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Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa <Veranstaltung, 2019, Heidelberg>; Burkhardt, Julia [Editor]
Kreative Impulse und Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa — Klöster als Innovationslabore, Band 9: Regensburg: Schnell + Steiner, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.72131#0390
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Königseinflüsterer oder Regierungsberater? I 389

jungen Valois-Dynastie.62 Die zeitgenössische Verbreitung der französischen
Version ist, wider Erwarten, nicht extraordinär,63 aber offensichtlich stießen die
innovativen Ideen kurzweilig bei Karl V. auf offene Ohren und eine praktische
Umsetzung.
Einen wahren publizistischen Erfolg legte der Benediktiner Honorat Bovet
hin. Diplomat und schließlich Prior von Selonnet in Südfrankreich, traf sein
Arbre des batailles den Geschmack des Publikums, nicht nur am französischen
Hof, wie die über 90 existierenden Handschriften und zahlreiche frühe Drucke
belegen. Es wurde ins Schottische, Provenzalische, Katalanische, Kastilische
und Englische übersetzt.64 Christine de Pizan verwendete dieses Werk als eine
Hauptinspiration für ihr eigenes kriegstheoretisches Werk, den Livre des faits
d'armes et de cbevalerie, aus dem Jahr 1410.65 Bovets Kompilation zahlreicher
philosophischer, juristischer und historischer Werke über Kriegsführung und
Kriegsrecht war eingebettet in eine Reflexion über die Universalgeschichte und
die Schicksalsschläge der schismatischen Kirche. In zwei Versionen angefertigt,
überreicht es der Autor sehr wahrscheinlich im Jahr 1389 in Avignon dem jun-
gen Karl VI.66 Der Rat gebende Charakter des Werkes ist ebenso wenig überseh-
bar wie der gewählte Zeitpunkt der Übergabe: wie der Songe du vieilpelerin von
Philippe de Mezieres erhält Karl VI. den Arbre des batailles just ein Jahr nach
seinem persönlichen Regierungsantritt.

62 Kopp, Der König und die Bücher (wie Anm. 10), S. 24, siehe auch ebenda Fußnote 66 zu den
Verweisen auf andere Autoren der Zeit.

63 Das aristotelische übersetzte Korpus ist pro Text mit je maximal 20 Handschriften wenig
verbreitet, vgl. Boucher, Traductions d'autorites (wie Anm. 14), S. 289; Translations medie-
vales. Cinq siecles de traductions en francais (XIe-XVe siecle). Etude et repertoire, Bd. 3, hg.
von Claudio GALDERisi/Cinzia Pignatelli, Turnhout 2011, S. 61-70; Lewis, Humanistes
en mal d'ecrire (wie Anm. 10), S. 645.

64 Bourassa, Counselling Charles VI (wie Anm. 9), S. 257; George Coopland, The Tree of
Battle of Honore Bonet, Liverpool 1949; Helene Biu, L'Arbre des batailles d'Honorat Bovet:
etude de 1'oeuvre et edition critique des textes francais et Occitan, unveröffentlichte Doktor-
arbeit, Universite Paris IV-Sorbonne, 2004.

65 Helene Biu, „Et la gist la maistrie": De l'arbre des batailles au Livre des faits d'armes et de
chavelerie, in: Une femme et la guerre a la fin du Moyen Age. Le Livre des faits d'armes et de
chevalerie de Christine de Pizan, hg. von Dominique DEMARTINI/Claire LE NINAN/Anne
PAUPERT/Michelle Szkilnik (Etudes christiniennes 13), Paris 2016, S. 149-162.

66 Michael HANLY/Helene Millet, Les batailles d'Honorat Bovet: Essai de biographie, in:
Romania 114 (1996), S. 135-181. Spätere Versionen, als Karl VI. krank war, richtete der Autor
an die Herzogin und den Herzog von Orleans sowie Jean de Montaigu, einen der Marmou-
sets um Karl VI. Der Autor versucht sogar später, die Gegenpartei, den Herzog von Burgund
zu erreichen, vgl. Sylvie Lefevre, Art. „Honore Bovet", in: Le Moyen Age. Dictionnaire des
lettres frangaises, hg. von Genevieve HASENOHR/Michel Zink, Paris 1992, S. 685f.; Bourassa,
Counselling Charles VI (wie Anm. 9).
 
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