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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0055
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DAS YM SELBS

51

erfüllung solches, der dann ist menigklich frummen und heyl schaffen
geneigt sein, gebürt sichs ye, das der mensch vor allen andern creaturen
sein wesen dohyn richte, das er in | allen seinem thun nichts eygens,
aber allein die wolfart seiner nechsten menschen und brüder suche zu
5 der eer gottes. dadurch er dann auch aller andern creaturen sich wol und
recht gebrauchen würt und seligklich über sye herrschen, welchs dann
ir wolfart und ordenlich eer ist.
Dises zeygt auch clärlich an, das der herr saget: Alles das ir wöllent,
das eüch die leüt thun sollen, das thut yn auch ir. das ist das gesatz und die
10 propheten. Wir seind von art und natur also gesynnt, das wir wölten,
yederman thät uns guts und niemant böß. also so in rechte ordnung
unser leben gestelt werden soll, das das gesatz und phropheten anzeigt,
müssen wir der massen auch ym thun, nemlich yederman guts. welchs,
so wir thun kündten, weren wir schon volkummen und hetten das
15 gantz gesatz erfüllt. Darumb spricht sanct Paul: Alle gesätz werden in
einem wort erfüllet in dem: Hab deinen nechsten als lieb als dich selbs. Wie sich
selb ein yeder lieb hat, ist ye einem yeglichen kundtlich. Nun will er
Christo nachkummen42, das ist von seim verkerten wesen wider in
rechten stand und wesen brocht werden, musß er alle dieselbig lieb, so
20 er uß gesuch der vergifften natur uff sich selb hat, von ym nemen und
uff den nechsten legen. Dann die liebe, die do ist des gesatz erfüllung,
sucht das ir nit, aber alls den frummen und wolfart der andern, sye
seyen feynd oder freünd. wie ußgedruckt ist in aller schrifft sonderlich
Jo. xiii [34-35] und xv [9-13] Ro. xiiii [15] i. Cor. x [24] xiii [1—13]
25 Phil, ii [2-4] und die gantz Epistel Joannis. Wol ists, das gegen den
glaubgenossen, die dann der geistlichen wolthat, der leer, ermanung
und straff durch götlich wort auch entpfengklich seind, die liebe weyter
zu üben ist. Gal. vi [10] und an andern orten mer. Noch43 in der liebe
und begird wolzuthun einem yeden, nochdem er entpfengklich ist,
30 musß kein underscheid sein gegen allen menschen, wer oder wie die
seyen. |
Uß disem volget nun, das der best und volkummest standt uff erden
und seligest ist, in dem einer seinem nechsten zum nutzlichisten und
fürderlichsten dyenen mag. Dieweil dann geistlicher dyenst übertrifft
35 den leiplichen und der gemeyn den sunderlichen44, volgt weiter, das das
Apostelampt, in dem nit etlich sonderlichen menschen, sonder der gemeyn
und nit mit leiplichem sonder in geistlichem und das die ewig seligkeit
bringet, gedyent würt, das aller volkummest ampt, berüff und dyenst
ist45. Dann solchs stot in dem, das einer darzu von gott geordnet und
40 berüfft in dem werck, die sünder selig zu machen (welchs das eygen

B 2 a
Matt. vii. [12]

Gal. v. [14]
i. Cor. xiii. [5]

Matth, v. [43-48]
B 2 b

i. Timo. ii. [4]

42. Nachfolgen.
44. Der allgemeine den besonderen.

43. Dennoch.
45. Vgl. Einleitung, Anm. 14.
 
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