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Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa <Veranstaltung, 2019, Heidelberg>; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Kreative Impulse und Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa — Klöster als Innovationslabore, Band 9: Regensburg: Schnell + Steiner, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.72131#0182
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Klösterliche Innovationsleistungen im technisch-ökonomischen Bereich 1 181

versentums einen Personalstamm schufen, der die Hauptlast der körperlichen Ar-
beit innerhalb der Klosterwirtschaft trug, sich dabei spezialisieren und um eine
innovative Organisation der Arbeitsvorgänge bemühen konnte und obendrein in
seiner gewissen Zwischenstellung zwischen Kloster und Welt auch zum Trans-
mitter von Innovationen besonders taugte.51
Mindestens ebenso bedeutsam für die Frage nach den Innovationspotenzialen
war die Führungsrolle der klösterlichen Skriptorien bei der Bewahrung und
Weitergabe der antiken Überlieferung und speziell des technischen Schrifttums
der Antike. Die Bandbreite der relevanten Werke reichte dabei von der Naturge-
schichte des älteren Plinius (* 23/24; f 79) oder den Etymologien des Isidor von
Sevilla (* um 560; f 636) über Vitruvs (f um 15 v. Chr.) De architecture bis zu
Varros (* 116 v. Chr.; f27 v. Chr.) Gesprächen über Landwirtschaft und vielem
mehr.52 Oder mit den Worten Pascal Ladners ausgedrückt: „Dank der Kopierar-
beit vieler Mönche sind wichtige technische Werke der Antike ins Mittelalter
hinübergerettet worden, die sonst wohl für immer untergegangen wären. Dieses
Schrifttum blieb nicht toter Buchstabe, ruhte nicht unbeachtet in den Klosterbi-
bliotheken, sondern wurde überall dort, wo es zur Erleichterung der Arbeit bei-
tragen konnte, fruchtbar gemacht, sei es durch Ausnützung und Anwendung im
engeren Klosterbereich, sei es durch Weitervermittlung des Inhaltes an Illiterati
[...]."53 Dieser Umstand kann auch miterklären, warum sich der innovatorische
Einfluss der Klöster in dem Maße abschwächte, in dem gleichzeitig die Bildung
und Lesefähigkeit breiterer Laienschichten zunahm.
Neben der Antikenrezeption dürfte gewiss auch die Übernahme und der
Transfer innovatorischer technischer Leistungen aus dem arabisch geprägten
Raum eine wichtige Rolle gespielt haben, was zunächst vor allem für monastische
Gemeinschaften in Spanien, Südfrankreich oder Süditalien zu gelten hätte. Doch
fehlt es hierzu bislang an einschlägigen, konkreten Vorarbeiten, die über allge-
meine und übrigens nach wie vor kontrovers diskutierte Erörterungen zum Bei-
trag der arabischen Wissenschaften auf die westeuropäische Kultur hinausgin-
gen,54 um fundiert für den monastischen Bereich Stellung nehmen zu können.

51 Tremp, Mönche (wie Anm. 16), S. 29.

52 Ladner, Die Rolle (wie Anm. 16), S. 5f.

53 Ebd., S. 7.

54 Siehe hierzu die informative Sammelrezension von Jan-Hendrik de Boer, Einfluss der arabi-
schen Wissenschaften im europäischen Mittelalter: Sylvain Gouguenheim, Aristoteles auf
dem Mont Saint-Michel. Die griechischen Wurzeln des christlichen Abendlandes, aus dem
Französischen von Jochen Grube, mit einem Kommentar von Martin Kintzinger und Dani-
el König, Darmstadt 2010; Jim Al-Khalili, Im Haus der Weisheit. Die arabischen Wissen-
schaften als Fundament unserer Kultur, Frankfurt am Main 2011, in: H-Soz-Kult. Kommuni-
kation und Fachinformation für die Geschichtswissenschaften (28.09.2011), online unter:
https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-14687 (zuletzt abgerufen am 30.09.2019).
 
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