Kaiser Karl IV. und seine Mönche 1 409
auch die Raudnitzer Chorherren in Frage. Die erste Kanonie in Böhmen wurde
1333 in Raudnitz an der Elbe (Roudnice nad Labem) gegründet und stand auch
später unter erzbischöflichem Schutz. Sie war sehr klar auf Ausbildung und Li-
teratur orientiert, und schon 1352 bekam Raudnitz das Privileg, das gemeinsame
Dormitorium in Zellen aufzuteilen, ausdrücklich zu dem Zweck, dadurch den
einzelnen Chorherren Ruhe und Muße zum Studium zu geben.35 Die wahr-
scheinlichsten Urheber sind im Fall der Bibelübersetzung die Prager Dominika-
ner. Nicht nur, weil die Dominikaner auch in anderen Ländern wesentlich an
Bibelübersetzungen in die Vernakularsprache beteiligt waren, sondern auch,
weil die Übersetzung der gesamten Sammlung des sog. Passionals, einer ange-
passten Legendensammlung, die auf der populären Sammlung Legenda Aurea
basierte, oder auch die alttschechische Übertragung der Meditationes vitae
Christi mit einigen ihrer Mitglieder in Verbindung gebracht wird.36 In diesem
Kontext dürfen wir auch die Rolle der Frauenklöster nicht vernachlässigen -
z.B. die Dominikanerinnen (St. Anna) oder die Benediktinerinnen (St. Georg
auf der Prager Burg). Diese beiden Konvente, deren Mitglieder größtenteils
Töchter erlauchter Geschlechter waren, kommen ebenfalls als Auftraggeber alt-
tschechischer Bibelübersetzungen in Frage. In diesem Fall würde das die wahr-
scheinliche Rolle der Dominikaner bei der Bibelübersetzung stärken, da gerade
ihnen die Seelsorge der genannten prominenten Frauenklöster oblag.37 Es ist
offensichtlich, dass auch ein flüchtiger Überblick der Literaturproduktion in der
Vernakularsprache zur damaligen Zeit die Schlüsselbedeutung der Verflechtung
zwischen den Prager Klöstern und dem Hof für den Kulturbetrieb zu Zeiten
Karls IV. belegt.
Es gibt sehr wenige und nur indirekte Beweise für die Unterstützung oder für
höfische Beiträge in dieser Richtung, aber es ist klar, dass die Erschließung der
Erbauungsliteratur mit der Tätigkeit der religiösen Gemeinschaften zusammen-
hängt. Diese Übersetzungen und Übertragungen in die Vernakularsprache
wurden am Hofe positiv angenommen und schließlich für die Hervorhebung
der Vorstellung genutzt, Karl sei ein weiser Herrscher. Es kann auch davon aus-
gegangen werden, dass die spätere Übertragung von Teilen der höfischen Pro-
duktion - z. B. die Vita Karoli oder die Chronik von Pulkava mit Karls Vita des
35 Jaroslav Kadlec, Raudnitz - Roudnice n. Labem, in: Die Stifte der Augustiner-Chorherren,
hg. von Röhrig (wie Anm. 23), S. 177-202.
36 Anezka Vidmanovä, K puvodnf podobe a textove tradici staroceskeho Passionälu, in: Listy
filologicke 108 (1985), S. 16-45; Vendula Rejzlovä, K tzv. Dominikänovi a ceskym domini-
känum doby Karlovy, in: Ceskä literatura 63/3 (2015), S. 435-447.
37 Josef Vintr, Komu by urcen prvnf cesky preklad Bible z poloviny 14. stoletf a dalsf otazky s
tim spojene, in: Listy filologicke 142 (2019), S. 333-367.
auch die Raudnitzer Chorherren in Frage. Die erste Kanonie in Böhmen wurde
1333 in Raudnitz an der Elbe (Roudnice nad Labem) gegründet und stand auch
später unter erzbischöflichem Schutz. Sie war sehr klar auf Ausbildung und Li-
teratur orientiert, und schon 1352 bekam Raudnitz das Privileg, das gemeinsame
Dormitorium in Zellen aufzuteilen, ausdrücklich zu dem Zweck, dadurch den
einzelnen Chorherren Ruhe und Muße zum Studium zu geben.35 Die wahr-
scheinlichsten Urheber sind im Fall der Bibelübersetzung die Prager Dominika-
ner. Nicht nur, weil die Dominikaner auch in anderen Ländern wesentlich an
Bibelübersetzungen in die Vernakularsprache beteiligt waren, sondern auch,
weil die Übersetzung der gesamten Sammlung des sog. Passionals, einer ange-
passten Legendensammlung, die auf der populären Sammlung Legenda Aurea
basierte, oder auch die alttschechische Übertragung der Meditationes vitae
Christi mit einigen ihrer Mitglieder in Verbindung gebracht wird.36 In diesem
Kontext dürfen wir auch die Rolle der Frauenklöster nicht vernachlässigen -
z.B. die Dominikanerinnen (St. Anna) oder die Benediktinerinnen (St. Georg
auf der Prager Burg). Diese beiden Konvente, deren Mitglieder größtenteils
Töchter erlauchter Geschlechter waren, kommen ebenfalls als Auftraggeber alt-
tschechischer Bibelübersetzungen in Frage. In diesem Fall würde das die wahr-
scheinliche Rolle der Dominikaner bei der Bibelübersetzung stärken, da gerade
ihnen die Seelsorge der genannten prominenten Frauenklöster oblag.37 Es ist
offensichtlich, dass auch ein flüchtiger Überblick der Literaturproduktion in der
Vernakularsprache zur damaligen Zeit die Schlüsselbedeutung der Verflechtung
zwischen den Prager Klöstern und dem Hof für den Kulturbetrieb zu Zeiten
Karls IV. belegt.
Es gibt sehr wenige und nur indirekte Beweise für die Unterstützung oder für
höfische Beiträge in dieser Richtung, aber es ist klar, dass die Erschließung der
Erbauungsliteratur mit der Tätigkeit der religiösen Gemeinschaften zusammen-
hängt. Diese Übersetzungen und Übertragungen in die Vernakularsprache
wurden am Hofe positiv angenommen und schließlich für die Hervorhebung
der Vorstellung genutzt, Karl sei ein weiser Herrscher. Es kann auch davon aus-
gegangen werden, dass die spätere Übertragung von Teilen der höfischen Pro-
duktion - z. B. die Vita Karoli oder die Chronik von Pulkava mit Karls Vita des
35 Jaroslav Kadlec, Raudnitz - Roudnice n. Labem, in: Die Stifte der Augustiner-Chorherren,
hg. von Röhrig (wie Anm. 23), S. 177-202.
36 Anezka Vidmanovä, K puvodnf podobe a textove tradici staroceskeho Passionälu, in: Listy
filologicke 108 (1985), S. 16-45; Vendula Rejzlovä, K tzv. Dominikänovi a ceskym domini-
känum doby Karlovy, in: Ceskä literatura 63/3 (2015), S. 435-447.
37 Josef Vintr, Komu by urcen prvnf cesky preklad Bible z poloviny 14. stoletf a dalsf otazky s
tim spojene, in: Listy filologicke 142 (2019), S. 333-367.