Kaiser und Eremit: Otto III. und Romuald von Camaldoli 1 71
zur Gründung des Erzbistums in Gnesen8° und zu dem Projekt einer mit
Boleslaw Chrobry gemeinsam betriebenen Mission unter den Elbslawen. Adal-
berts Tod hatte größere Auswirkungen auf Otto III. als seine zu Lebzeiten an
den Tag gelegte asketische Frömmigkeit. Erst unter dem Eindruck von Adal-
berts Heiligung durch das Martyrium machte der Kaiser die Aufgabe der Glau-
bensverbreitung zu seiner eigenen und stellte sich damit in die Tradition seines
Großvaters Otto I., aber auch Karls des Großen, die beide neue Bistümer in
Gebieten errichtet hatten, in denen noch ,Idole' angebetet wurden.81 Mit all dem
„vergewisserte sich der Kaiser für das zu erwartende Gericht des himmlischen
Beistandes des neuen Märtyrers, eben seines Freundes, der ja fortan zu den Mit-
richtern Gottes zählte."82 Das groß gedachte Vorhaben, mit dem Otto III. für
sich die Apostelnachfolge beanspruchte, - wie seine während und nach der Gne-
senfahrt verwendeten, programmatischen Titel eines servus Jesu Christi und ser-
vus apostolorum belegen - mag auch der Grund für seine zunächst noch mit
Gregor V., dann mit Silvester II. betriebenen Bemühungen um Reform des
Papsttums und für die Durchsetzung der Klosterreform gewesen sein,83 in die er
Romuald durch Übertragung von S. Apollinare in Classe und den griechischen
Mönch Nilus von Rossano durch Angebot eines Klosters in Rom einbinden
wollte. Aber die Versuche, diese bedeutenden Repräsentanten eremitischer
Frömmigkeit in den Dienst christlicher Herrschaftsausübung zu stellen, ende-
ten im Misserfolg: Romuald warf ihm den Abtsstab vor die Füße,84 nachdem er
80 Fried, Gnesen (wie Anm. 75), S. 254-256; Ders., Otto III. und Boleslaw Chrobry. Das
Widmungsbild des Aachener Evangeliars, der „Akt von Gnesen" und das frühe polnische
und ungarische Königtum. Eine Bildanalyse und ihre historischen Folgen (Frankfurter
historische Abhandlungen 30), Stuttgart 22001; Michalowski, Gniezno Summit (wie
Anm. 14), S. 99, S.101, S. 262 und S. 336.
81 Vgl. Keller, Das Erbe (wie Anm. 54), S. 48.
82 Johannes Fried, Der hl. Adalbert und Gnesen, in: Archiv für mittelrheinische Kirchen-
geschichte 50 (1998), S. 41-70, hier S. 69.
83 Görich, Otto III. (wie Anm. 43), S. 209-250. Die berühmte Legende Renovatio imperii
Romanorum auf Ottos III. erster Bleibulle hält Sauro Marzocchi, Renovatio imperii Ro-
manorum: quando Crescentius decollatus suspensus fuit. An analysis of the meaning of
Otto Ill's first lead bulla, in: Journal of Medieval History 43 (2017), S. 193-211 für eine ganz
auf die Hinrichtung des Crescentius als Demonstration der wiedererlangten kaiserlichen
Herrschaft über Rom bezogene Aussage und verneint einen möglichen Zusammenhang mit
weiterreichenden politischen Absichten des Kaisers. - Zu den Titeln Ottos III. vgl. zuletzt
Michalowski, Gniezno Summit (wie Anm. 14), S. 102-107; Marzocchi, Faith and Politics
(wie Anm. 43), S. 235-240.
84 Brun von Querfurt, Vita quinque fratrum (wie Anm. 2), cap. 2, S. 32 Z. 4-7: Non post multos
dies quern pietate nulli secundus rex Otto, ultimus, ui ab heremo traxit et in Classi abbatem
posuit. Videns sibi quietem et puritatem defecisse hie ipse Romaldus, pastoralem uirgam in
conspectu imperatoris proiecit f...]; Voigt, Brun (wie Anm. 2), S. 381.
zur Gründung des Erzbistums in Gnesen8° und zu dem Projekt einer mit
Boleslaw Chrobry gemeinsam betriebenen Mission unter den Elbslawen. Adal-
berts Tod hatte größere Auswirkungen auf Otto III. als seine zu Lebzeiten an
den Tag gelegte asketische Frömmigkeit. Erst unter dem Eindruck von Adal-
berts Heiligung durch das Martyrium machte der Kaiser die Aufgabe der Glau-
bensverbreitung zu seiner eigenen und stellte sich damit in die Tradition seines
Großvaters Otto I., aber auch Karls des Großen, die beide neue Bistümer in
Gebieten errichtet hatten, in denen noch ,Idole' angebetet wurden.81 Mit all dem
„vergewisserte sich der Kaiser für das zu erwartende Gericht des himmlischen
Beistandes des neuen Märtyrers, eben seines Freundes, der ja fortan zu den Mit-
richtern Gottes zählte."82 Das groß gedachte Vorhaben, mit dem Otto III. für
sich die Apostelnachfolge beanspruchte, - wie seine während und nach der Gne-
senfahrt verwendeten, programmatischen Titel eines servus Jesu Christi und ser-
vus apostolorum belegen - mag auch der Grund für seine zunächst noch mit
Gregor V., dann mit Silvester II. betriebenen Bemühungen um Reform des
Papsttums und für die Durchsetzung der Klosterreform gewesen sein,83 in die er
Romuald durch Übertragung von S. Apollinare in Classe und den griechischen
Mönch Nilus von Rossano durch Angebot eines Klosters in Rom einbinden
wollte. Aber die Versuche, diese bedeutenden Repräsentanten eremitischer
Frömmigkeit in den Dienst christlicher Herrschaftsausübung zu stellen, ende-
ten im Misserfolg: Romuald warf ihm den Abtsstab vor die Füße,84 nachdem er
80 Fried, Gnesen (wie Anm. 75), S. 254-256; Ders., Otto III. und Boleslaw Chrobry. Das
Widmungsbild des Aachener Evangeliars, der „Akt von Gnesen" und das frühe polnische
und ungarische Königtum. Eine Bildanalyse und ihre historischen Folgen (Frankfurter
historische Abhandlungen 30), Stuttgart 22001; Michalowski, Gniezno Summit (wie
Anm. 14), S. 99, S.101, S. 262 und S. 336.
81 Vgl. Keller, Das Erbe (wie Anm. 54), S. 48.
82 Johannes Fried, Der hl. Adalbert und Gnesen, in: Archiv für mittelrheinische Kirchen-
geschichte 50 (1998), S. 41-70, hier S. 69.
83 Görich, Otto III. (wie Anm. 43), S. 209-250. Die berühmte Legende Renovatio imperii
Romanorum auf Ottos III. erster Bleibulle hält Sauro Marzocchi, Renovatio imperii Ro-
manorum: quando Crescentius decollatus suspensus fuit. An analysis of the meaning of
Otto Ill's first lead bulla, in: Journal of Medieval History 43 (2017), S. 193-211 für eine ganz
auf die Hinrichtung des Crescentius als Demonstration der wiedererlangten kaiserlichen
Herrschaft über Rom bezogene Aussage und verneint einen möglichen Zusammenhang mit
weiterreichenden politischen Absichten des Kaisers. - Zu den Titeln Ottos III. vgl. zuletzt
Michalowski, Gniezno Summit (wie Anm. 14), S. 102-107; Marzocchi, Faith and Politics
(wie Anm. 43), S. 235-240.
84 Brun von Querfurt, Vita quinque fratrum (wie Anm. 2), cap. 2, S. 32 Z. 4-7: Non post multos
dies quern pietate nulli secundus rex Otto, ultimus, ui ab heremo traxit et in Classi abbatem
posuit. Videns sibi quietem et puritatem defecisse hie ipse Romaldus, pastoralem uirgam in
conspectu imperatoris proiecit f...]; Voigt, Brun (wie Anm. 2), S. 381.