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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2023 — 2023(2024)

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Tag der interdisziplinären Wissenschaftskommunikation

Nachhaltigkeit an der Universität Hamburg, zu brisanten Themen im Bereich
der Wissenschaftskommunikation befragt wurde. Das Interview ist betitelt mit ei-
nem Zitat von Frau Kleinen-von Königslöw: „Wissenschaft ist als System wieder
politisch aufgeladener".1 Das kleine Wörtchen „wieder" in Kombination mit der
Steigerungsform „aufgeladener" ließ die WIN-Kolleg-Sprecherin kurz innehalten
- war Wissenschaft vor einigen Jahren weniger politisch? Wohl kaum. Wenn wir
Wissenschaft als ideologisch verstehen, also ideologisch im Sinne, dass immer von
einem bestimmten Standpunkt aus geforscht wird, also Wissenschaft perspektivier-
tes Wissen hervorbringt, dann ist Wissenschaft immer ideologisch. Wir forschen
an einem bestimmten Ort mit einer historisch bedingten Ausgangssituation, mit
soziokulturellen Implikationen. Auch sind wir alle auf eine ganz bestimmte Weise
sozialisiert und forschen nie neutral, sondern immer perspektiviert. Je nachdem,
was man unter dem Wörtchen „politisch" versteht, ist jede Wissenschaftlerin und
jeder Wissenschaftler demnach auch politisch, selbst wenn er oder sie keine politi-
schen Themen behandelt oder sich zu diesen äußert. Ist Wissenschaft also wirklich
politischer aufgeladen als noch vor einigen Jahren? Frau Kleinen-von Königslöw
gibt darauf eine Antwort: Es sei die rasante Entwicklung im Bereich der Social
Media, die Wissenschaft politisiert. Und Frau Kleinen-von Königslöw skizziert das
Beziehungsgefüge innerhalb der Wissenschaftskommunikation. Dabei appelliert
sie an uns Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler:
Es geht darum, sich in der Praxis immer wieder die Grenzen und die Probleme,
die mit den sozialen Medien verbunden sind, bewusst zu machen. Gerade in der
Wissenschaftskommunikation brauchen wir Vereinfachung, manchmal Zuspitzung,
wir müssen Themen auf den Punkt bringen und zudem schnell reagieren können.
Soziale Medien haben das Problem, dass sie bei Wissenschaftler*innen genau wie
bei allen anderen Menschen, eine Sogwirkung entfalten können und wir uns von
Debatten mitreißen lassen. Ich glaube, wir haben als Wissenschaftler*innen eine
besondere Verantwortung, das regelmäßig zu reflektieren und sich zu fragen: „Was
mache ich hier eigentlich gerade? Tue ich der Sache wirklich noch gut, wenn ich
mich in einen wüsten Schlagabtausch mische." Ich würde immer an das Verantwor-
tungsbewusstsein und die Vorbildfunktionen, die wir als Wissenschaftler*in haben,
appellieren. Man muss sich selbst immer wieder reflektieren: „Warum spitze ich jetzt
zu? Damit ich meine Ergebnisse klarer vermitteln kann? Oder geht es mir nur noch
um den politischen Punkt?"2

1 Dieses und folgende Zitate entstammen dem Interview: https://www.wissenschafts-
kommunikation.de/wissenschaft-ist-als-system-wieder-politisch-aufgeladener-
68053/#:~:text=Wissenschaft%20ist%20als%20System%20wieder%20politisch%20
aufgeladener.,teils%20prek%C3%A4ren%20Arbeitsverh%C3%A41tnisse%20aufmerksam%20
gemacht, zuletzt abgerufen am 08.09.2023.

2 Ebd.

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