parainschriften ihre Arbeit kommentiert. Die letzten stammen von 2004, und im-
mer wieder kommen neue Informationen zu Tage. Zum Beispiel berichtet eine
Inschrift von 965, wie ein Abt Qianfeng das Kloster über ein Jahrhundert nach der
großen Buddhistenverfolgung von 845 wiederaufgebaut und damit die Grundlage
für die Weiterführung des Meißelprojektes gelegt hat. Diesmal hat uns Prof. Luo
Zhao von der chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften in einer anderen

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