3. Ein transdisziplinäres Modell zum kollektiven Entscheiden (WIN-Programm)
Monographie Kollektives Entscheiden. Ein interdisziplinärer Austausch zwischen Lin-
guistik, Biologie und Physik präsentieren wir in zwei Buchabschnitten die Ergeb-
nisse unserer Arbeit, die in einer Darstellung des transdisziplinären Modells auf
abstrakt-konzeptioneller Ebene münden. Die Arbeit am ersten Buchabschnitt ist
abgeschlossen, der zweite Buchabschnitt wird in den nächsten Monaten finalisiert.
Das Double-Blind-Peer-Review-Verfahren wird von der WIN-Kommission der
Akademie koordiniert. Da beide Buchabschnitte aufs Engste aufeinander bezogen
sind, wurde entschieden, dass beide Buchabschnitte zusammen begutachtet wer-
den. Ursprünglich war ein sukzessives Begutachtungsverfahren geplant. Ziel ist es,
bei Heidelberg University Publishing (heiUP) zu publizieren.
In der bewilligten und nun abgeschlossenen Projektverlängerung von zwei
Jahren (2022-2023) wurde davon ausgehend das transdisziplinäre Modell unter
einem konkreten Fokus angewendet, differenziert und modifiziert. Um dies ge-
währleisten zu können, hat sich das Projekt auf die Zusammenarbeit von Lingu-
istik und Physik reduziert, wobei die biologischen Konzepte aus den ersten drei
Projektjahren nachhaltig genutzt wurden. Wir haben Meinungsbildung als zent-
rale Form kollektiven Entscheidens aus diskurs-/soziolinguistischer und (sozio-)
physikalischer Perspektive untersucht. Als konkrete Methode haben wir einen
netzwerkanalytischen Ansatz genutzt, um am Beispiel von Twitter-Kommunikati-
on einen stetigen methodischen Wechsel zwischen agentenbasierten Simulationen
in der Physik und empirischen Analysen von Entscheidungskommunikationsver-
läufen in der Linguistik durchzuführen.
Ausgehend von einem Twitter-Datensatz, der aus Tweets aus den vier Wochen
vor der Bundestagswahl 2021 besteht, nahmen wir eine Analyse der Meinungs-
dynamik vor. Dazu identifizierten wir Meinungen zu den Themen Klimawandel,
Energiewende und Atomkraft sowie die sprachlichen Phänomene, mithilfe derer
diese Meinungen kommunikativ angezeigt werden. Auf diese Weise war es mög-
lich, den Nutzern der Plattform einen Satz an Meinungen zuzuschreiben. Die
realen Meinungen der Nutzer (bzw. die Zuschreibungen von Meinungen, die auf-
grund realer Aussagen der Nutzer gemacht wurden) dienten als Ausgangspunkt
für die statistische Berechnung der Meinungsdynamik im Modell. Angelehnt an
soziophysikalische Studien entwickelten wir ein statistisches Modell, in dem in
Verbindung zueinanderstehende Agenten (in unserem Fall: Twitter-Nutzer) unter
bestimmten Umständen ein bestimmtes Meinungsupdate erhielten. Das bedeutet,
dass z. B. ein Agent mit der Meinung „contra Atomkraftausbau" seine Meinung zu
„pro Atomkraftausbau" verändert, weil er mit einem Agenten mit dieser Meinung
kommunikativen Kontakt hat. Diese Information entnahmen wir ebenfalls den
realen Daten und erstellten ein Agenten-Netzwerk, in dem jeder Agent mit einem
anderen in Verbindung steht, wenn einer auf einen Tweet des anderen geantwortet
hat. Die Meinungsänderung unterliegt einer Wahrscheinlichkeit, die vom Modell
vorgegeben ist und von der Häufigkeit der kommunikativen Interaktion gleicher
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Monographie Kollektives Entscheiden. Ein interdisziplinärer Austausch zwischen Lin-
guistik, Biologie und Physik präsentieren wir in zwei Buchabschnitten die Ergeb-
nisse unserer Arbeit, die in einer Darstellung des transdisziplinären Modells auf
abstrakt-konzeptioneller Ebene münden. Die Arbeit am ersten Buchabschnitt ist
abgeschlossen, der zweite Buchabschnitt wird in den nächsten Monaten finalisiert.
Das Double-Blind-Peer-Review-Verfahren wird von der WIN-Kommission der
Akademie koordiniert. Da beide Buchabschnitte aufs Engste aufeinander bezogen
sind, wurde entschieden, dass beide Buchabschnitte zusammen begutachtet wer-
den. Ursprünglich war ein sukzessives Begutachtungsverfahren geplant. Ziel ist es,
bei Heidelberg University Publishing (heiUP) zu publizieren.
In der bewilligten und nun abgeschlossenen Projektverlängerung von zwei
Jahren (2022-2023) wurde davon ausgehend das transdisziplinäre Modell unter
einem konkreten Fokus angewendet, differenziert und modifiziert. Um dies ge-
währleisten zu können, hat sich das Projekt auf die Zusammenarbeit von Lingu-
istik und Physik reduziert, wobei die biologischen Konzepte aus den ersten drei
Projektjahren nachhaltig genutzt wurden. Wir haben Meinungsbildung als zent-
rale Form kollektiven Entscheidens aus diskurs-/soziolinguistischer und (sozio-)
physikalischer Perspektive untersucht. Als konkrete Methode haben wir einen
netzwerkanalytischen Ansatz genutzt, um am Beispiel von Twitter-Kommunikati-
on einen stetigen methodischen Wechsel zwischen agentenbasierten Simulationen
in der Physik und empirischen Analysen von Entscheidungskommunikationsver-
läufen in der Linguistik durchzuführen.
Ausgehend von einem Twitter-Datensatz, der aus Tweets aus den vier Wochen
vor der Bundestagswahl 2021 besteht, nahmen wir eine Analyse der Meinungs-
dynamik vor. Dazu identifizierten wir Meinungen zu den Themen Klimawandel,
Energiewende und Atomkraft sowie die sprachlichen Phänomene, mithilfe derer
diese Meinungen kommunikativ angezeigt werden. Auf diese Weise war es mög-
lich, den Nutzern der Plattform einen Satz an Meinungen zuzuschreiben. Die
realen Meinungen der Nutzer (bzw. die Zuschreibungen von Meinungen, die auf-
grund realer Aussagen der Nutzer gemacht wurden) dienten als Ausgangspunkt
für die statistische Berechnung der Meinungsdynamik im Modell. Angelehnt an
soziophysikalische Studien entwickelten wir ein statistisches Modell, in dem in
Verbindung zueinanderstehende Agenten (in unserem Fall: Twitter-Nutzer) unter
bestimmten Umständen ein bestimmtes Meinungsupdate erhielten. Das bedeutet,
dass z. B. ein Agent mit der Meinung „contra Atomkraftausbau" seine Meinung zu
„pro Atomkraftausbau" verändert, weil er mit einem Agenten mit dieser Meinung
kommunikativen Kontakt hat. Diese Information entnahmen wir ebenfalls den
realen Daten und erstellten ein Agenten-Netzwerk, in dem jeder Agent mit einem
anderen in Verbindung steht, wenn einer auf einen Tweet des anderen geantwortet
hat. Die Meinungsänderung unterliegt einer Wahrscheinlichkeit, die vom Modell
vorgegeben ist und von der Häufigkeit der kommunikativen Interaktion gleicher
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