Franziskus als Stifter franziskanischer Identität im 13. und 14. Jahrhundert 1 87
der Regula bullata c. IV der nuntius eingeführt, der von den Fratres benannt
wird, der aber den Verkäufer bzw. Käufer in einer Transaktion repräsentiert.38
Fünfzehn Jahre später werden in Ordinem vestrum franziskanische Besitzun-
gen als Eigentum der Kirche deklariert, nullo medio ad Ecclesiam ipsam spec-
tent. Gleichzeitig wird den Fratres erlaubt, den nuntius zu ernennen, obwohl er
wiederum nicht sie, sondern den Geschäftspartner repräsentiert.39 Diese Be-
stimmungen werden 1279 durch Exiit qui seminat bestätigt und schließlich wird
durch Exultantes dem Orden erlaubt, oeconomos oder syndicos zu benennen, die
den ja eigentlich vom Papst gehaltenen Besitz des Ordens wirtschaftlich nutzbar
machen können, die aber selbst den Franziskanern verantwortlich sind, so dass
der Orden also einen hohen Grad an Geschäftsfähigkeit erhielt.40 Obwohl das
Generalkapitel des Ordens 1251 unter Johann von Parma entschied, von den in
der Bulle Ordinem vestrum gewährten Privilegien sowie von anderen Vergüns-
tigungen Innozenz' IV. keinen Gebrauch zu machen, scheint dies nicht in allen
Provinzen beachtet worden zu sein.41 In der Praxis wurden nicht einmal mehr
die gemäßigten Bestimmungen eingehalten. Kollektiver und sogar individueller
Besitz regelmäßiger Einkommen in Form von Grundeigentum und Renten so-
wie Rückgriff auf die Gerichte in Streitfällen sind für die zweite Hälfte des
13. Jahrhunderts belegt.42
In den gleichen Dekretalen wurde ein ähnliches Rechtskonstrukt geschaffen,
das sich auf den Geltungsbereich der Regel von 1223 bezog. Gregor IX. nahm
sich in Quo elongati der Frage an, ob die Ordensmitglieder verpflichtet seien,
dem Evangelium als Ganzem zu folgen oder lediglich den ausdrücklich in der
Regel genannten Vorschriften oder Verboten Gehorsam schuldeten. Mit seiner
Antwort traf der Papst eine für die Zukunft des Ordens richtungsweisende Ent-
scheidung, die ihm in der zugrundeliegenden Petition und Fragestellung bereits
suggeriert worden war. Da es kaum möglich sei, den Evangelien wortwörtlich
zu folgen, seien die Brüder nicht verpflichtet ad alia consilia evangelii (...) teneri
38 Herbert Grundmann, Die Bulle 'Quo elongati' Gregors IX., in: Archivum Franciscanum
Historicum 54 (1961), S. 3-25, hier S. 13, S. 22.
39 Bullarium Franciscanum, Bd. 1, hg. von Giovanni Giacinto Sbaralea, 4 Bde., Rom 1759-
1768, S. 401; de Paris, Histoire (wie Anm. 28), S. 196.
40 Bullarium Franciscanum, hg. von Sbaralea (wie Anm. 39), Bd. 3, S. 501-502; Duncan Nim-
mo, Reform and Division in the Medieval Franciscan Order. From Saint Francis to the Foun-
dation of the Capuchins, (Bibliotheca Seraphico-Capuccina 33) Rom 1987, S. 64-65.
41 Brooke, The Image of St Francis (wie Anm. 10), S. 68; Lothar Hardick, 'Pecunia et denarii'
Untersuchungen zum Geldverbot in den Regeln der Minderbrüder, in: Franziskanische
Studien 40 (1958), S. 193-217, S. 313-328; 41 (1959), S. 268-290; 43 (1961), S. 216-243, hier
S. 323, stellte die Frage nach der Praxis im Orden zwischen 1230 und 1312.
42 Nimmo, Reform and Division (wie Anm. 40), S. 65-66.
der Regula bullata c. IV der nuntius eingeführt, der von den Fratres benannt
wird, der aber den Verkäufer bzw. Käufer in einer Transaktion repräsentiert.38
Fünfzehn Jahre später werden in Ordinem vestrum franziskanische Besitzun-
gen als Eigentum der Kirche deklariert, nullo medio ad Ecclesiam ipsam spec-
tent. Gleichzeitig wird den Fratres erlaubt, den nuntius zu ernennen, obwohl er
wiederum nicht sie, sondern den Geschäftspartner repräsentiert.39 Diese Be-
stimmungen werden 1279 durch Exiit qui seminat bestätigt und schließlich wird
durch Exultantes dem Orden erlaubt, oeconomos oder syndicos zu benennen, die
den ja eigentlich vom Papst gehaltenen Besitz des Ordens wirtschaftlich nutzbar
machen können, die aber selbst den Franziskanern verantwortlich sind, so dass
der Orden also einen hohen Grad an Geschäftsfähigkeit erhielt.40 Obwohl das
Generalkapitel des Ordens 1251 unter Johann von Parma entschied, von den in
der Bulle Ordinem vestrum gewährten Privilegien sowie von anderen Vergüns-
tigungen Innozenz' IV. keinen Gebrauch zu machen, scheint dies nicht in allen
Provinzen beachtet worden zu sein.41 In der Praxis wurden nicht einmal mehr
die gemäßigten Bestimmungen eingehalten. Kollektiver und sogar individueller
Besitz regelmäßiger Einkommen in Form von Grundeigentum und Renten so-
wie Rückgriff auf die Gerichte in Streitfällen sind für die zweite Hälfte des
13. Jahrhunderts belegt.42
In den gleichen Dekretalen wurde ein ähnliches Rechtskonstrukt geschaffen,
das sich auf den Geltungsbereich der Regel von 1223 bezog. Gregor IX. nahm
sich in Quo elongati der Frage an, ob die Ordensmitglieder verpflichtet seien,
dem Evangelium als Ganzem zu folgen oder lediglich den ausdrücklich in der
Regel genannten Vorschriften oder Verboten Gehorsam schuldeten. Mit seiner
Antwort traf der Papst eine für die Zukunft des Ordens richtungsweisende Ent-
scheidung, die ihm in der zugrundeliegenden Petition und Fragestellung bereits
suggeriert worden war. Da es kaum möglich sei, den Evangelien wortwörtlich
zu folgen, seien die Brüder nicht verpflichtet ad alia consilia evangelii (...) teneri
38 Herbert Grundmann, Die Bulle 'Quo elongati' Gregors IX., in: Archivum Franciscanum
Historicum 54 (1961), S. 3-25, hier S. 13, S. 22.
39 Bullarium Franciscanum, Bd. 1, hg. von Giovanni Giacinto Sbaralea, 4 Bde., Rom 1759-
1768, S. 401; de Paris, Histoire (wie Anm. 28), S. 196.
40 Bullarium Franciscanum, hg. von Sbaralea (wie Anm. 39), Bd. 3, S. 501-502; Duncan Nim-
mo, Reform and Division in the Medieval Franciscan Order. From Saint Francis to the Foun-
dation of the Capuchins, (Bibliotheca Seraphico-Capuccina 33) Rom 1987, S. 64-65.
41 Brooke, The Image of St Francis (wie Anm. 10), S. 68; Lothar Hardick, 'Pecunia et denarii'
Untersuchungen zum Geldverbot in den Regeln der Minderbrüder, in: Franziskanische
Studien 40 (1958), S. 193-217, S. 313-328; 41 (1959), S. 268-290; 43 (1961), S. 216-243, hier
S. 323, stellte die Frage nach der Praxis im Orden zwischen 1230 und 1312.
42 Nimmo, Reform and Division (wie Anm. 40), S. 65-66.