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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0654
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634 Jenseits von Gut und Böse

der griechische Künstler] sich auferlegt und den er seinen Zeitgenossen reizvoll
macht“? ,„In Ketten tanzen4, es sich schwer machen und dann die Täuschung
der Leichtigkeit darüber breiten, — das ist das Kunststück, welches sie uns
zeigen wollen.“ (Vgl. MA II WS 159, KSA 2, 618) Voltaire hatte in seinem Brief
an Deodati de Tovazzi vom 24. 01.1761 geschrieben: „Vous etes moins asservis
que nous ä l’hemistiche et ä la cesure; vous dansez en liberte et nous dansons
avec nos chaines.“ (Voltaire 1876, 1, 461. „Sie sind weniger als wir dem Halb-
vers und der Zäsur unterworfen; Sie tanzen in Freiheit und wir tanzen mit un-
seren Ketten.“ N.s Unterstreichung, doppelter Randstrich von seiner Hand. Vgl.
KGW IV 4, 327.) Im ersten Kapitel des fünften Buches von Henry Fieldings Ro-
man Tom Jones, den N. 1876 gekauft hat und in den Urlaub mitnehmen wollte
(vgl. KGW IV 4, 512, Fn. 24), gibt es ein längeres Plädoyer für die Regelunab-
hängigkeit großer Kunst - einschließlich des in MA II WS 140 genannten Ho-
mer -, das gegen die Kritiker polemisiert, die die Künstler mit Regeln gängeln
wollen, „welche, gemeiniglich, zu weiter nichts dienen, als das Genie zu um-
winden und zu fesseln. Eben so, wie es mit dem Tanzmeister ergangen seyn
würde, wenn es die verschiedenen vortreflichen [sic] Abhandlungen über diese
Kunst als eine wesentliche Regel festgesetzt hätten, daß jedermann in Fesseln
geschlossen tanzen müsse“ ([Fielding] 1786-1788, 2, 183).
Das Bild des Schwerttanzes evoziert NL 1884, KSA 11, 25[332], 97, 8-12: „Zu-
sammenhang des Aesthetischen und Sittlichen: der große Stil will Einen star-
ken Grundwillen und verabscheut am meisten die Zerfahrenheit. / Der Tanz
und eine leichte Entwicklung aus einer Phase in die andere ist äußerst ge-
fährlich — ein Schwertertanz.“ Über den das gelehrte 19. Jahrhundert faszi-
nierenden Schwerttanz dürfte N. durch antike Texte und Bildzeugnisse schon
früh unterrichtet worden sein, so beispielsweise aus der von ihm auch in der
Vorlesung empfohlenen (KGW II 3, 435, 19 f.), einst unter seinen Büchern be-
findlichen Abhandlung Das Leben der Griechen und Römer nach antiken Bild-
werken von Ernst Guhl und Wilhelm Koner. Guhl/Koner 1864, 314 reproduzier-
ten eine griechische Bilddarstellung, auf der man „ein mit kurzen Beinkleidern
und einer die Haare zusammenhaltenden Kappe bekleidetes Mädchen“ erbli-
cke, „welches den von Plato (Euthydem. p. 294) und Xenophon (Sympos. § 11)
erwähnten gefährlichen Schwertertanz ([...]) ausführt, indem es rückwärts und
vorwärts über die mit den Spitzen nach oben in den Boden gesteckten Schwer-
ter Purzelbäume schlägt“. Nach Tacitus: Germania 24,1 sollen nackte germani-
sche Jünglinge ähnliche Praktiken geübt haben.
227.
In der Manuskriptfassung von KGW IX 2, N VII 2, 13 f. hängt die Vorarbeit zu
JGB 227 mit der unmittelbar vorausgehenden Vorarbeit zu JGB 5 zusammen,
 
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