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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0479
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Stellenkommentar JGB 150, KSA 5, S. 99 459

Pan, manchmal des Hermes sei dahingestellt. Im einzig vollständig erhalte-
nen Werk der Gattung, dem Kyklops von Euripides, prallt der noch sehr klassi-
sche Held Odysseus mit Polyphem zusammen, der immerhin ein Sohn des Po-
seidon war. Wenn N. dann in NL 1887, KSA 12, 9[115], 401, 27-30 (entspricht
KGW IX 6, W II 1, 52, 10-16) ein „Satyrspiel am Schluß“ planen und dazu
notieren sollte: „Einmischen: kurze Gespräche zwischen Theseus Dionysos
und Ariadne“ (vgl. dazu ausführlich Hödl 2009, 579 f.), dann käme allenfalls
Ariadne als Enkelin des Helios in den Verdacht der Halb- oder Viertelgöttlich-
keit. Aber der Bezug ist doch sehr gesucht. Immerhin scheint nach den damali-
gen philologischen Forschungen der Halbgott par excellence, nämlich Herak-
les, ein gern gesehener Gast in den Satyrspielen gewesen zu sein: „Le person-
nage d’Hercule, qui figure si souvent dans les drames satyriques, parait aussi
dans Alceste. Heroi’que et brutal, demi-dieu et beotien, il reunit en lui les deux
elements dont le contraste est le trait le plus saillant du drame satyrique.“
(Weil 1880, 4. „Die Figur des Herakles, die so oft in den Satyrspielen vor-
kommt, erscheint auch in der Alkestis [sc. von Euripides]. Heroisch und brutal,
Halbgott und Böotier, vereinigt er in sich die beiden Elemente, deren Gegen-
satz der herausragendste Zug des Satyrspiels ist.“) „Halbgötter“ sind, wenn
man NL 1880, KSA 9, 6 [230], 258 da für erläuterungsträchtig hält, im Unter-
schied zu bloßen „Helden“, perfekte Naturen und daher für eine populäre, die
„Masse“ ansprechende literarische Gestaltung viel geeigneter als unvollkom-
mene „Helden“. Legt man allerdings diesen Begriff von Halbgöttern zugrunde,
wäre dem historischen griechischen Satyrspiel in JGB 150 gerade nicht beizu-
kommen, denn die dort agierenden, eher burlesk gezeichneten Figuren wie die
Satyrn sind ebenso weit von der Vollkommenheit entfernt wie die Satyrspiele
selbst von vollkommener Ausgewogenheit.
Für die Deutung von JGB 150 mag der Schluss von JGB 25 zu Rate gezogen
werden, wo vom „gefährliche[n] Wunsch“ die Rede ist, manche Philosophen
in ihrer »Entartung4 als „Märtyrer“ der Wahrheit sehen zu wollen, wobei man
aber „nur ein Satyrspiel, nur eine Nachspiel-Farce, nur den fortwährenden Be-
weis dafür“ zu Gesicht bekäme, „dass die lange eigentliche Tragödie zu Ende
ist: vorausgesetzt, dass jede Philosophie im Entstehen eine lange Tragödie
war“ (KSA 5, 43, 19-27). Aber auch diese Philosophen sind keineswegs Halb-
götter, sondern bestenfalls ,,Tribünen-Schreih[älse]“ (KSA 5, 43, 21 f.).
Lampert 2001, 142 bemerkt, dass die von der Anlage des Textes eigentlich
erwartbare Antwort auf die Frage, was denn „um Gott herum“ alles werde,
„Komödie“ laute, denn für Götter höre selbst das Tragische auf, tragisch zu
sein. „World seems to amplify the expected answer, comedy“ (Ebd., vgl. zur
Metapher eines göttlichen Welttheaters bei N. z. B. NK KSA 6, 208, 18-21). Seit
Heidegger in seinem Aufsatz Nietzsches Wort „Gott ist tot“ JGB 150 als eine
 
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