Nachruf auf Wolfgang Röllig
der Spätzeit2, studierte in diesem Zusammenhang die Wechselwirkung zwischen
griechischer und orientalischer Welt und gewann grundlegende Erkenntnisse über
die griechische Phonetik in der Seleukidenzeit.
Die Wertschätzung, die man bereits dem jungen Gelehrten entgegenbrachte,
spiegelt sich darin, dass man ihm schon 1961 die Aufgabe übertrug, in dem von
Hans Wilhelm Haussig herausgegebenen Wörterbuch der Mythologie den Abschnitt
über Syrien maßgeblich zu konzipieren und auszuarbeiten. Wolfram von Soden
erhielt 1961 einen Ruf an die Universität Münster. Wolfgang Röllig folgte seinem
Mentor. Noch bevor er seine in Münster entstandene Habilitationsschrift mit dem
Titel „Materialien zur Chronologie des 2. Jahrtausends v. Chr. in Mesopotamien"
eingereicht hatte, erhielt er 1965 einen Ruf auf den an der Tübinger Universi-
tät neugeschaffenen Lehrstuhl für Altorientalistik. Als er dort 1966 seinen Dienst
antrat, gab es das Altorientalische Seminar der Universität Tübingen noch nicht.
Es war die erste Aufgabe des frischberufenen Professors, gewissermaßen aus dem
Nichts das in den folgenden Jahrzehnten wirkmächtige Institut zu schaffen. Der
Tübinger Universitätsleitung war dabei nicht entgangen, dass Wolfgang Röllig auch
ein kluger und höchst effektiver Organisator war. So übertrug man ihm alsbald die
Leitung des Studentenwerks Tübingen e.V, die er von 1968-1970 innehatte. Von
1970-1972 war er dann Dekan der neugegründeten Fakultät für Altertums- und
Kulturwissenschaften. In seiner Universität und in der wissenschaftlichen commu-
nity bestens vernetzt, führte er im Anschluss daran von 1972-1993 als Sprecher den
bis heute berühmten Sonderforschungsbereich Tübinger Atlas des Vorderen Orients,
den er maßgeblich prägte. Durch die Einbindung in einen weitreichenden Fächer-
verbund öffnete Wolfgang Röllig der Altorientalistik ein breites Tor in die dringend
eiwünschte Interdisziplinarität, die er mit seinen epochalen Forschungen zur his-
torischen Geographie exemplarisch vorlebte. Er gab nicht nur das monumentale
Standardwerk Repertoire Geographique des Textes Cuneiformes und ein umfangreiches
zugehöriges Kartenwerk heraus. Unter seiner Ägide wurden in Syrien am Unte-
ren Habur zwischen 1975 und 1977 auch Surveys durchgeführt, die unser Wissen
um die Siedlungsgeschichte dieses Raumes revolutionierten und bedeutende ar-
chäologische Aktivitäten anregten. Die Ausgrabungen in Tell Schech Hamad, dem
assyrischen Dür-Katlimmu, die Hartmut Kühne zwischen 1978 und 2010 durch-
führte, sind eine Frucht des Tübinger Sonderforschungsbereichs. Über Jahrzehn-
te hat sich Wolfgang Röllig der Veröffentlichung der zahlreichen Schriftzeugnisse
gewidmet, die in Tell Schech Hamad entdeckt worden waren. Kaum ein anderer
wäre in der Lage gewesen, keilschriftliche mittelassyrische Tontafelarchive aus der
Mitte des 2. Jt. v. Chr. und aramäische Schriftzeugnisse des 1. Jt. vor unserer Zeit
gleichermaßen kompetent zu erschließen!
2 Orientalia, Nova Series 29 [1960], 376-391.
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der Spätzeit2, studierte in diesem Zusammenhang die Wechselwirkung zwischen
griechischer und orientalischer Welt und gewann grundlegende Erkenntnisse über
die griechische Phonetik in der Seleukidenzeit.
Die Wertschätzung, die man bereits dem jungen Gelehrten entgegenbrachte,
spiegelt sich darin, dass man ihm schon 1961 die Aufgabe übertrug, in dem von
Hans Wilhelm Haussig herausgegebenen Wörterbuch der Mythologie den Abschnitt
über Syrien maßgeblich zu konzipieren und auszuarbeiten. Wolfram von Soden
erhielt 1961 einen Ruf an die Universität Münster. Wolfgang Röllig folgte seinem
Mentor. Noch bevor er seine in Münster entstandene Habilitationsschrift mit dem
Titel „Materialien zur Chronologie des 2. Jahrtausends v. Chr. in Mesopotamien"
eingereicht hatte, erhielt er 1965 einen Ruf auf den an der Tübinger Universi-
tät neugeschaffenen Lehrstuhl für Altorientalistik. Als er dort 1966 seinen Dienst
antrat, gab es das Altorientalische Seminar der Universität Tübingen noch nicht.
Es war die erste Aufgabe des frischberufenen Professors, gewissermaßen aus dem
Nichts das in den folgenden Jahrzehnten wirkmächtige Institut zu schaffen. Der
Tübinger Universitätsleitung war dabei nicht entgangen, dass Wolfgang Röllig auch
ein kluger und höchst effektiver Organisator war. So übertrug man ihm alsbald die
Leitung des Studentenwerks Tübingen e.V, die er von 1968-1970 innehatte. Von
1970-1972 war er dann Dekan der neugegründeten Fakultät für Altertums- und
Kulturwissenschaften. In seiner Universität und in der wissenschaftlichen commu-
nity bestens vernetzt, führte er im Anschluss daran von 1972-1993 als Sprecher den
bis heute berühmten Sonderforschungsbereich Tübinger Atlas des Vorderen Orients,
den er maßgeblich prägte. Durch die Einbindung in einen weitreichenden Fächer-
verbund öffnete Wolfgang Röllig der Altorientalistik ein breites Tor in die dringend
eiwünschte Interdisziplinarität, die er mit seinen epochalen Forschungen zur his-
torischen Geographie exemplarisch vorlebte. Er gab nicht nur das monumentale
Standardwerk Repertoire Geographique des Textes Cuneiformes und ein umfangreiches
zugehöriges Kartenwerk heraus. Unter seiner Ägide wurden in Syrien am Unte-
ren Habur zwischen 1975 und 1977 auch Surveys durchgeführt, die unser Wissen
um die Siedlungsgeschichte dieses Raumes revolutionierten und bedeutende ar-
chäologische Aktivitäten anregten. Die Ausgrabungen in Tell Schech Hamad, dem
assyrischen Dür-Katlimmu, die Hartmut Kühne zwischen 1978 und 2010 durch-
führte, sind eine Frucht des Tübinger Sonderforschungsbereichs. Über Jahrzehn-
te hat sich Wolfgang Röllig der Veröffentlichung der zahlreichen Schriftzeugnisse
gewidmet, die in Tell Schech Hamad entdeckt worden waren. Kaum ein anderer
wäre in der Lage gewesen, keilschriftliche mittelassyrische Tontafelarchive aus der
Mitte des 2. Jt. v. Chr. und aramäische Schriftzeugnisse des 1. Jt. vor unserer Zeit
gleichermaßen kompetent zu erschließen!
2 Orientalia, Nova Series 29 [1960], 376-391.
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