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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0433
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Stellenkommentar JGB 97, KSA 5, S. 90 413

bevor sie ihn an den Hof ihres Vaters Alkinoos führte, wo er über seine Irrfahr-
ten berichtete. Als er dann endlich von dort wieder aufbrach, segnete er aller-
dings nicht Nausikaa, die nicht wieder vorkommt, sondern den König und das
ganze Volk der Phäaken (Homer: Odyssee XIII 38-46). Von Nausikaa nahm
Odysseus schon in Buch 8 Abschied: „Lasse mich jetzo nur Zeus, der donnern-
de Gatte der Here, / Glücklich zur Heimat kehren, und schaun den Tag der
Zurückkunft! / Täglich werd’ ich auch dort, wie einer Göttin, voll Ehrfurcht /
Dir danksagen; du hast mein Leben gerettet, o Jungfrau!“ (Homer: Odyssee
VIII 465-469, Übersetzung von Johann Heinrich Voß). Zumindest in Homers
Variante der Geschichte ist der Segen des Odysseus vor allem ein Danksagen,
in dem das Sehnen nach seiner Heimat Ithaka deutlich mitschwingt.
Goethe hatte, wie in GT 12 vermerkt, eine Nausikaa-Tragödie als „dramati-
sche Concentration der Odyssee“ (Goethe 1853-1858, 23, 376) geplant, in der
sich die Titelheldin wegen ihrer unerwiderten Liebe zu Odysseus hätte umbrin-
gen sollen, vgl. NK KSA 1, 83, 29 f. In der Italiänischen Reise heißt es am 8. Mai
1787 (unter Taormina) dazu: „Ulyß der halb schuldig, halb unschuldig dieses
alles veranlaßt, muß sich zuletzt als einen scheidenden erklären, und es bleibt
dem guten Mädchen nichts übrig, als im fünften Acte den Tod zu suchen.“
(Goethe 1853-1858, 23, 378) N. spielte offensichtlich selbst mit dem Gedanken,
den Stoff eher heiter zu adaptieren, vgl. seinen Brief an Köselitz vom
18.11.1881, KSB 6/KGB III/l, Nr. 168, S. 142, Z. 14-17: „Immer schwebt jetzt
,Nausicaa‘ um mich, ein Idyll mit Tänzen und aller südlichen Herrlichkeit sol-
cher, die am Meere leben, Musik und Dichtung von Freund Köselitz“ (dazu
auch N. an Köselitz, 27. 03.1887, KSB 8/KGB III/5, Nr. 822, S. 50, Z. 10-15). 1883
begegnete ihm der Komponist August Bungert, der ihm von seiner Nausikaa-
Oper erzählte (vgl. z. B. N. an Köselitz, 07. 03.1883, KSB 6/KGB III/l, Nr. 387,
S. 340 f., Z. 30-33). Aus dem Frühjahr 1882 stammt ein Gedicht N.s, dem er den
Titel Nausikaa-Lieder gab (NL 1882, 19[10], KSA 9, 677, 18-678, 16).
97.
90, 21 f. Wie? Ein grosser Mann? Ich sehe immer nur den Schauspieler seines
eignen Ideals.] Die Vorstufe NL 1882, KSA 10, 3[l]405, 102, 16 f. lautet fast
gleich: „Wie? Ein großer Mann? Ich sehe in ihm nur den Schauspieler seines
eignen Ideals.“ Durchgestrichen hat N. nach KGW VII 4/1, 97 die frühere Fas-
sung NL 1882, KSA 10, 3[l]360, 97,10 f.: „Bei Lebzeiten wird man nur berühmt,
wenn man auch der Schauspieler seiner Tugend ist.“ Den Vorwurf der Schau-
spielerei adressierte N. bekanntlich an Wagner, ebenso, dass dieser sich hinter
einem Tugendideal, recht eigentlich hinter „Niedergangs-Tugenden“ verstecke
(vgl. NK KSA 6, 50, 7-17, ferner NK KSA 6, 29, 14 f.). Für sich selbst hingegen
 
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