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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2023 — 2023(2024)

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C. Die Forschungsvorhaben

Dr. Virginia Mastellari
Mitarbeiterin des Projekts „Kommentierung der Fragmente der griechischen Ko-
mödie"
Förderung: Tagung „Greek New Comedy beyond Meander: A Reappraisal"
Was man bisher über die griechische sog. Neue Komödie (Ende 4. bis 3. Jh. v. Ch.)
liest, stützt sich fast ausschließlich auf die Werke Menanders, da uns von dieser
Phase der griechischen Komödie nur fünf Stücke Menanders fast vollständig
überliefert sind. Dies vermitteltjedoch ein unvollständiges und verzerrtes Bild der
Gattung: Die Konzeption einer literarischen (Unter)gattung im Ganzen kann sich
nicht auf das Werk eines einzigen Autors stützen, da dies eine einseitige Sicht zur
Folge hätte.
Menander ist aber nicht der einzige Komödiendichter, von dem uns etwas er-
halten geblieben ist: Wir lesen noch aufschlussreiche Fragmente anderer komischer
Dichter, die bisher weitgehend vernachlässigt wurden. Viele dieser Fragmente, die
übeiwiegend unerforschtes Material darstellen, lassen sich thematisch und sprach-
lich und auch im Hinblick auf die Charaktere der Neuen Komödie zuweisen.
Bekanntermaßen waren die Autoren der Neuen Komödie das erklärte Vorbild
für das römische komische Theater. Die römischen Komödiendichter verweisen
immer wieder darauf, dass ihre Stücke Bearbeitungen der griechischen Originale
sind. In der Forschung wird schon seit langem intensiv und kontrovers diskutiert,
wie ,Bearbeitung' zu verstehen ist: als Übersetzung, als Inspiration zu einem ei-
genständigen Stück, als eine oberflächliche oder tiefer gehende ,Romanisierung'
eines griechischen Textes? Es zeigt sich, dass abgesehen von den bekannten Fällen,
in denen die griechische Vorlage einer römischen Komödie mit einem gewissen
Grad an Sicherheit bekannt ist, eine eingehendere Erforschung der griechischen
komischen Fragmente aus dem späten 4. und 3. Jahrhundert dazu beitragen kann,
neue Verbindungen zwischen beiden Traditionen zu finden und damit auch neue
Erkenntnisse über den Akkulturationsprozess in Rom im 3. und 2. Jahrhundert v.
Chr. zu gewinnen.
Ziel der Tagung, die vom 16. bis 18.11.2023 in Meran stattfand, war es, Men-
anders Zeitgenossen zu berücksichtigen und ein vollständigeres Bild der Formen,
Sprache, Performance und allgemein des komischen griechischen Theaters im 4.
und 3. Jahrhundert v. Chr. zu zeichnen. Die Kommentare zu den Autoren der
Neuen Komödie und das Interesse, das die Texte der Rivalen Menanders geweckt
haben, machen es unabdingbar, ein neues Kapitel der Theatergeschichte zu sch-
reiben, das sich nicht nur auf die Dichter des Kanons beschränkt, sondern die
gesamte überlieferte Tradition mit einbezieht.

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