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Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa <Veranstaltung, 2019, Heidelberg>; Burkhardt, Julia [Editor]
Kreative Impulse und Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa — Klöster als Innovationslabore, Band 9: Regensburg: Schnell + Steiner, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.72131#0179
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178 I Oliver Auge

gezielten und kombinierten Einsatz neuer Techniken und ebenso in ihrem ra-
schen Transfer über alle Teile Europas, was vermittels ihrer straffen Ordens-
struktur gut möglich war.37 Interessanterweise fällt die rasante Ausbreitung der
Zisterzienser im 12. und 13. Jahrhundert mit dem Höhepunkt monastischer
Wasserbaukunst überhaupt zusammen.38 Die Wasserbautechnik der Zisterzien-
ser war auf der Höhe ihrer Zeit, ist so jedoch auch bei Benediktinern und Prä-
monstratensern anzutreffen. Schon um 800 gibt sich für das Benediktinerkloster
Corbie unter seinem Abt Adalhard (amt. 780-826) laut Hägermann die Einrich-
tung eines Mühlenkomplexes beziehungsweise eines Mühlenkombinats zu er-
kennen, dessen Arbeitsorganisation innovatorisch gewesen sei.39 Nach Aus-
kunft der St. Galler Klosterchronik aus dem 11. Jahrhundert soll Abt Kerho von
Weißenburg (amt. 960-964 oder 989-1007) die Benediktinermönche gelehrt ha-
ben, „für ihre Wasserleitung, die er als Erfinder persönlich für [sie] entwarf,
Röhren auszubohren"; und dieselbe Quelle berichtet, ein Klosterdekan namens
Walto sei „bei den Späteren durch die Konstruktion unseres Abortes, die sehr
schwierig war, der Erinnerung wert" gewesen.40 Doch erst und nur die Zisterzi-
enser verbanden äußerst konsequent Kloster- und Wasserbau, weswegen man
zu Recht „von einer zisterziensischen Wassertechnik" sprechen kann.41
Demgemäß nicht als Inventoren, sondern als Innovatoren begegnen mittelal-
terliche Klöster und wiederum besonders exponiert Zisterzen bei der aufwendi-
gen protoindustriellen Ziegelfabrikation, was ein hohes technisches Know-how
voraussetzte. Die Ziegel wiesen zum Teil eine sehr gute Qualität und große For-
menvielfalt auf.42 Aber auch in der Salzproduktion und im Untertagebau von
Salz, Eisen sowie Edelmetallen engagierten sich mittelalterliche Klöster innova-
torisch, wie die Exempel Admont, Fontenay, Maria Laach und Rein vor Augen

37 Ebd., S. 51.

38 Paul Benoit, Vers une chronologie de l'hydraulique monastique, in: L'hydraulique monas-
tique. Milieux, reseaux, usages, hg. von Leon Pressouyre u.a. (Collection Rencontres ä
Royaumont 8), Paris 1996, S. 475-486, hier S. 478-482; Schich, Die Bedeutung (wie
Anm. 28), S. 82.

39 Hägermann, Das Kloster (wie Anm. 15), S. 15f.

40 Zit. nach der Übersetzung von Ekkehard IV. St. Gallener Klostergeschichten, hg. von Hans
F. Haefele (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Freiherr-
vom-Stein-Gedächtnisausgabe 10), 5. bibliographisch aktual. und um einen Nachtrag erw.
Aufl. Darmstadt 2013, Kap. 102, S. 209, u. Kap. 245, S. 245. - Siehe dazu auch Ladner, Die
Rolle (wie Anm. 16), S. 7.

41 Benoit/Wabont, Mittelalterliche Wasserversorgung (wie Anm. 32), S. 206. - Siehe auch
Schich, Die Bedeutung (wie Anm. 28), S. 83.

42 Jacques Morel, Les tuiles canal cisterciennes de l'eglise Notre-Dame de Bonmot, in: Ca-
hiers d'archeologie romande 67 (1996), S. 103-111; Tremp, Technische Leistungen (wie
Anm. 16), S. 59.
 
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