370 I Christina Lutter
Minderbrüdern.77 Nach Töchtern und Bruder folgen unter den Begünstigten in
zwei Gruppen geistliche und karitative Institutionen sowie mehrere Leute aus
Margarethes Dienerschaft, allen voran die Tochter ihres persönlichen Schrei-
bers, für deren Unterhalt bei den Dominikanerinnen von St. Laurenz vorgesorgt
werden sollte. Die Zuwendungen an die Pfarrkirche St. Stephan und zwei Ka-
pellen dürften pastorale und persönliche Gründe haben (die Magdalenen-Ka-
pelle wurde von der Schreiberzeche unterhalten); jene an die St. Niklas-Frauen,
an die Dominikanerinnen und Klarissen waren den genannten Strategien ge-
schuldet, bestehende Bindungen zu bekräftigen und neue im herzoglichen Um-
feld zu etablieren.
Inwieweit vermittelt nun der hier vorgestellte Befund zu einer spezifischen
Region und über einen längeren Zeitraum innovative Impulse geistlicher Ge-
meinschaften für ihre Umwelt? Geistliche Reformen erfolgten in Wellen und in
regional unterschiedlicher Intensität als Antwort auf spirituelle und soziale
Herausforderungen. In Reformzeiten wurden Gemeinschaftsformen von Be-
fürwortern wie Gegnern durch explizite Bekenntnisse von Zugehörigkeit und
Abgrenzung besonders sichtbar. Hier entstanden neue Lebensentwürfe, die
zwar meist Elemente aus vorhandenen Traditionen re-kombinierten, diese da-
durch aber auch veränderten und teils radikal zuspitzten. Reformen bewirkten
Aufbruch, aber auch Konflikte, und sie hatten soziale Kosten. Viele Neuerun-
gen - ob liturgisch, asketisch oder ökonomisch - wurden daher in der Praxis
recht bald wieder aufgegeben oder zumindest modifiziert.
Definiert man geistliche Innovation aber über die nachhaltige Wirkung sol-
cher Impulse, dann sind genau diese Modifikationen interessant. Denn ein
Schlüssel zum Verständnis des dauerhaften Erfolges geistlicher Institutionen
dürfte in ihrer flexiblen und gerade deshalb effektiven Seelenheilsökonomie be-
stehen. In allen vorgestellten Fällen adaptierten Klöster innovative Gemein-
schaftskonzepte, die auf eine Optimierung der Seelenheilschancen hin orientiert
waren, in Weisen, die sie als Orte der Nachhaltigkeit und der - wenn auch oft
elitären - Integration etablierten, ebenso wie sie umgekehrt auf externe Heraus-
forderungen wie etwa die Flexibilisierung der städtischen Immobilienökonomie
reagierten und diese für ihre eigene Prosperität nutzten. So konnten sie als Kno-
77 Quellen zur Geschichte der Stadt Wien (QGStW), Abt. 2: Regesten aus dem Archiv der Stadt
Wien, Bde. 1-5, hg. von Karl Uhlirz, Wien 1898-1936, Bd. 1: Verzeichnis der Originalur-
kunden des Städtischen Archives 1239-1411, n. 46 (1306, Nov. 16); vgl. zum Folgenden eine
detaillierte Interpretation dieser Urkunde bei Krammer, St. Niklas, S. 36-44 sowie Frey/
Krammer, Frauenkloster und soziale Beziehungsgeflechte (beide wie Anm. 66), S. 405; zur
Familie der Greifen und Otto vom Hohen Markt siehe Perger, Grundherren (wie Anm. 44),
Teil 3, S. 55-62.
Minderbrüdern.77 Nach Töchtern und Bruder folgen unter den Begünstigten in
zwei Gruppen geistliche und karitative Institutionen sowie mehrere Leute aus
Margarethes Dienerschaft, allen voran die Tochter ihres persönlichen Schrei-
bers, für deren Unterhalt bei den Dominikanerinnen von St. Laurenz vorgesorgt
werden sollte. Die Zuwendungen an die Pfarrkirche St. Stephan und zwei Ka-
pellen dürften pastorale und persönliche Gründe haben (die Magdalenen-Ka-
pelle wurde von der Schreiberzeche unterhalten); jene an die St. Niklas-Frauen,
an die Dominikanerinnen und Klarissen waren den genannten Strategien ge-
schuldet, bestehende Bindungen zu bekräftigen und neue im herzoglichen Um-
feld zu etablieren.
Inwieweit vermittelt nun der hier vorgestellte Befund zu einer spezifischen
Region und über einen längeren Zeitraum innovative Impulse geistlicher Ge-
meinschaften für ihre Umwelt? Geistliche Reformen erfolgten in Wellen und in
regional unterschiedlicher Intensität als Antwort auf spirituelle und soziale
Herausforderungen. In Reformzeiten wurden Gemeinschaftsformen von Be-
fürwortern wie Gegnern durch explizite Bekenntnisse von Zugehörigkeit und
Abgrenzung besonders sichtbar. Hier entstanden neue Lebensentwürfe, die
zwar meist Elemente aus vorhandenen Traditionen re-kombinierten, diese da-
durch aber auch veränderten und teils radikal zuspitzten. Reformen bewirkten
Aufbruch, aber auch Konflikte, und sie hatten soziale Kosten. Viele Neuerun-
gen - ob liturgisch, asketisch oder ökonomisch - wurden daher in der Praxis
recht bald wieder aufgegeben oder zumindest modifiziert.
Definiert man geistliche Innovation aber über die nachhaltige Wirkung sol-
cher Impulse, dann sind genau diese Modifikationen interessant. Denn ein
Schlüssel zum Verständnis des dauerhaften Erfolges geistlicher Institutionen
dürfte in ihrer flexiblen und gerade deshalb effektiven Seelenheilsökonomie be-
stehen. In allen vorgestellten Fällen adaptierten Klöster innovative Gemein-
schaftskonzepte, die auf eine Optimierung der Seelenheilschancen hin orientiert
waren, in Weisen, die sie als Orte der Nachhaltigkeit und der - wenn auch oft
elitären - Integration etablierten, ebenso wie sie umgekehrt auf externe Heraus-
forderungen wie etwa die Flexibilisierung der städtischen Immobilienökonomie
reagierten und diese für ihre eigene Prosperität nutzten. So konnten sie als Kno-
77 Quellen zur Geschichte der Stadt Wien (QGStW), Abt. 2: Regesten aus dem Archiv der Stadt
Wien, Bde. 1-5, hg. von Karl Uhlirz, Wien 1898-1936, Bd. 1: Verzeichnis der Originalur-
kunden des Städtischen Archives 1239-1411, n. 46 (1306, Nov. 16); vgl. zum Folgenden eine
detaillierte Interpretation dieser Urkunde bei Krammer, St. Niklas, S. 36-44 sowie Frey/
Krammer, Frauenkloster und soziale Beziehungsgeflechte (beide wie Anm. 66), S. 405; zur
Familie der Greifen und Otto vom Hohen Markt siehe Perger, Grundherren (wie Anm. 44),
Teil 3, S. 55-62.