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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0152
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132 Jenseits von Gut und Böse

Abkürzung des Weges der Erkenntniß: dieser Traum berauschte! — In der
Hauptsache bringt Schopenhauer dasselbe Entzücken hervor: nur nicht
bei zufriedenen spinozistisch gesinnten Manschen} sondern bei Unzufriede-
nen: er packt ,den Willen4 oder vielmehr die Velleität die ,Willelei‘, die Begehr-
lichkeit oder Sinn und Verstand“.
24,13-26 Kant war vor Allem und zuerst stolz auf seine Kategorientafel, er sag-
te mit dieser Tafel in den Händen: „das ist das Schwerste, was jemals zum Behufe
der Metaphysik unternommen werden konnte“. — Man verstehe doch dies „wer-
den konnte“! er war stolz darauf, im Menschen ein neues Vermögen, das Vermö-
gen zu synthetischen Urteilen a priori, entdeckt zu haben. Gesetzt, dass er
sich hierin selbst betrog: aber die Entwicklung und rasche Blüthe der deutschen
Philosophie hängt an diesem Stolze und an dem Wetteifer aller Jüngeren, womög-
lich noch Stolzeres zu entdecken — und jedenfalls „neue Vermögen“! — Aber
besinnen wir uns: es ist an der Zeit. Wie sind synthetische Urtheile a priori mög-
lich? fragte sich Kant, — und was antwortete er eigentlich? Vermöge eines
Vermögens] Von 1885 an gibt es - abgesehen von der oben mitgeteilten Auf-
zeichnung NL 1885, KSA 11, 38[7], 604 f. - im Nachlass Stellen, die diese Passa-
ge vorbereiten: „Kant meinte, mit seiner Kategorien-Tafel in der Hand ,das ist
das Schwerste was jemals zum Behufe der Metaphysik unternommen werden
konnte? - man mißverstehe doch ja nicht, wo er seinen Stolz hatte“ (NL 1885,
KSA 11, 34[79], 444, entspricht KGW IX 1, N VII1, 146).
„Hume fordert (um mit Kants Worten zu reden) die Vernunft auf, ihm Rede
und Antwort zu geben, mit welchem Rechte sie sich denkt: daß etwas so be-
schaffen sein könne, daß, wenn es gesetzt ist, dadurch auch etwas anderes
nothwendig gesetzt werden müsse, denn das sagt der Begriff der Ursache.
Er bewies unwidersprechlich, daß es der Vernunft ganz unmöglich sei, a priori
und aus Begriffen eine solche Verbindung zu denken usw. - Aber die Thorheit
war, nach Gründen für das Recht der Begründung zu fragen. Er that das Thun,
welches er eben prüfen wollte.“ (NL 1885, KSA 11, 34[70], 442, entspricht KGW
IX 1, N VII 1, 152) Loukidelis 2007a, 387 f. führt die Stellen auf die folgenden
beiden Passagen in Friedrich Albert Langes Geschichte des Materialismus zu-
rück: „In der Vorrede zu seinen Prolegomenen behauptet Kant, dass seit dem
Entstehen der Metaphysik keine Begebenheit sich zugetragen habe, die für das
Schicksal derselben hätte entscheidender werden können, als der Angriff Hu-
mes, wenn dieser nur ein empfänglicheres Publikum gefunden hätte. Dann
folgt eine längere, höchst denkwürdige Stelle, die wir hier unverkürzt wieder-
geben: ,Hume ging hauptsächlich von einem einzigen, aber wichtigen Begriffe
der Metaphysik, nämlich dem der Verknüpfung der Ursache und Wirkung (mit-
hin auch dessen Folgebegriffen der Kraft und Handlung u. s. w.), aus, und
forderte die Vernunft, die da vorgiebt, ihn in ihrem Schoosse erzeugt zu haben,
 
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