Überblickskommentar, Kapitel 1.8: Struktur von UB I DS 63
„Erstens: wie denkt sich der Neugläubige seinen Himmel? Zweitens: wie weit
reicht der Muth, den ihm der neue Glaube verleiht? und drittens: wie schreibt
er seine Bücher? Strauss, der Bekenner, soll uns die erste und zweite Frage,
Strauss, der Schriftsteller, die dritte beantworten“ (177).
Indem N. den „Himmel des Neugläubigen“ sarkastisch als einen „Himmel
auf Erden“ beschreibt (178), nimmt er zugleich auf Strauß’ Konzept einer Im-
manenzreligion Bezug. Dass sich der „zum Schwärmer gewordene Philister“
als „Stifter der Religion der Zukunft“ geriert (177), zeigt N. durch exemplarische
Zitate aus Strauß’ Buch und vor allem durch seine süffisanten Kommentare.
So versucht er das Konzept insgesamt zu konterkarieren. Zunächst verleiht er
allerdings der begeisterten Zustimmung aus der imaginären Perspektive einer
philiströsen Jüngerschar Ausdruck, um die trivialen Überzeugungen und die
vorgeblich ins Universelle reichenden „höheren Interessen“ (178) des Reli-
gionsstifters und seiner Adepten ironisch ad absurdum zu führen. Dabei kari-
kiert N. zugleich Züge der preußisch-deutschen Kultur seiner Zeit, die er für
philiströs hält. Vor allem kritisiert N. ihre Vorliebe für nationale Ideale und
populäre Geschichtsschreibung. Die Haltung des Philisters, der „Geist und Ge-
müth“ an kanonischen „Dichtern und Musikern“ weihevoll „erbaut“ (178-179),
stellt N. als lächerlich dar, indem er die Prätentionen des Philisters auf seine
banalen Interessen hin transparent macht.
Zu diesem Zweck zieht N. hier auch den ersten von zwei Zusätzen aus
Strauß’ ANG mit heran, der den Titel Von unseren großen Dichtern trägt. Den
Originalitätsanspruch des Autors desavouiert er, indem er die Antiquiertheit
seiner Darlegungen betont: „den Geruch modernder Alterthümer“ (180). Nach
N.s Ansicht lässt Strauß „die Klassiker“ zu einem sterilen „Wachsfigurenkabi-
net“ erstarren (181). Der auffällige Enthusiasmus für Lessings „Universalität“
erscheint ihm nicht nur bei Strauß, sondern auch bei Gervinus suspekt (182).
Dass die Philister einvernehmlich berühmten Autoren wie Lessing und Win-
ckelmann, Schiller und Goethe ihre Reverenz erweisen, betrachtet N. als de-
goutant. Nach seiner Überzeugung darf es nicht jedem „erlaubt sein, solche
Männer zu loben!“ (184).
5.
Analog verfährt N. anschließend im 5. Kapitel (184-187). Hier macht er den
zweiten Zusatz zu Strauß’ ANG mit dem Titel Von unseren großen Musikern zum
Thema. Er verteidigt Beethoven und daneben auch Mozart gegen das banalisie-
rende Lob von Strauß; außerdem versucht er Haydn gegen die Missverständ-
nisse des Philisters zu schützen. Die von Strauß formulierten Fehlurteile ent-
„Erstens: wie denkt sich der Neugläubige seinen Himmel? Zweitens: wie weit
reicht der Muth, den ihm der neue Glaube verleiht? und drittens: wie schreibt
er seine Bücher? Strauss, der Bekenner, soll uns die erste und zweite Frage,
Strauss, der Schriftsteller, die dritte beantworten“ (177).
Indem N. den „Himmel des Neugläubigen“ sarkastisch als einen „Himmel
auf Erden“ beschreibt (178), nimmt er zugleich auf Strauß’ Konzept einer Im-
manenzreligion Bezug. Dass sich der „zum Schwärmer gewordene Philister“
als „Stifter der Religion der Zukunft“ geriert (177), zeigt N. durch exemplarische
Zitate aus Strauß’ Buch und vor allem durch seine süffisanten Kommentare.
So versucht er das Konzept insgesamt zu konterkarieren. Zunächst verleiht er
allerdings der begeisterten Zustimmung aus der imaginären Perspektive einer
philiströsen Jüngerschar Ausdruck, um die trivialen Überzeugungen und die
vorgeblich ins Universelle reichenden „höheren Interessen“ (178) des Reli-
gionsstifters und seiner Adepten ironisch ad absurdum zu führen. Dabei kari-
kiert N. zugleich Züge der preußisch-deutschen Kultur seiner Zeit, die er für
philiströs hält. Vor allem kritisiert N. ihre Vorliebe für nationale Ideale und
populäre Geschichtsschreibung. Die Haltung des Philisters, der „Geist und Ge-
müth“ an kanonischen „Dichtern und Musikern“ weihevoll „erbaut“ (178-179),
stellt N. als lächerlich dar, indem er die Prätentionen des Philisters auf seine
banalen Interessen hin transparent macht.
Zu diesem Zweck zieht N. hier auch den ersten von zwei Zusätzen aus
Strauß’ ANG mit heran, der den Titel Von unseren großen Dichtern trägt. Den
Originalitätsanspruch des Autors desavouiert er, indem er die Antiquiertheit
seiner Darlegungen betont: „den Geruch modernder Alterthümer“ (180). Nach
N.s Ansicht lässt Strauß „die Klassiker“ zu einem sterilen „Wachsfigurenkabi-
net“ erstarren (181). Der auffällige Enthusiasmus für Lessings „Universalität“
erscheint ihm nicht nur bei Strauß, sondern auch bei Gervinus suspekt (182).
Dass die Philister einvernehmlich berühmten Autoren wie Lessing und Win-
ckelmann, Schiller und Goethe ihre Reverenz erweisen, betrachtet N. als de-
goutant. Nach seiner Überzeugung darf es nicht jedem „erlaubt sein, solche
Männer zu loben!“ (184).
5.
Analog verfährt N. anschließend im 5. Kapitel (184-187). Hier macht er den
zweiten Zusatz zu Strauß’ ANG mit dem Titel Von unseren großen Musikern zum
Thema. Er verteidigt Beethoven und daneben auch Mozart gegen das banalisie-
rende Lob von Strauß; außerdem versucht er Haydn gegen die Missverständ-
nisse des Philisters zu schützen. Die von Strauß formulierten Fehlurteile ent-