68 David Strauss der Bekenner und der Schriftsteller
Seiner Auffassung zufolge ist ein „ästhetisches Effectmittel“ wie „jene myste-
riöse Empfindung für das All“ (215) nicht mit einem seriösen naturwissen-
schaftlichen Anspruch kompatibel, wie ihn der Darwinist Strauß eigentlich ver-
treten müsste (212). Anlass zur Kritik findet N. auch noch in anderer Hinsicht:
Er glaubt bei Strauß die prätentiöse Wunschvorstellung zu erkennen, entweder
als „der deutsche Voltaire“ oder als „der französische Lessing“ zu gelten oder
gar beide Autoren in Personalunion zu repräsentieren (216).
10.
Diese Attacke setzt N. im 10. Kapitel (216-220) fort, indem er die Genie-Ambitio-
nen des nüchternen und trivialen Philisters Strauß kritisiert und ihm unter-
stellt, er betreibe Mimikry nach dem Vorbild Lessings oder Voltaires (216-217).
Darüber hinaus vermutet N., Strauß simuliere stilistisch die Schlichtheit, Klar-
heit, Kühnheit, Natürlichkeit und Naivität des Genies, um mit ihm gleichge-
setzt zu werden (217), übersehe dabei aber, dass „die simple Manier“ keines-
wegs notwendigerweise ein Indiz für „schriftstellerische Rechtschaffenheit“ sei
(220).
Außerdem demontiert N. das „Genie Strauß“, indem er humoristisch be-
schreibt, wie dieser „mit dem Feuerblick des Genies“ (219) „in der Kleidung
leicht geschürzter Göttinnen als ,Klassiker4 auf den Strassen herum“ laufe, da-
bei aber allzu oft die „Genielarve“ verliere (218), so dass hinter ihr der verdros-
sene Magister zum Vorschein komme (219). Früher habe Strauß durchaus einen
ernsthaften Wahrheitsanspruch gehabt (219), der ihm später allerdings durch
seine hohlen Prätentionen abhanden gekommen sei. So habe er Sympathien
verloren und allmählich auch seine „Gelehrten- und Kritiker-Natur [...] zer-
stört“ (219). Als vollkommen unkünstlerischer Schriftsteller (219) agiere er nun-
mehr als „Schauspieler, der das naive Genie und den Klassiker spielt“ (220).
N.s Urteil über den Schriftsteller David Friedrich Strauß fällt insgesamt ver-
nichtend aus. Sein Fazit lautet: Strauß ist „ein schlechter Schauspieler“ und
ein „ganz nichtswürdiger Stilist“ (220).
11.
Im 11. Kapitel (220-227) verallgemeinert N. seine Kritik: Vom paradigmatischen
Fall des Philisters David Friedrich Strauß ausgehend, attestiert er „der deut-
schen Sprache der Jetztzeit4“ insgesamt einen desolaten Zustand (221). Deutsch-
land als sprachlich unkultiviertes Land biete schlechte Voraussetzungen für
Seiner Auffassung zufolge ist ein „ästhetisches Effectmittel“ wie „jene myste-
riöse Empfindung für das All“ (215) nicht mit einem seriösen naturwissen-
schaftlichen Anspruch kompatibel, wie ihn der Darwinist Strauß eigentlich ver-
treten müsste (212). Anlass zur Kritik findet N. auch noch in anderer Hinsicht:
Er glaubt bei Strauß die prätentiöse Wunschvorstellung zu erkennen, entweder
als „der deutsche Voltaire“ oder als „der französische Lessing“ zu gelten oder
gar beide Autoren in Personalunion zu repräsentieren (216).
10.
Diese Attacke setzt N. im 10. Kapitel (216-220) fort, indem er die Genie-Ambitio-
nen des nüchternen und trivialen Philisters Strauß kritisiert und ihm unter-
stellt, er betreibe Mimikry nach dem Vorbild Lessings oder Voltaires (216-217).
Darüber hinaus vermutet N., Strauß simuliere stilistisch die Schlichtheit, Klar-
heit, Kühnheit, Natürlichkeit und Naivität des Genies, um mit ihm gleichge-
setzt zu werden (217), übersehe dabei aber, dass „die simple Manier“ keines-
wegs notwendigerweise ein Indiz für „schriftstellerische Rechtschaffenheit“ sei
(220).
Außerdem demontiert N. das „Genie Strauß“, indem er humoristisch be-
schreibt, wie dieser „mit dem Feuerblick des Genies“ (219) „in der Kleidung
leicht geschürzter Göttinnen als ,Klassiker4 auf den Strassen herum“ laufe, da-
bei aber allzu oft die „Genielarve“ verliere (218), so dass hinter ihr der verdros-
sene Magister zum Vorschein komme (219). Früher habe Strauß durchaus einen
ernsthaften Wahrheitsanspruch gehabt (219), der ihm später allerdings durch
seine hohlen Prätentionen abhanden gekommen sei. So habe er Sympathien
verloren und allmählich auch seine „Gelehrten- und Kritiker-Natur [...] zer-
stört“ (219). Als vollkommen unkünstlerischer Schriftsteller (219) agiere er nun-
mehr als „Schauspieler, der das naive Genie und den Klassiker spielt“ (220).
N.s Urteil über den Schriftsteller David Friedrich Strauß fällt insgesamt ver-
nichtend aus. Sein Fazit lautet: Strauß ist „ein schlechter Schauspieler“ und
ein „ganz nichtswürdiger Stilist“ (220).
11.
Im 11. Kapitel (220-227) verallgemeinert N. seine Kritik: Vom paradigmatischen
Fall des Philisters David Friedrich Strauß ausgehend, attestiert er „der deut-
schen Sprache der Jetztzeit4“ insgesamt einen desolaten Zustand (221). Deutsch-
land als sprachlich unkultiviertes Land biete schlechte Voraussetzungen für