314 Jenseits von Gut und Böse
gehabt hat“ (normalisierte Fassung der ersten Version nach KSA 14, 354; ge-
naue Transkription mit Korrekturen und Einschüben in KGW IX 4, W I 6, 75,
24-44, vgl. 74,10-32. Eine weitere Fassung findet sich in N VII1, vgl. NL 1885,
KSA 11, 34(147], 470, 4-9 = KGW IX 1, N VII 1, 97, 38-44 u. 95, 2-4).
Von „grosser Jagd“ sprach N. nur in JGB 45 (vgl. auch Neymeyr 2012); an
sich handelt es sich um einen waidmännischen Fachbegriff: „Große Jagd nennt
man die Jagd auf Elen-, Edel-, Dam- und Schwarzwild, wenn letzteres zur ho-
hen Jagd gerechnet wird.“ (Hartig 1861, 229) Freilich ist ein nicht technisch-
terminlogischer Gebrauch im 19. Jahrhundert durchaus verbreitet; beispiels-
weise spricht Wagner in Oper und Drama über „die große Jagd auf Volksmelo-
dieen in fremder Herren Ländern“ (Wagner 1907, 3, 264). Die durch Anfüh-
rungszeichen und Sperrung in JGB 45 so stark hervorgehobene „grosse Jagd“
könnte auch auf eine berühmte Episode im Leben des Benvenuto Cellini
(1. Buch, 5. Kapitel) anspielen, das N. in Goethes Übertragung gut kannte: „Zu
dieser Zeit, ich war ungefähr drei und zwanzig Jahr alt, wüthete in Rom eine
pestilenzialische Krankheit; viele Tausende starben jeden Tag, und, dadurch
geschreckt, gewöhnte ich mich zu einer gewissen Lebensart, die ich gemüth-
lich fand, und zwar durch folgenden Anlaß. An Festtagen ging ich gewöhnlich
nach Alterthümern aus und studirte nach ihnen, entweder in Wachs oder mit
Zeichnen. Weil sich nun viele schöne Sachen in den Ruinen finden und dabei
viele Tauben nisten, fand ich Vergnügen, meine Büchse gegen sie zu brauchen.
[...] Wir gingen allein nach jenen Alterthümern aus und kamen gewöhnlich mit
einer großen Beute nach Hause. Ich lud immer nur eine Kugel in das Gewehr
und vergnügte mich, durch Kunst und Geschicklichkeit große Jagd /54/ zu ma-
chen“ (Goethe 1853-1858, 28, 53 f.).
In der ursprünglichen Fassung vom W16, 75 fehlen die „homines religiosi“
noch; sie gesellen sich in einer Einfügung beim Korrekturdurchgang hinzu, der
den Text von JGB 45 vorwegnimmt (KGW IX 4, W I 6, 75, 44), und kehren in
JGB 59, KSA 5, 78,16 f. wieder. Sie kommen auch in FW 350, KSA 3, 586, 4 vor;
in FW 358, KSA 3, 604, 19 f. wird im Anschluss an Janssen 1879, 2, 67-131 er-
wähnt, dass „der unmögliche Mönch“ Luther „die Herrschaft der homines
religiosi“ von sich gestoßen habe. Während seit dem 19. Jahrhundert „homo
religiosus“ als allgemein anthropologische und religionswissenschaftliche For-
mel für den „religiösen Menschen“ im Gebrauch ist, schwingt im Fünften Buch
der Fröhlichen Wissenschaft noch eine ältere Verwendungsweise mit, die den
Ausdruck für diejenigen reserviert, die kultische Pflichten verrichten, insbe-
sondere auch Ordensgeistliche, bestallte Priester und Repräsentanten einer
kirchlichen Institution (vgl. aber schon Marcus Tullius Cicero: Epistulae ad fa-
miliäres I 7, 4 u. De natura deorum IV 3). Entsprechend hat N. in seinem Hand-
exemplar von MA I in Abschnitt 109 (KSA 2, 108, 3) die „falschen Behauptun-
gehabt hat“ (normalisierte Fassung der ersten Version nach KSA 14, 354; ge-
naue Transkription mit Korrekturen und Einschüben in KGW IX 4, W I 6, 75,
24-44, vgl. 74,10-32. Eine weitere Fassung findet sich in N VII1, vgl. NL 1885,
KSA 11, 34(147], 470, 4-9 = KGW IX 1, N VII 1, 97, 38-44 u. 95, 2-4).
Von „grosser Jagd“ sprach N. nur in JGB 45 (vgl. auch Neymeyr 2012); an
sich handelt es sich um einen waidmännischen Fachbegriff: „Große Jagd nennt
man die Jagd auf Elen-, Edel-, Dam- und Schwarzwild, wenn letzteres zur ho-
hen Jagd gerechnet wird.“ (Hartig 1861, 229) Freilich ist ein nicht technisch-
terminlogischer Gebrauch im 19. Jahrhundert durchaus verbreitet; beispiels-
weise spricht Wagner in Oper und Drama über „die große Jagd auf Volksmelo-
dieen in fremder Herren Ländern“ (Wagner 1907, 3, 264). Die durch Anfüh-
rungszeichen und Sperrung in JGB 45 so stark hervorgehobene „grosse Jagd“
könnte auch auf eine berühmte Episode im Leben des Benvenuto Cellini
(1. Buch, 5. Kapitel) anspielen, das N. in Goethes Übertragung gut kannte: „Zu
dieser Zeit, ich war ungefähr drei und zwanzig Jahr alt, wüthete in Rom eine
pestilenzialische Krankheit; viele Tausende starben jeden Tag, und, dadurch
geschreckt, gewöhnte ich mich zu einer gewissen Lebensart, die ich gemüth-
lich fand, und zwar durch folgenden Anlaß. An Festtagen ging ich gewöhnlich
nach Alterthümern aus und studirte nach ihnen, entweder in Wachs oder mit
Zeichnen. Weil sich nun viele schöne Sachen in den Ruinen finden und dabei
viele Tauben nisten, fand ich Vergnügen, meine Büchse gegen sie zu brauchen.
[...] Wir gingen allein nach jenen Alterthümern aus und kamen gewöhnlich mit
einer großen Beute nach Hause. Ich lud immer nur eine Kugel in das Gewehr
und vergnügte mich, durch Kunst und Geschicklichkeit große Jagd /54/ zu ma-
chen“ (Goethe 1853-1858, 28, 53 f.).
In der ursprünglichen Fassung vom W16, 75 fehlen die „homines religiosi“
noch; sie gesellen sich in einer Einfügung beim Korrekturdurchgang hinzu, der
den Text von JGB 45 vorwegnimmt (KGW IX 4, W I 6, 75, 44), und kehren in
JGB 59, KSA 5, 78,16 f. wieder. Sie kommen auch in FW 350, KSA 3, 586, 4 vor;
in FW 358, KSA 3, 604, 19 f. wird im Anschluss an Janssen 1879, 2, 67-131 er-
wähnt, dass „der unmögliche Mönch“ Luther „die Herrschaft der homines
religiosi“ von sich gestoßen habe. Während seit dem 19. Jahrhundert „homo
religiosus“ als allgemein anthropologische und religionswissenschaftliche For-
mel für den „religiösen Menschen“ im Gebrauch ist, schwingt im Fünften Buch
der Fröhlichen Wissenschaft noch eine ältere Verwendungsweise mit, die den
Ausdruck für diejenigen reserviert, die kultische Pflichten verrichten, insbe-
sondere auch Ordensgeistliche, bestallte Priester und Repräsentanten einer
kirchlichen Institution (vgl. aber schon Marcus Tullius Cicero: Epistulae ad fa-
miliäres I 7, 4 u. De natura deorum IV 3). Entsprechend hat N. in seinem Hand-
exemplar von MA I in Abschnitt 109 (KSA 2, 108, 3) die „falschen Behauptun-