Das byzantinische Süditalien 1 39
Mönchtums schöpft: entweder mittels des Eindringens östlicher Mönche in den
Westen oder infolge einer Reise in den Osten, um sich ihnen anzunähern. Den
ersten Fall belegt die bedeutende Produktion lateinischer Hagiographien über
orientalische Mönche. Dabei fällt auf, dass diese Hagiographien alle dasselbe nar-
rative Schema haben: die asketischen Wandermönche, die mit großem Charisma
umgeben sind, reisen vom Osten in den Westen und sterben am Ende ihres irdi-
schen Lebens an einem Ort (Stadt, Abtei, Zelle), wobei sie so einer westlichen
Gemeinschaft (Kloster oder Stadt) einen Körper, der vom Heiligen Geist erfüllt
und von Entbehrungen geprägt ist, überlassen. Ralph-Johannes Lilie hat von die-
sen Hagiographien eine nicht vollständige Liste erstellt und ihren Quellenwert
sehr kritisch beurteilt.5 Einige dieser Hagiographien haben einen Bezug zu Sizi-
lien oder Süditalien, insbesondere Simeon von Trier6 und Nicolas von Trani.7
Zu den Mönchen des Ostens zu reisen, war jedoch in dieser Zeit schwieriger als
während der glücklichen Zeiten des heiligen Hieronymus und des Rufinus von
Aquilea, als es noch üblich war, zum Sinai oder ins Heilige Land zu gehen. Vor
dem zwölften Jahrhundert und der Errichtung fränkischer Königreiche im Osten
nach dem ersten Kreuzzug war es eher selten, eine Reise ins Heilige Land, nach
Syrien oder nach Ägypten zu unternehmen. Vor allem gab es im Westen selbst eine
5 Ralph-Johannes Lilie, Sonderbare Heilige. Zur Präsenz orthodoxer Heiliger im Westen
während des 11. Jahrhunderts, in: Millenium. Jahrbuch zu Kultur und Geschichte des erstens
Jahrtausends n. Chr. 5 (2008), S. 225-259. Zumindest bezüglich einiger lateinischer Hagio-
graphien kann ich die negative Einschätzung von Lilie nicht teilen: vgl. Peters-Custot, Un
Drang nach Westen monastique (wie Anm. 4), S. 420-422. Der Liste von Lilie sind außerdem
noch einige Heilige hinzuzufügen: ebd., S. 425.
6 Tuomas Heikkilä, Vita S. Symeonis Treverensis. Ein hochmittelalterlicher Heiligenkult im
Kontext, (Suomalaisen Tiedeakatemian Toimituksia / Annales Academiae Scientiarum Fen-
nicae. Humaniora 326), Saarijärvi 2002; Lilie, Sonderbare Heilige Heilige (wie Anm. 5),
S. 235-242; Alfred Haverkamp, Der heilige Simeon (gest. 1035), Grieche im fatimidischen
Orient und im lateinischen Okzident. Geschichten und Geschichte in: Historische Zeitschrift
290/1 (2010), S. 1-51; Peters-Custot, Un Drang nach Westen monastique (wie Anm. 4).
7 Barbara Stüssi-Lauterburg, Nikolas Peregrinus von Trani. Aspekte einer Heiligspre-
chung, in: Quaderni Catanesi di Studi classici e medievali 10 (Juli-Dezember 1983), S. 399-
422; Vincent Deroche, Les variantes italiques de la folie en Christ, in: Nea Rhome 2 (2005),
S. 193-203 ; Sergei A. Ivanov, Holy Fools in Byzantium and beyond, (Oxford Studies in
Byzantium), Oxford 2006, S. 196-200; Stephanos Efthymiades, D'Orient en Occident mais
etranger aux deux mondes. Messages et renseignements tires de la Vie de saint Nicolas le Pe-
lerin (BHL 6223), in: Puer Apuliae. Melanges offerts a Jean-Marie Martin, hg. von Errico
Cuozzo/Vincent DiROCHE/Annick PETERS-CusTOT/Vivien Prigent (Centre de recher-
che d'histoire et de civilisation de Byzance. Monographies 30), Paris 2008, Bd. I, S. 207-223;
Annick Peters-Custot, La vita di san Nicola di Trani, o la sintesi della santita nell'XI seco-
lo, in: Bizantini, Longobardi e Arabi in Puglia nell'alto medioevo. Atti del XX Congresso
internazionale di studio sull'alto medioevo. Savelletri di Fasano, 3-6 novembre 2011, Spoleto
2012, S. 433-453.
Mönchtums schöpft: entweder mittels des Eindringens östlicher Mönche in den
Westen oder infolge einer Reise in den Osten, um sich ihnen anzunähern. Den
ersten Fall belegt die bedeutende Produktion lateinischer Hagiographien über
orientalische Mönche. Dabei fällt auf, dass diese Hagiographien alle dasselbe nar-
rative Schema haben: die asketischen Wandermönche, die mit großem Charisma
umgeben sind, reisen vom Osten in den Westen und sterben am Ende ihres irdi-
schen Lebens an einem Ort (Stadt, Abtei, Zelle), wobei sie so einer westlichen
Gemeinschaft (Kloster oder Stadt) einen Körper, der vom Heiligen Geist erfüllt
und von Entbehrungen geprägt ist, überlassen. Ralph-Johannes Lilie hat von die-
sen Hagiographien eine nicht vollständige Liste erstellt und ihren Quellenwert
sehr kritisch beurteilt.5 Einige dieser Hagiographien haben einen Bezug zu Sizi-
lien oder Süditalien, insbesondere Simeon von Trier6 und Nicolas von Trani.7
Zu den Mönchen des Ostens zu reisen, war jedoch in dieser Zeit schwieriger als
während der glücklichen Zeiten des heiligen Hieronymus und des Rufinus von
Aquilea, als es noch üblich war, zum Sinai oder ins Heilige Land zu gehen. Vor
dem zwölften Jahrhundert und der Errichtung fränkischer Königreiche im Osten
nach dem ersten Kreuzzug war es eher selten, eine Reise ins Heilige Land, nach
Syrien oder nach Ägypten zu unternehmen. Vor allem gab es im Westen selbst eine
5 Ralph-Johannes Lilie, Sonderbare Heilige. Zur Präsenz orthodoxer Heiliger im Westen
während des 11. Jahrhunderts, in: Millenium. Jahrbuch zu Kultur und Geschichte des erstens
Jahrtausends n. Chr. 5 (2008), S. 225-259. Zumindest bezüglich einiger lateinischer Hagio-
graphien kann ich die negative Einschätzung von Lilie nicht teilen: vgl. Peters-Custot, Un
Drang nach Westen monastique (wie Anm. 4), S. 420-422. Der Liste von Lilie sind außerdem
noch einige Heilige hinzuzufügen: ebd., S. 425.
6 Tuomas Heikkilä, Vita S. Symeonis Treverensis. Ein hochmittelalterlicher Heiligenkult im
Kontext, (Suomalaisen Tiedeakatemian Toimituksia / Annales Academiae Scientiarum Fen-
nicae. Humaniora 326), Saarijärvi 2002; Lilie, Sonderbare Heilige Heilige (wie Anm. 5),
S. 235-242; Alfred Haverkamp, Der heilige Simeon (gest. 1035), Grieche im fatimidischen
Orient und im lateinischen Okzident. Geschichten und Geschichte in: Historische Zeitschrift
290/1 (2010), S. 1-51; Peters-Custot, Un Drang nach Westen monastique (wie Anm. 4).
7 Barbara Stüssi-Lauterburg, Nikolas Peregrinus von Trani. Aspekte einer Heiligspre-
chung, in: Quaderni Catanesi di Studi classici e medievali 10 (Juli-Dezember 1983), S. 399-
422; Vincent Deroche, Les variantes italiques de la folie en Christ, in: Nea Rhome 2 (2005),
S. 193-203 ; Sergei A. Ivanov, Holy Fools in Byzantium and beyond, (Oxford Studies in
Byzantium), Oxford 2006, S. 196-200; Stephanos Efthymiades, D'Orient en Occident mais
etranger aux deux mondes. Messages et renseignements tires de la Vie de saint Nicolas le Pe-
lerin (BHL 6223), in: Puer Apuliae. Melanges offerts a Jean-Marie Martin, hg. von Errico
Cuozzo/Vincent DiROCHE/Annick PETERS-CusTOT/Vivien Prigent (Centre de recher-
che d'histoire et de civilisation de Byzance. Monographies 30), Paris 2008, Bd. I, S. 207-223;
Annick Peters-Custot, La vita di san Nicola di Trani, o la sintesi della santita nell'XI seco-
lo, in: Bizantini, Longobardi e Arabi in Puglia nell'alto medioevo. Atti del XX Congresso
internazionale di studio sull'alto medioevo. Savelletri di Fasano, 3-6 novembre 2011, Spoleto
2012, S. 433-453.