Stellenkommentar JGB 18, KSA 5, S. 31 181
Sprachgebrauchs sei. Zumindest versuchsweise postuliert JGB 17 sozusagen in
einem Gestus der Entanimierung der Wirklichkeit, dass Tätigkeit, Tun keinen
Täter braucht, kein Geist hinter den Erscheinungen steht - dass es in der Wirk-
lichkeit nur Geschehen gibt, aber keine Geschehenden.
31, 12-19 Ungefähr nach dem gleichen Schema suchte die ältere Atomistik zu
der „Kraft“, die wirkt, noch jenes Klümpchen Materie, worin sie sitzt, aus der
heraus sie wirkt, das Atom; strengere Köpfe lernten endlich ohne diesen „Erden-
rest“ auskommen, und vielleicht gewöhnt man sich eines Tages noch daran, auch
seitens der Logiker ohne jenes kleine „es“ (zu dem sich das ehrliche alte Ich
verflüchtigt hat) auszukommen.] In JGB 12 wurde breit ausgeführt, dass die neu-
ere Atomistik vom Begriff der Materie Abschied genommen habe, siehe NK 26,
22-30. Mit vielen Vorbehalten gegenüber dem traditionellen atomistischen Ma-
terienbegriff ist N. in Schmitz-Dumonts Die Einheit der Naturkräfte konfrontiert
worden: „Und was ist dann die Materie, d. h. die reine Materie, welche vom
Körper übrig bleibt, wenn alle seine spezifischen Eigenschaften weggedacht
werden; also das ausgedehnte Atom der Materialisten. Es ist gleicherweise ein
Nichts; der Repräsentant des Loches, um welches Metall gegossen werden
muss, damit eine Kanone daraus werde. / Materie ist das Substrat, der Träger
der Körpereigenschaften, genannt worden. Gut; aber aus Tüchern lässt sich
ein Kostüm zusammensetzen, ohne dass ein Träger desselben, Mensch oder
Kleiderstoff, darin steckt. Die reine Materie ist weiter nichts als die Forde-
rung — und die logische Möglichkeit, diese Forderung zu erfüllen — dass jene
Eigenschaften des Körpers, nach bestimmtem Maass, einer bestimmten mathe-
matischen Funktion entsprechend, zusammengefasst werden sollen und kön-
nen.“ (Schmitz-Dumont 1881,158) Entsprechend sind Physiker recht eigentlich
Fiktionalisten: „Wie gesagt ist die ganze in Raum und Zeit bewegte Atomwelt
der Physiker vorerst weiter nichts als ein logisches Schema, nach welchem wir
den von uns wahrgenommenen Inhalt der Welt, unsere Empfindungen, ord-
nen; also eine reine Form, oder wie man häufig zu sagen pflegt, eine subjektive
Fiktion zur Gewinnung von Ausgangspunkten des Urtheils.“ (Ebd., 159. Dop-
pelte Anstreichung am Rand von N.s Hand.)
18.
31, 21 f. An einer Theorie ist wahrhaftig nicht ihr geringster Reiz, dass sie wider-
legbar ist: gerade damit zieht sie feinere Köpfe an.] Eine frühe Version noch
ohne Erläuterung, dafür als Epigramm pointiert, findet sich in einer Aphoris-
men-Sammlung NL 1882/83, KSA 10, 4[72], 133, 8f.: „An einer Theorie ist ihre
Widerlegbarkeit wahrlich nicht der geringste Reiz.“ (Ursprüngliche Fassung
Sprachgebrauchs sei. Zumindest versuchsweise postuliert JGB 17 sozusagen in
einem Gestus der Entanimierung der Wirklichkeit, dass Tätigkeit, Tun keinen
Täter braucht, kein Geist hinter den Erscheinungen steht - dass es in der Wirk-
lichkeit nur Geschehen gibt, aber keine Geschehenden.
31, 12-19 Ungefähr nach dem gleichen Schema suchte die ältere Atomistik zu
der „Kraft“, die wirkt, noch jenes Klümpchen Materie, worin sie sitzt, aus der
heraus sie wirkt, das Atom; strengere Köpfe lernten endlich ohne diesen „Erden-
rest“ auskommen, und vielleicht gewöhnt man sich eines Tages noch daran, auch
seitens der Logiker ohne jenes kleine „es“ (zu dem sich das ehrliche alte Ich
verflüchtigt hat) auszukommen.] In JGB 12 wurde breit ausgeführt, dass die neu-
ere Atomistik vom Begriff der Materie Abschied genommen habe, siehe NK 26,
22-30. Mit vielen Vorbehalten gegenüber dem traditionellen atomistischen Ma-
terienbegriff ist N. in Schmitz-Dumonts Die Einheit der Naturkräfte konfrontiert
worden: „Und was ist dann die Materie, d. h. die reine Materie, welche vom
Körper übrig bleibt, wenn alle seine spezifischen Eigenschaften weggedacht
werden; also das ausgedehnte Atom der Materialisten. Es ist gleicherweise ein
Nichts; der Repräsentant des Loches, um welches Metall gegossen werden
muss, damit eine Kanone daraus werde. / Materie ist das Substrat, der Träger
der Körpereigenschaften, genannt worden. Gut; aber aus Tüchern lässt sich
ein Kostüm zusammensetzen, ohne dass ein Träger desselben, Mensch oder
Kleiderstoff, darin steckt. Die reine Materie ist weiter nichts als die Forde-
rung — und die logische Möglichkeit, diese Forderung zu erfüllen — dass jene
Eigenschaften des Körpers, nach bestimmtem Maass, einer bestimmten mathe-
matischen Funktion entsprechend, zusammengefasst werden sollen und kön-
nen.“ (Schmitz-Dumont 1881,158) Entsprechend sind Physiker recht eigentlich
Fiktionalisten: „Wie gesagt ist die ganze in Raum und Zeit bewegte Atomwelt
der Physiker vorerst weiter nichts als ein logisches Schema, nach welchem wir
den von uns wahrgenommenen Inhalt der Welt, unsere Empfindungen, ord-
nen; also eine reine Form, oder wie man häufig zu sagen pflegt, eine subjektive
Fiktion zur Gewinnung von Ausgangspunkten des Urtheils.“ (Ebd., 159. Dop-
pelte Anstreichung am Rand von N.s Hand.)
18.
31, 21 f. An einer Theorie ist wahrhaftig nicht ihr geringster Reiz, dass sie wider-
legbar ist: gerade damit zieht sie feinere Köpfe an.] Eine frühe Version noch
ohne Erläuterung, dafür als Epigramm pointiert, findet sich in einer Aphoris-
men-Sammlung NL 1882/83, KSA 10, 4[72], 133, 8f.: „An einer Theorie ist ihre
Widerlegbarkeit wahrlich nicht der geringste Reiz.“ (Ursprüngliche Fassung