Stellenkommentar UB II HL 9, KSA 1, S. 312-313 543
historische Universalist noch die Spuren seiner selbst, als lebenden Schleim] Die-
se Polemik richtet sich gegen die Kapitel in der Philosophie des Unbewußten,
in denen Hartmann das Verhältnis zwischen Unbewusstem und Bewusstem im
Pflanzen- und Tierreich unter dem Aspekt der Evolution untersucht und dabei
ausdrücklich auf Darwins Theorie zurückgreift (vgl. Abschnitt C, Kapitel III—X,
345-519). N.s Polemik gegen Hartmann richtet sich insofern zugleich indirekt
gegen Darwin, mit dem er sich auch sonst auseinandersetzte (vgl. Stegmaier
1987, 264-287). Den Darwinismus-Diskurs im 19. Jahrhundert beleuchtet der
Band von Bayertz/Gerhard/Jaeschke, Bd. 2, 2007. Zur zeitgenössischen Debatte
vgl. Julius Bahnsens Buch Zur Philosophie der Geschichte. Eine kritische Bespre-
chung des Hegel-Hartmannschen Evolutionismus aus Schopenhauerschen Princi-
pien (1872). [Aus der Tatsache, dass N. dieses Buch bereits am 5. Dezember
1871 aus der Universitätsbibliothek Basel entlieh, lässt sich erschließen, dass
es schon vor dem offiziellen Publikationsjahr erschienen war.]
313, 10-12 Ueberstolzer Europäer des neunzehnten Jahrhunderts, du rasest!
Dein Wissen vollendet nicht die Natur, sondern tödtet nur deine eigene.] In einem
nachgelassenen Notat aus der Entstehungszeit der Historienschrift beruft sich
N. auf Goethe: „Wie sehr das historische Wissen tödtet, hat Goethe einmal aus-
gedrückt. ,Hätte ich so deutlich wie jetzt gewusst, wie viel Vortreffliches seit
Jahrhunderten und Jahrtausenden da ist, ich hätte keine Zeile geschrieben,
sondern etwas anderes gethan4“ (NL 1873, 29 [77], KSA 7, 663). N. zitiert hier
aus Johann Peter Eckermanns Werk Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren
seines Lebens (1836-1848), 16. Februar 1826.
313, 28-31 eines philosophischen Parodisten [...], in dessen Kopfe die
Zeit über sich selbst zum ironischen Bewusstsein, und zwar deutlich „bis zur Ver-
ruchtheit“ (um Goethisch zu reden), gekommen ist] N. bezieht sich hier auf eine
Aussage in Goethes Werk Zur Farbenlehre (Erstausgabe 1810): „Diese Ironie,
dieses Bewußtsein, womit man seinen Mängeln nachsieht [...] kann von der
klarsten Verruchtheit bis zur dumpfsten Ahndung sich in mancherlei Subjekten
stufenweise finden“ (Goethe: FA, Abt. I, Bd. 23/1, 848).
313, 32-33 Hegel hat uns einmal gelehrt, „wenn der Geist einen Ruck macht, da
sind wir Philosophen auch dabei“] N. bezieht sich hier auf Hegels Vorlesungen
über die Geschichte der Philosophie (Erster Teil, Abschnitt III, C 5): „ein Ruck
des Menschengeistes, der Welt, des Weltgeistes [...] Es sind Thaten des Welt-
geistes, meine Herren, und darum des Schicksals. Die Philosophen sind dabei
dem Herrn näher, als die sich nähren von den Brosamen des Geistes; sie lesen
oder schreiben diese Cabinetsordres gleich im Original: sie sind gehalten, diese
mitzuschreiben. Die Philosophen sind die Mysten, die beim Ruck im innersten
historische Universalist noch die Spuren seiner selbst, als lebenden Schleim] Die-
se Polemik richtet sich gegen die Kapitel in der Philosophie des Unbewußten,
in denen Hartmann das Verhältnis zwischen Unbewusstem und Bewusstem im
Pflanzen- und Tierreich unter dem Aspekt der Evolution untersucht und dabei
ausdrücklich auf Darwins Theorie zurückgreift (vgl. Abschnitt C, Kapitel III—X,
345-519). N.s Polemik gegen Hartmann richtet sich insofern zugleich indirekt
gegen Darwin, mit dem er sich auch sonst auseinandersetzte (vgl. Stegmaier
1987, 264-287). Den Darwinismus-Diskurs im 19. Jahrhundert beleuchtet der
Band von Bayertz/Gerhard/Jaeschke, Bd. 2, 2007. Zur zeitgenössischen Debatte
vgl. Julius Bahnsens Buch Zur Philosophie der Geschichte. Eine kritische Bespre-
chung des Hegel-Hartmannschen Evolutionismus aus Schopenhauerschen Princi-
pien (1872). [Aus der Tatsache, dass N. dieses Buch bereits am 5. Dezember
1871 aus der Universitätsbibliothek Basel entlieh, lässt sich erschließen, dass
es schon vor dem offiziellen Publikationsjahr erschienen war.]
313, 10-12 Ueberstolzer Europäer des neunzehnten Jahrhunderts, du rasest!
Dein Wissen vollendet nicht die Natur, sondern tödtet nur deine eigene.] In einem
nachgelassenen Notat aus der Entstehungszeit der Historienschrift beruft sich
N. auf Goethe: „Wie sehr das historische Wissen tödtet, hat Goethe einmal aus-
gedrückt. ,Hätte ich so deutlich wie jetzt gewusst, wie viel Vortreffliches seit
Jahrhunderten und Jahrtausenden da ist, ich hätte keine Zeile geschrieben,
sondern etwas anderes gethan4“ (NL 1873, 29 [77], KSA 7, 663). N. zitiert hier
aus Johann Peter Eckermanns Werk Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren
seines Lebens (1836-1848), 16. Februar 1826.
313, 28-31 eines philosophischen Parodisten [...], in dessen Kopfe die
Zeit über sich selbst zum ironischen Bewusstsein, und zwar deutlich „bis zur Ver-
ruchtheit“ (um Goethisch zu reden), gekommen ist] N. bezieht sich hier auf eine
Aussage in Goethes Werk Zur Farbenlehre (Erstausgabe 1810): „Diese Ironie,
dieses Bewußtsein, womit man seinen Mängeln nachsieht [...] kann von der
klarsten Verruchtheit bis zur dumpfsten Ahndung sich in mancherlei Subjekten
stufenweise finden“ (Goethe: FA, Abt. I, Bd. 23/1, 848).
313, 32-33 Hegel hat uns einmal gelehrt, „wenn der Geist einen Ruck macht, da
sind wir Philosophen auch dabei“] N. bezieht sich hier auf Hegels Vorlesungen
über die Geschichte der Philosophie (Erster Teil, Abschnitt III, C 5): „ein Ruck
des Menschengeistes, der Welt, des Weltgeistes [...] Es sind Thaten des Welt-
geistes, meine Herren, und darum des Schicksals. Die Philosophen sind dabei
dem Herrn näher, als die sich nähren von den Brosamen des Geistes; sie lesen
oder schreiben diese Cabinetsordres gleich im Original: sie sind gehalten, diese
mitzuschreiben. Die Philosophen sind die Mysten, die beim Ruck im innersten